Bereits Ende des 18. Jahrhunderts von Pierre Méchain entdeckt, ist die Galaxie Messier 104 – auch Sombrero-Galaxie genannt – ein alter Bekannter. Neue Untersuchungen von Infrarotbildern des NASA-Weltraumteleskops Spitzer zeigen nun aber, dass die bisherige Vorstellung vom Aufbau dieser Welteninsel unvollständig war. M104 ist demnach keine elliptische Galaxie, sondern eine „gespaltene Persönlichkeit“, eine Mischung aus elliptischer und spiralförmiger Galaxie.
Die Welteninsel in rund 30 Millionen Lichtjahren Entfernung ist für ihr imposantes Staubband bekannt, das den elliptischen Sternenbauch der Welteninsel umgürtet und – mit etwas Fantasie – wie die Hutkrempe eines Sombreros aussieht. Astronomen hatten die im sichtbaren Licht gemessene Sternverteilung bisher als Zeichen der Verschmelzung mehrerer kleiner Galaxien interpretiert, ein Prozess der typisch für wachsende elliptische Welteninseln ist.
Mit den Spitzer-Aufnahmen spähten die Astronomen jedoch tiefer in das Innere der Galaxie, das im sichtbaren Licht verborgen bleibt. Dimitri Gadotti und Rubén Sánchez-Janssen von der Europäischen Südsternwarte ESO entdeckten so, dass die Sombrero-Galaxie eine Überraschung in ihrem Inneren verbirgt. Die Forscher untersuchten archivierte Spitzer-Bilder mit neuen Analysemethoden und fanden eine flache Scheibe älterer Sterne in der Mitte der Galaxie, die bei Infrarotwellenlängen von 3,5 und 4,6 Mikrometern klar hervortritt. Die Scheibe ist so orientiert, dass wir fast von der Kante darauf blicken. Die ESO-Wissenschaftler können nun zudem die Masse der Galaxie besser abschätzen als zuvor. Der äußere Sternenhalo hat demnach die typische Masse großer elliptischer Galaxien, doch dann schiene die flache Sternenscheibe fehl am Platz.
Wie wurde die Sombrero-Galaxie also zu dieser erstaunlichen Chimäre? Die Astronomen können mit großer Sicherheit ausschließen, dass die ursprüngliche elliptische Welteninsel mit einer kleineren Spiralgalaxie verschmolzen ist. Dabei wären die beobachteten Sternen- und Staubscheiben zerstört worden. Die Wissenschaftler liefern eine mögliche alternative Erklärung. Danach verschmolz die ursprüngliche Spiralgalaxie vor rund neun Milliarden Jahren mit einer gewaltigen Wolke aus Gas. Rund 4,7 Milliarden Jahre nach dem Urknall war das Weltall reich an solchen Gaswolken zwischen den wachsenden Galaxien. Im Fall von Messier 104 könnte die Gaswolke nach der Verschmelzung eine flache, dichte Scheibe gebildet haben, aus der die heute sichtbaren Sterne entstanden.
Um das Rätsel endgültig aufzuklären, seien weitere Untersuchungen der Sombrero-Galaxie notwendig, so die Astronomen. Langbelichtete Aufnahmen in mehreren Wellenlängenbereichen könnten Licht in die Vergangenheit dieser seltsamen Galaxie bringen.
Quelle: NASA/Weltraum und Sterne vom 25.04.2012