Das Land hängt am Tropf der Euro-Partner, seine Zentralbank hat gewaltige Schulden bei anderen Notenbanken. Dennoch gönnt die Bank of Greece ihren Aktionären weiterhin eine Dividende. Insgesamt schüttet sie fast hundert Millionen Euro aus.
Für Griechenland gab es in den vergangenen zwei Jahren selten gute Nachrichten. Zweimal musste das Land von den übrigen Euro-Staaten und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) mit jeweils mehr als hundert Milliarden Euro vor der Pleite gerettet werden. Auch die griechischen Banken sind auf öffentliche Unterstützung angewiesen. Und die Bevölkerung musste drastische Kürzungen bei Löhnen und Sozialleistungen hinnehmen.
Doch nun gibt es zumindest für einige Griechen einen Grund zur Freude: für all jene, die als Aktionäre an der griechischen Zentralbank, der Bank of Greece, beteiligt sind. Sie erwartet bald ein kleiner Geldsegen – denn die Notenbank hat trotz Krise auch 2011 wieder einen Profit erwirtschaftet, wenn auch einen wesentlich geringeren als im Vorjahr.
Trotz hoher Risiken, die durch die Unterstützung der heimischen Banken entstanden sind, will die Notenbank laut ihrer Internetseite insgesamt 96,6 Millionen Euro ausschütten.
Von den 96,6 Millionen Euro, die die Notenbank für 2011 als Gewinn ausweist, gehen laut Bilanz 80 Millionen an die griechische Regierung. 13,3 Millionen Euro fließen als Dividende an die Aktionäre – darunter wiederum auch der Staat -, der Rest sind Steuern.
Die Bank of Greece nimmt eine Sonderrolle innerhalb des europäischen Notenbankensystems ein. Seit ihrer Gründung 1927 ist sie eine private Aktiengesellschaft. Dies wird von der Europäischen Zentralbank (EZB) intern als „Anomalie“ bezeichnet. Auf Anfrage teilte die Athener Notenbank mit, dass der Staat Anteile in Höhe von neun Prozent hält, ein weiterer Großaktionär mit etwa fünf Prozent Anteilen sei ein Sozialversicherungsfonds. Außerdem sind nach Informationen von SPIEGEL ONLINE auch Griechenlands Banken mit größeren Anteilen an der Notenbank beteiligt.
Der Geldsegen ist erstaunlich, weil nicht nur der griechische Staat, sondern auch die Notenbank des Landes am Tropf der übrigen Euro-Länder hängen. Über das Zahlungssystem Target2 hat sich die Bank of Greece bis Ende 2011 mit mehr als hundert Milliarden Euro bei den Notenbanken der 16 übrigen Euro-Länder verschuldet.
Zusammen bilden die 17 Notenbanken das sogenannte Euro-System, an dessen Spitze die EZB steht. Innerhalb dieses Systems entstehen Verbindlichkeiten, wenn eine nationale Notenbank mehr Geld für ihre heimischen Banken bereitstellen muss. Sie leiht es sich bei den anderen Notenbanken. Genau das ist seit Beginn der Euro-Krise in Ländern wie Griechenland, Portugal, Italienoder Spanien der Fall. Ihre Notenbanken haben riesige Schulden bei den übrigen Ländern des Euro-Systems angehäuft. Kritiker wie Bundesbank-Chef Jens Weidmann haben deshalb längst Alarm geschlagen.
Die Aktionäre der Bank of Greece sorgen sich offenbar weniger um solche Ungleichgewichte. Auf der letzten Jahreshauptversammlung im April 2011 hatten sich die Aktionäre einen noch größeren Schluck aus der Pulle genehmigt – obwohl das Land auch damals schon am Rande der Pleite stand. Damals gab es zu den 67 Cent pro Aktie noch eine Extra-Nettoprovison von 89 Cent. Die griechische Notenbank wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, warum sie in solchen Zeiten hohe Dividenden an ihre Aktionäre ausschüttet.
Neben der griechischen Notenbank befindet sich auch die Zentralbank Belgiens im Besitz privater Anteilseigner. Dort hält der Staat allerdings genau 50 Prozent der Anteile an der Banque Nationale de Belgique.
Quelle: AP/Der Spiegel vom 12.04.2012