Wie tief müsste eine Sonde auf dem Jupitermond Europa nach Hinweisen auf mögliches Leben graben?

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Der unter einem kilometerdicken Einspanzer verborgene Wasserozean des Jupitermondes Europa gilt vielen Planetenforschern, Astro- und Exobiologen als einer der hoffnungsvollsten Orte für die Suche nach außerirdischem Leben im Sonnensystem. Während Organismen durch Risse im Eispanzer bis an die Oberfläche des Mondes transportiert und hier von einer Forschungsmission mit Landeeinheit entdeckt werden könnten, könnte die Strahlung, die von Jupiter selbst ausgeht, diese Hinweise auf Leben im Europa-Ozean zerstören. NASA-Forscher ergründen derzeit, wie tief also im Eis des Mondes gegraben werden müsste, um entsprechend organisches Material finden zu können.

Die auf Europa zu erwartende Strahlendosis im Mega-Elektronenvolt-Bereich (MeV) vergleicht der Planetenwissenschaftler Wes Patterson von der Johns Hopkins University mit jenem Effekt, dem Personen während einer Röntgenuntersuchung im Krankenhaus ausgesetzt sind: „Es gibt einen Grund dafür, dass sich Ärzte und Labortechniker mit Bleiwesten vor der Röntgenstrahlung schützen. Eine kurzfristige Dosis ist zwar nicht gefährlich. Wenn man aber ständig dieser Strahlung ausgesetzt wäre, würde dies den Körper schädigen“, zitiert das NASA-Onlinemagazin „Astrobiology Magazine“ (astrobio.net) den Forscher.

Während sich bisherige Untersuchungen der Auswirkung von hochenergetischer Strahlung vornehmlich auf den medizinischen Bereich (bspw. Chemotherapie) konzentrierten, bezieht sich die aktuelle Forschung jedoch auf das die Ozeane bedeckende Wassereis als hauptsächlicher Komponente.

„Einfache Theorie darüber, wie tief Elektronen in Wasserkörper vordringen können, sind nur für wirklich sehr hochenergetische Elektronen vorhanden“, erklärt Murthy Gudipati, vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA. „Doch selbst für den Mega-Elektronenvolt-Bereich liegen uns noch keine Daten für Wassereis, in dem sich organisches Material befindet, vor. Doch genau diese Daten sind für die Astrobiologie wichtig.“

In ihren Experimenten platzierten die Forscher organische Detektormoleküle hinter unterschiedlich dicken Eisschichten und beschossen diese dann mit einer niedrig-energetischen Elektronenkanone. Dabei untersuchten sie, wie tief die Elektronen das Eis durchdrangen und zugleich das Eindringen von Photonen, die von den Elektronen losgeschlagen wurden. „Schließlich können diese Photonen noch tiefer vordringen und organisches Material schädigen“, so Gudipati.

Angesichts der von den Forschern eingesetzten niedrigen Elektronenstrahlung, deren Stärke jedoch lediglich ein Zehntausendstel der von Jupiter abgegebenen Energiemenge entspricht, hängt die Tiefe, in die die Elektronen vordringen können, von der Stärke der Strahlung selbst ab.

Anhand dieser Beobachtung stellen die Forscher fest, dass bei Strahlungswerte von mehr als 100 MeV Elektronen zwischen 60 und 80 Zentimeter tief ins Eis vordringen können.

Was auf den ersten Blick wenig erscheint, spielt für bisherige Missionen mit Landeeinheiten, die sich nur wenige Zentimeter in den Böden der untersuchten Planeten und Himmelskörper vorarbeiteten, eine bedeutende Rolle. Schließlich hätte die Strahlung jegliche organische Komponenten in diesen geringen Tiefen schon lange vor Ankunft der Sonden zerstört – selbst wenn sie zuvor irgendwann einmal existiert hätten.

Da die Magnetosphäre des Jupiters gemeinsam mit dem Planeten sich alle zehn Stunden einmal um die eigenen Achse dreht – Europa für eine Jupiterumrundung jedoch rund 85 Stunden benötigt, überholt die die Strahlung abgebende Magnetosphäre den Mond fortwährend. Dabei wird die Rückseite des Mondes mehr Strahlung ausgesetzt als die Vorderseite und auch die Äquatorregion bekommt mehr schädlich Strahlung ab als die Polregionen. „Wir müssen also genauer verstehen, wie stark die Strahlungseinwirkung sich an den unterschiedlichen Orten auf Europa von anderen unterscheidet, um so auch auf die entsprechenden Tiefen schließen zu können, in welche die Strahlung vordringen kann“, begründet Gudipati die Pläne für weitere Untersuchungen.

Noch vor einer zukünftigen Mission zum Jupitermond Europa, wollen die Wissenschaftler das eingesetzte Energiepotential auf die tatsächliche Feldstärke des Jupiters angleichen. Zwar seien solche Experimente mit wesentlich höheren Kosten verbunden, doch seien diese im Vergleich zu den Kosten eines solchen Vorhabens, wie sie aufgrund ungenügenden Wissens über Europa entstehen könnten, deutlich größer: „Wenn wir Millionen oder gar Milliarden in eine solche Europa-Mission investieren, so wäre es die notwendige halbe bis eine Million Dollar mehr als wert, zuvor die von uns gestellte Frage zu beantworten. Wenn wir nicht wissen, wie tief wir graben müssen, um zumindest auf Reste organischen Materials im Eispanzer Europas zu stoßen, so würden wir lediglich im Dunkeln rumstochern.“

Quelle: grenzwissenschaft-aktuell.blogspot.de vom 06.04.2012

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