Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bleibt weiter auf Konfrontationskurs gegen Iran. Bei seinem Besuch in den USA machte er deutlich, dass er die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung des Konflikts um das umstritteneiranische Atomprogramm offenbar verloren hat. Netanjahu zeigte sich am Montag entschlossen, die Entwicklung von Nuklearwaffen in Iran mit allen Mitteln zu verhindern. Israel habe ein Recht auf Selbstverteidigung, sagte Netanjahu. „Ich spiele nicht mit der Sicherheit des Staates Israel.“ Mit Blick auf mögliche militärische Schritte erklärte er: „Niemand unter uns kann es sich leisten, noch lange zu warten.“
Israel habe geduldig gewartet, dass Diplomatie und Sanktionen Wirkung zeigten, sagte Netanjahu in Washington vor Tausenden Anhängern der Lobbygruppe American Israel Public Affairs Committee. „Als Ministerpräsident von Israel werde ich mein Volk niemals von Vernichtung bedroht leben lassen“, sagte Netanjahu.
Der Regierungschef trat seinen Kritikern entgegen, die für den Fall eines israelischen Angriffs auf die iranischen Atomanlagen vor schweren Vergeltungsschlägen warnten. Er zeigte dem Publikum die Kopie eines Schreibens des US-Kriegsministeriums aus dem Jahr 1944, in dem die jüdische Forderung nach einer Bombardierung des Konzentrationslagers Auschwitz abgelehnt wird, da ein Angriff „ineffektiv“ sei und die Deutschen noch weiter provozieren könnte.
„Meine Freunde, 2012 ist nicht 1944“, sagte Netanjahu. „Heute haben wir unseren eigenen Staat. Und die Aufgabe des jüdischen Staates ist es, jüdisches Leben zu verteidigen und die jüdische Zukunft zu sichern.“
US-Präsident Barack Obama hatte sich zuvor bei einem Treffen mit Netanjahu im Weißen Haus für weitere diplomatische Anstrengungen und Sanktionen im Konflikt um Teherans Atomprogramm ausgesprochen. Allerdings würden die USA alle Optionen für den Fall in Betracht ziehen, dass sie mit dem für Washington inakzeptablen Umstand einer iranischen Bombe konfrontiert würden.
Netanjahu betonte die enge Verbindung beider Länder: „Israel und Amerika stehen zusammen.“ Allerdings müsse Israel auch „Herr seines eigenen Schicksals“ bleiben, fügte der israelische Regierungschef hinzu.
Das Atomprogramm Irans ist nach Aussage des israelischen Politikers Schaul Mofas nicht nur eine Bedrohung für den jüdischen Staat, sondern ein dringendes Problem für die gesamte Welt. Der Abgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Außenpolitik und Verteidigung im Parlament übte damit am Dienstag indirekt Kritik an Netanjahus Auftritt in Washington. „Israel ist kein Ghetto“, sagte Mofas im israelischen Rundfunk. Das Land solle daher nicht allein handeln.
Quelle: DER SPIEGEL/ler/dapd/dapd/AFP vom 06.03.2012