Kriegs-PR leckgeschlagen

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Mit der Meldung »Deutscher Waffenfrachter gestoppt« hat der SPIEGEL am vergangenen Wochenende für Schlagzeilen und reichlich Aufregung gesorgt. Mittlerweile wird immer klarer, daß es sich bei der Geschichte des Hamburger Magazins um eine Räuberpistole handelt.

»Kurz vor Erreichen des syrischen Hafens Tartus ist ein deutscher Frachter mit Waffen aus Iran gestoppt worden«, heißt es im SPIEGEL Nr. 16. Und weiter: »Die ›Atlantic Cruiser‹ der Emdener Reederei Bockstiegel hatte vor Tagen im Hafen von Dschibuti von einem iranischen Frachter schweres Militärgerät und Munition für das syrische Regime übernommen.« Die Nachricht über die brisante Fracht sei »durch Überläufer im syrischen Apparat« bekannt und »die Reederei gewarnt« worden.

Und schließlich kolportierte der SPIEGEL: »Die Route von Dschibuti nach Tartus ist nach Erkenntnissen von Nachrichtendienstlern für iranischen Waffennachschub nach Syrien bekannt.« Waffen vom »Irren in Teheran« (Bild) für den »Schlächter in Damaskus« (BAK Shalom) – in dem kleinen Stück Kriegs-PR war alles drin für großes Kino.

Nach tagelanger Irrfahrt im Mittelmeer legte die »Atlantic Cruiser« Mitte der Woche im türkischen Iskenderun an. Dort begannen die Behörden am Donnerstag, das Schiff nach schweren Waffen für Syrien zu durchsuchen – auf Bitte der deutsche Reederei. Bevor die Razzia richtig begonnen hatte, verbreitete Welt online schon das Ergebnis: »Türken finden Waffen auf deutschem Frachter.« Vorschnell, bis jW-Redaktionsschluß am Freitag abend konnte davon keine Rede sein.

Der Reeder und Schiffseigner Werner Bockstiegel streitet vehement und plausibel ab, daß Kriegsgerät an Bord ist. Es seien lediglich seismographische Sprengkapseln für die Öl- und Gassuche in Gesteinsböden geladen. Diese seien für Montenegro bestimmt. Das Schiff sei an ein ukrainisches Unternehmen vermietet, mit dem es eine jahrelange Zusammenarbeit und bisher auch nie Probleme gegeben habe.

Im syrischen Tartus sollten Teile für ein Thermalkraftwerk entladen werden. Der Frachter wurde jedoch in der vergangenen Woche im Mittelmeer gestoppt, nachdem die Reederei eine E-Mail von einer syrischen Oppositionsgruppe erhalten hatte, die damit drohte, den Frachter zu versenken, weil er Waffen für das Regime von Baschar Al-Assad geladen habe. Die »Revolutionäre« (Welt) der Gruppe »One Syriansea« bekundeten demnach: »Die M/V ›Atlantic Cruiser‹ wird zerstört sein, noch bevor sie den Hafen von Tartus anläuft.«

Washington und Paris machen derweil Stimmung für eine westliche Intervention an der Seite der Assad-Gegner. US-Außenministerin Hillary Clinton sprach sich beim Treffen der selbsternannten »Freunde Syriens« am Donnerstag abend in Paris für die Verhängung schwerer Strafmaßnahmen nach Kapitel VII der UN-Charta aus. Eine solche Entschließung käme einer Kriegsermächtigung gleich.

Frankreichs Außenminister Alain Juppé will die gerade vereinbarte UN-Beobachtermission zur Interventionsgruppe umwidmen. Nötig seien Beobachter vor Ort, die richtig ausgerüstet seien, »mit Hubschraubern, die die Freiheit zum Protest sichern können«, sagte Juppé am Freitag. Der Präsidentschaftskandidat der Sozialistischen Partei, François Hollande, kündigte derweil für den – wahrscheinlichen – Fall seines Wahlsiegs an, daß sich Frankreich an einer militärischen Intervention beteiligt, sollte das von der UNO beschlossen werden.

In Deutschland befeuerte FDP-Außenexperte Rainer Stinner die Debatte. Es sei »durchaus sinnvoll und richtig«, solche »Eventuell-Planungen« anzustellen. Eine mögliche Beteiligung deutscher Soldaten wollte er »jetzt nicht bestätigen und nicht ausschließen«.

Quelle: Reuters/jungewelt.de vom 21.04.2012

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