Haftbefehl gegen Steuerfahnder – Zorn auf die Schweiz

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Deutsche Politiker und Gewerkschafter poltern gegen die Schweiz: Die Haftbefehle gegen drei Steuerfahnder aus NRW seien „grotesk“, die Ermittler würden kriminalisiert, um die deutsche Politik einzuschüchtern. Ihr Protest richtet sich auch gegen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Die Schweizer Haftbefehle gegen drei Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen haben bei Politikern von SPD und Grünen sowie der Steuergewerkschaft für Empörung gesorgt. Die Kritik richtet sich auch an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er hatte für das Vorgehen der Schweizer Ermittler Verständnis gezeigt.

Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, bezeichnete die Haftbefehle als „einen Einschüchterungsversuch gegenüber der deutschen Politik“. Die Steuerfahnder hätten lediglich ihren gesetzlichen Auftrag ausgeführt. „Es ist grotesk, dass die Schweiz dafür jetzt einen Haftbefehl erlässt“, kritisierte Eigenthaler.

Die Schweiz wirft den drei Steuerfahndern vor, gegen das Bankgeheimnis verstoßen und „Beihilfe zur nachrichtlichen Wirtschaftsspionage“ geleistet zu haben. Die Steuerfahnder waren am Kauf einer CD im Februar 2010 beteiligt, mit Datensätzen zu gut 1100 Kunden der Schweizer Großbank Credit Suisse. Das später eröffnete Verfahren gegen die Credit Suisse wurde im Herbst 2011 gegen eine Zahlung von 150 Millionen Euro eingestellt.

Eigenthaler forderte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und die nordrhein-westfälische Landesregierung auf, „deutsche Steuerfahnder vor dem massiven Versuch der Einschüchterung und der Kriminalisierung durch die Schweizer Justiz in Schutz zu nehmen“.

Auch SPD und Grüne erwarten eine deutliche Reaktion der Bundesregierung. „Bei der Aktion der Schweizer Justizbehörden handelt es sich um einen einmaligen Vorgang und einen unfreundlichen Akt“, sagte der der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagfraktion, Carsten Schneider, zu Handelsblatt Online. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung für diese Art des Umgangs zwischen Strafverfolgungsbehörden klare Worte findet.“

Die Grünen-Abgeordneten Gerhard Schick und Thomas Gambke forderten ebenfalls Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dazu auf, die Arbeit der deutschen Steuerbehörden gegen Steuerhinterzieher zu unterstützen. „Schäuble fällt den Finanzbeamten in den Rücken“, kritisierten Schick und Gambke. „Anstatt sich klar hinter die nun von der Schweiz Angeklagten deutschen Steuerfahnder zu stellen, die mit ihrer Arbeit erst die Aufdeckung der umfangreichen Steuerhinterziehung ermöglicht haben, zeigt der Finanzminister für das Schweizer Vorgehen Verständnis.“

Norbert Walter-Borjans (SPD), der Finanzminister des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, warf der Schweiz vor, Ursache und Wirkung zu verwechseln. Täter seien nicht die Finanzbeamten aus NRW, sondern deutsche Steuerflüchtlinge und die Schweizer Banken, die ihnen helfen. Der Minister sicherte den drei Beamten jede Unterstützung zu.

Der Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber verteidigte die Haftbefehle. Er sagte dem Radiosender DRS, es bestehe der konkrete Verdacht, dass in Deutschland „klare Aufträge zum Ausspionieren von Informationen der Credit Suisse“ gegeben wurden.

Schäuble hatte sich zurückhaltend zu den Haftbefehlen geäußert. „Die Justiz in der Schweiz ist genauso unabhängig wie in Deutschland“, betonte Schäuble am Samstag auf einem Treffen mit Ministerkollegen in Kopenhagen. Das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz sei durch die Haftbefehle nicht betroffen.

Die Schweiz und Deutschland verhandeln derzeit über die Nachversteuerung von Altvermögen deutscher Kunden auf Schweizer Banken. Schäuble wies darauf hin, dass sich bei der Verabschiedung des Abkommens derartige Vorfälle vermeiden ließen. Denn darin werde geregelt, dass die Schweiz Deutsche nicht mehr wegen des Ankaufs von Datensammlungen strafrechtlich verfolge.

Das sieht der SPD-Haushälter Schneider anders: Seine Partei werde das deutsch-schweizerische Steuerabkommen in der vorliegenden Fassung unter den gegebenen Umständen nicht billigen. „Eine Vereinbarung, die es den deutschen Steuerbehörden verwehrt, mit allen Mitteln zur Aufklärung von Steuerdelikten beizutragen, hätte der Bundesfinanzminister niemals unterschreiben dürfen“, so Schneider.

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Es ist jedoch schon jetzt wenig wahrscheinlich, dass die Schweizer Haftbefehle in Deutschland eine Folge haben. Dem Europäischen Auslieferungsabkommen zufolge wird nur wegen Handlungen ausgeliefert, auf die in beiden Staaten mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe drohen.

Hier ein Video zum Thema

Quelle: dpa/Der Spiegel vom 31.03.2012

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