Die Angestellten des Energiekonzerns TEPCO, die im havarierten AKW Fukushima aktuell weiterhin arbeiten, gelten vielfach als Kanonenfutter der Atomindustrie.
Wenn der AKW-Betreiber nun erklärt, man werde einige Arbeiter trotz überschrittener Grenzwerte weiterhin einsetzen, gleichzeitig jedoch mehr für deren Sicherheit tun, dann scheint dies der Einschätzung von Kritikern zunächst Recht zu geben.
Die so genannten “Fukushima 50″ gelten einerseits als beispielloser Loyalität und Pflichterfüllung, andererseits hängt ihnen jedoch auch der Ruf an, es habe sich vor allem um Obdachlose und Schuldner gehandelt, die von Japans Verbrechersyndikaten, der Yakuza, zur Arbeit im AKW Fukushima gezwungen worden seien. Wieviel Legendenbildung hieran auch beteiligt sein mag – die Bedingungen vieler Arbeiter besserten sich erst nach Reportagen über die Zustände bei Unterbringung und Arbeit der Angestellten.
Angesichts der akuten Krise hatte sich das Gesundheitsministerium zum damaligen Zeitpunkt dazu entschlossen, den jährlichen Grenzwert für die radioaktive Belastung der Arbeiter auf 250 Millisievert zu erhöhen. Dies ermöglichte, Personal länger als zuvor in der Anlage arbeiten lassen zu können. Doch Ende diesen Monats soll die Grenzwert-Notfallregelung aufgehoben werden. Dann gelten wieder die bisherigen Grenzwerte von 50 Millisievert pro Jahr und 100 Millisievert als Maximum für einen Fünf-Jahres-Zeitraum.
Das stellt den Betreiber TEPCO nach eigenen Angaben vor Probleme, handelt es sich doch bei 16 Angestellten, die bereits jetzt eine Belastung von mehr als 100 Millisievert ausgesetzt waren und daher künftig nicht mehr eingesetzt werden dürften, um Fachpersonal mit langjähriger Erfahrung, die bei der Bedienung von Gerät und Strahlungskontrollen eingesetzt würden. Aufgrund dieser Umstände werde man diese Arbeiter weiterhin dort beschäftigen.
Strahlungsschutz durch Bleiplatten: Um eine weitere Belastung der Arbeiter so gering wie möglich zu halten, werde TEPCO eine Reihe von Maßnahmen durchführen. So soll etwa im erdbebensichere Gebäude, das als Notfallzentrale dient, einige der Bereiche einen zusätzlichen Strahlungsschutz erhalten.
Bislang gibt es in dem Gebäude noch Stellen die als “unkontrollierte Bereiche” eingestuft sind – Areale bei denen eine Überschreitung der Grenzwerte für einen oder mehrere der Faktoren (externe Strahlung, Belastung von Oberflächen, Konzentration in der Luft) entweder bereits eingetreten ist, oder vermutlich eintreten wird.
Als Gegenmaßnahme gegen erhöhte Strahlungswerte in diesem Gebäude werden nun Teile der Wände und Decken, sowie die Fenster mit Bleiplatten gegen Strahlung abgeschirmt. Zusätzliche Maßnahmen sind etwa die Reinigung von Luftfiltern, und die Kontrolle von Anhaftung radioaktiven Materials an der Ausrüstung. TEPCO erklärte, die notwendigen Schritte würden bis zum Ablauf der Grenzwert-Notfallregelung am 30. April 2012 fertiggestellt.
Radioaktiv kontaminierter Fisch in Fluss entdeckt
Mit dem Nachweis radioaktiver Belastung in Fischen und Meereslebewesen hat nicht nur die Präfektur Fukushima aktuell zu kämpfen. Denn auch andernorts sind die Folgen des Reaktorunglücks sichtbar. Trotzdem wird an Neustarts von AKW festgehalten und ihre Sicherheit betont.
Einer Meldung der NHK zufolge, wurde in dem fließenden Gewässer ein Fisch entdeckt, der mit einer Belastung von 110 Becquerel an radioaktivem Cäsium über dem neuen Grenzwert von 100 Becquerel liegt.
Wie die Führung der Präfektur Chiba mitteilte, habe man nach der Entdeckung der silbernen Karausche in dem Fluss der nördlich von Tokyo verläuft Maßnahmen getroffen, um den Fischfang im Fluss zu stoppen. Auch wenn die Ortschaft in der das kontaminierte Tier etwa 180 Kilometer vom AKW Fukushima Daiichi entfernt liegt, wurden zehn Gemeinden entlang des Flusses, sowie sechs Fischereikooperativen darum gebeten, den Vertrieb von Fischen aus dem Fluss einzustellen.
Bereits vergangenen Monat waren in einem Tümpel in der Nähe des Flusses Tone, bei dem es sich um den Fluss mit dem größten Einzugsgebiet Japans und den zweitlängsten Fluss des Landes handelt, aus dem Verkehr gezogenworden, nachdem es dort ebenfalls zu Grenzwertüberschreitungen gekommen war. Die Präfektur kündigte an, man werde auch weitere Arten von Süßwasserfischen überprüfen.
Grundwasser soll in Pazifik geleitet werden
Grundwasser, dass sich in Turbinengebäuden, Kellern und Reaktorgebäuden ansammelt und sich dort mit stark radioaktiv kontaminiertem Wasser verbindet, ist eines der großen Probleme am AKW Fukushima Daiichi – vergrößert das eindringende Grundwasser doch die Menge an kontaminiertem Wasser, das es abzupumpen gilt.
Nun will das Unternehmen ein Dutzend Bohrungen nutzen um einen Teil des Grundwassers – etwa 1.000 Tonnen pro Tag – in den Pazifik abzuleiten, noch bevor es in Gebäude dringen und dort radioaktiv belastet werden kann. Dabei werden man den Grad der Kontamination des Grundwassers überprüfen, bevor man es in das Meer einleite, berichtet die Nachrichtenagentur Kyodo.
In einem TEPCO-Dokument an die Regierung, das bei einem Treffen zur Überprüfung des Fortschritts bei der Stilllegung der vier Fukushima-Reaktoren ausgehändigt worden war heisst es, durch die Einrichtung einer Grundwasser-Umleitung könnte das Eindringen von Wasser in de Reaktorgebäude schätzungsweise um die Häfte verringert werden. Ein Regierungsbeamter, der die Journalisten bei dem Treffen informiert erklärte, dieser Bypass sei vermutlich im September oder Oktober einsatzbereit.
Geologische Bedingungen stellen Sicherheit des AKW Tsuruga in Frage
Die Atomsicherheitsbehörde NISA wies am vergangenen Dienstag den Elektrizitätskonzern Japan Atomic Power dazu an, detaillierte Begutachtung einer aktiven tektonischen Verwerfung, die unterhalb des AKW Tsuruga verlaufe, vorzulegen.
Für den Fall, dass die geologische Verwerfung in der Tat als aktiv eingestuft wird, gehen informierte Quellen der Nachrichtenagentur jiji davon aus, dass dies die dauerhafte Stilllegung der beiden Reaktoren des Kraftwerks zu Folge haben werde. Auch die Kyodo äußert sich praktisch identisch und zieht ebenfalls eine endgültige Betriebsunfähigkeit des AKW Tsuruga in Erwägung.
Die NHK berichtet, am selben Tag hätte zuvor ein Expertenteam drei Verwerfungen innerhalb des Geländes untersucht und dabei eine Verwerfung entdeckt, die 150 Meter westlich von Reaktor 1 verlaufe und möglicherweise aktiv sein könnte. Sollte sich diese Verwerfung gleichzeitig mit einer nah gelegenen und als aktiv anerkannten Verwerfung bewegen, dann könnte dies stärkere Erdbeben zufolge haben, als das Atomkraftwerk standhalten könnte, da zuvor von anderen Bedingungen ausgegangen worden sei.
Die NISA wies den Betreiber an, zusätzlich zu untersuchen, ob die dritte Verwerfung, die unmittelbar unter dem Reaktor verläuft, aktiv sein könnte.
Die Atomsicherheitsbehörde untersucht nach der Fukushima-Katastrophe, welche seismischen Verwerfungen sich nahe Kernkraftwerken im ganzen Land befinden. Die nationalen Sicherheitsrichtlinien über die Erdbebensicherheit von AKW stufen eine Verwerfung dann als “aktiv” ein, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Bereich vor 120.000 Jahren, oder später seismisch aktiv war. An einem derartigen Standort ist der Bau entscheidender Bestandteile der Anlagen, wie etwa Reaktoren, verboten.
Noch im vergangenen August hatte die Betreiberfirma Japan Atomic Power berichtet, es bestünden keine Hinweise darauf, dass sich die fragliche Verwerfung gemeinsam mit einer anderen derartigen Formation, die als Urazoko-Verwerfung bekannt ist und unter einem anderen Teil des AKW verläuft, bewegen könnte.
Allerdings hatte ein Mitglied des Ausschusses zur Neubeurteilung der Erdbebensicherheit von Atomkraftwerken angemerkt, dass ein Teil der Verwerfung unter beiden Reaktoren vor etwa 20.000-30.000 Jahren möglicherweise aktiv gewesen sei.
PRAVDA-TV: Der Betreiber Tepco meldet, dass in Reaktor 2 der Wasserstoffdruck seit Ende 2011 wieder ansteigt.
Hydrogen Density of Reactor No. 2′s Primary Containment Vessel
- Apr. 27, 2012 @ .36%
- Apr. 11, 2012 @ .19%
- Mar. 11, 2012 @ .06%
- Feb. 3, 2012 @ .04%
- Dec. 22, 2011 @ .45%
Quellen: PRAVDA-TV/enenews.com/spreadnews.de vom 28.04.2012