“Als die Finanzlobbyisten vergangenenes Jahr soweit gingen, ‘einzelne Regierungen mit dem Abzug von Kapital und Jobs zu erpressen, da hatte ich die Schnauze voll’”, zitierte “Der Tagesspiegel” in seiner heutigen Mittwochausgabe den Niederländer Joost Mulder. Selbst einst einer der 700 in der EU-Hauptstadt Brüssel tätigen Interessenvertreter von Banken und anderen Geldkonzernen war dieser Moment der Werndepunkt des sprachbegabten Finanzexperten. Er hatte damit die Fronten gewechselt und trat von der Seite der von der Finanzwirtschaft entsandten Diversanten, die die Politiker, Bürokraten und Oraganisationen der Europäischen Union (EU) im Sinne ihrer Auftraggeber manipulieren, über zu einem kleinen Grüppchen mit dem Namen “Finance Watch”.
Wie die Berliner Tageszeitung in dem ganzseitigen Pressebeitrag weiter berichtet, soll die neuartige Lobbygruppe die Finanzmärkte bändigen. Initaitoren sind die Grünen-EU-Abgeordneten Paascal Canfin (Frankreich) und Sven Giegold (Bundesrepublik Deutschland). Ihre Befürchtung bestand darin, dass bei der politischen Bewältigung der Finanzkrise eine Gefahr für die Demokratie entstanden sei und zwar durch eine enorme Informationassymetrie. Ein bahnbrechender Auslöser für ihre Idee war, dass die EU-Kommission und deren Generaldirektion Binnenmarkt von der Finanzindustrie regelrecht unterwandert war. Der Gipfelpunkt des Skandals bestand in dem Tatbestand, dass der damals amtierende Kommissar Charlie McCreevy die Gesetzgebung de facto den interessierten Unternehmen überantwortet hatte. Die Vertreter der Finanzwirtschaft dominierten letztlich 19 eingesetzte Fachkommissionen, deren Empfehlungen die EU-Kommission fast ausschließlich bei der Formilierung der Gesetzgerbungf folgte. Das ging so bis zum Ausbruch der Finanzkrise.
Derzeit besteht “Finance Watch” – sechs Monate nach seiner Gründung – aus einem Sextett. Dabei soll es nicht bleiben. Bis Mitte des Jahres werden sieben weitere Mitarbeiter eingestellt . Ob dann die Schlagkraft der EU-Spezialgruppe derart gewachsen ist, um dem trüben Treiben internationaler Finanzkreise in der EU Einhalt zu gebieten, bleibt abzuwarten. ++ (kr/mgn/15.02.12 – 46)
Quelle: Nachrichtenagentur ADN vom 15.02.2012