Machtkampf in China: KP stürzt Hoffnungsträger – Ehefrau unter Mordverdacht

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Die einstige Polit-Hoffnung ist tief gefallen: Der lange Zeit aufstrebende chinesische Politiker Bo Xilai ist vom mächtigen Politbüro der Kommunistischen Partei ausgeschlossen worden. Wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua am Dienstag berichtete, wurde Bo wegen mutmaßlicher „schwerer Disziplinarvergehen“ suspendiert. Der Begriff wird in China in der Regel im Zusammenhang mit Korruptionsdelikten verwendet.

Gegen seine Frau, Gu Kailai, werde im Zusammenhang mit der Ermordung eines britischen Geschäftsmanns ermittelt, berichtete der staatliche Fernsehsender CCTV. Der Brite starb im November in Chongqing. Gu und ein Hausangestellter am Wohnsitz Bos seien den Justizbehörden überstellt worden.

Bo stand im Zentrum eines Machtkampfes innerhalb der Kommunistischen Partei. Der 62-Jährige verkörperte einen linkskonservativen Kurs der Partei, die im Widerspruch zum wachstumsorientierten Kurs der restlichen Parteiführung stand. So versprach er als mächtiger Parteichef von Chongqing die Unterschiede zwischen Arm und Reich einzuebnen. Das weckte Hoffnung, der stets elegant angezogene Funktionär würde eine solche Politik auch in der unmittelbaren Parteiführung verfolgen.

Bo, der zu den populärsten, aber auch umstrittensten Politikern der Volksrepublik gehörte, hatte sich Hoffnungen auf den Aufstieg in den Ständigen Ausschuss des Politbüros gemacht. Mit dem Rauswurf aus dem Politbüro dürfte die Karriere Bos endgültig beendet sein.

Zum Verhängnis wurde Bo offenbar die Affäre um den Polizeichef von Chongqing, Wang Lijun. Dieser hatte Bo lange als rechte Hand im Kampf gegen die Korruption gedient, war Anfang Februar jedoch entlassen worden. Daraufhin war der Polizist in das US-Konsulat in Chengdu geflüchtet. Angeblich soll Wang Lijun um sein Leben gefürchtet und Asyl gesucht haben. Nach einem Tag begab er sich nach US-Angaben freiwillig in die Obhut der Pekinger Zentralregierung. Nach unbestätigten Berichten soll Wang auch Belastungsmaterial gegen seinen früheren Chef Bo haben, den er als „größten Mafia-Boss“ beschrieben haben soll.

So soll der entlassene Polizeichef Wang in dem US-Konsulat eine Aussage zu dem Tod des Briten gemacht haben. Bos Frau und ihr Sohn sollen den Geschäftsmann demnach gekannt haben. Er war im November in Chongqing getötet worden. Laut der Nachrichtenagentur AFP wurden Beweise gefunden, dass Gu Kailai in den Mord verwickelt sein könnte.

Der Tod von Neil Heywood, einem Freund der Familie, im November in einem Hotel in Chongqing wurde zunächst nicht als Mord betrachtet. Ursprünglich hieß es, der 41-jährige Brite sei an übermäßigem Alkoholkonsum gestorben. Die Ermittlungen zu seinem Tod werden neu aufgenommen. Heywood und Gu, einst eine prominente Anwältin, hätten Streit um geschäftliche Dinge gehabt, berichtete die Agentur Xinhua.

Der britische Außenminister William Hague begrüßte die Entscheidung Chinas, die Ermittlungen wieder aufzunehmen.

Das Zentralkomitee der KP hatte den 62-jährigen Bo bereits Mitte März als Parteichef der Metropole Chongqing abgesetzt. Nach einem Skandal um den Polizeichef Wang und Korruptionsvorwürfen wurde er von Vizepremier Zhang Dejiang ersetzt. Deshalb war bereits erwartet worden, dass Bo voraussichtlich auch seinen Sitz im Politbüro verlieren wird.

Bo ist das ranghöchste suspendierte Mitglied des Politbüros seit sechs Jahren. Damals war der Parteichef von Shanghai wegen Korruptionsvorwürfen entmachtet worden. Bo hatte bis zuletzt um seinen Platz in der künftigen Führungsgeneration und sein politisches Überleben gekämpft.

Die genauen Hintergründe seiner Absetzung im März blieben zunächst im Dunkeln. Im Internet wurde spekuliert, Premier Wen Jiabao habe den aufstrebenden Funktionär abgesägt.

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Bo und Wen stehen für verschiedene Denkströmungen des Landes. Während Wen sich zum Wirtschaftsreformer gibt, ließ Bo die Stadt Chongqing in roter Revolutionsnostalgie schwelgen. Er ließ Zitate vom Revolutionsführer Mao Tse-Tung als Textnachrichten versenden und Regierungsangestellte „Rote Lieder“ schmettern. Der 62-Jährige ist Sohn des Revolutionärs Bo Yibo, der einst zu den „acht Unsterblichen“ der kommunistischen Machtelite gehörte.

Spannungen in der Kommunistischen Partei sind unübersehbar, da im Herbst eine Machtübergabe an eine jüngere Generation geplant ist. Bo galt vielen Chinesen dabei als Hoffnungsträger. Andere warfen ihm vor, in illegale Machenschaften in Chongqing verwickelt zu sein.

In den vergangenen zwei Wochen gab es groß angelegte Zensuraktionen gegen Blogs und Internetdienste. Auch die sollen im Zusammenhang mit dem Machtkampf in der KP und Gerüchten über einen möglichen Putsch stehen.

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Am Freitag sperrte China den Zugriff auf mindestens drei beliebte politische Web-Seiten gesperrt, von denen zwei einen linken Kurs und die Einhaltung maoistischer Prinzipien propagieren. In Diskussionsforen auf den Seiten Utopia und Maoflag hatten Nutzer unter anderem Sympathie für Bo Xilai geäußert.

Die Schließung der Internetseiten scheint Teil einer größeren Kampagne der Regierenden in Peking zu sein, um eine größere Debatte über Bos Sturz zu verhindern.

Quelle: AFP/dapd/Reuters/Der Spiegel vom 10.04.2012

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