Demenz: Zu Hause gesund, im Krankenhaus plötzlich dement

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Viele ältere Menschen sind auch im hohen Alter geistig klar und können sich in der eigenen Wohnung noch gut selbst versorgen. Eines Tages kommt vielleicht ein Sturz mit einem Knochenbruch. Nichts Schlimmes, könnte man denken. Im Krankenhaus jedoch verändert sich der alte Mensch plötzlich. Er wirkt verwirrt.

Und die Ärzte sagen: Ihre Mutter ist dement. Sie muss in ein Pflegeheim. Was ist passiert? Der alte Mensch mag zwar verwirrt wirken, ist aber keinesfalls dement. Es ist die sog. krankenhausbedingte Verwirrung – ein Zustand, der zu Hause wieder verschwinden kann.

Die krankenhausbedingte Verwirrung

Manche ältere Menschen leben im Krankenhaus regelrecht auf. Endlich kümmern sich alle, endlich ist Leben in der Bude. Es gibt einen Speiseplan, aus dem man sich etwas aussuchen kann und mit den Zimmergenossen kann man nett plaudern.

Für andere Menschen hingegen ist ein Krankenhausaufenthalt traumatisch. Nicht nur für ältere, auch für jüngere. Während jüngere die Sache jedoch leichter wegstecken, können ältere mit einer Verwirrung reagieren, der sog. krankenhausbedingten Verwirrung, auch krankenhausbedingtes Delirium genannt.

So erging es Lara Marquardt (Name von der Redaktion geändert). Sie war gestürzt und hatte dabei einen schmerzhaften Rippenbruch erlitten. Die 84jährige lebte mit ihrem Mann in der eigenen Wohnung. Gemeinsam stemmten die beiden den Alltag, kochten noch selbst und gingen einkaufen. Lediglich beim Putzen halfen die Kinder und Enkel.

Wenige Tage im Krankenhaus genügen – und ältere Patienten wirken dement

Nach nur wenigen Tagen im Krankenhaus fing die Patientin an zu halluzinieren. Sie schlug um sich und versuchte, sich die Tropfnadel herauszureissen. Sie konnte plötzlich nicht mehr selbst zur Toilette gehen und musste eine Windel tragen.

Wenn Besuch kam, erkannte sie diesen oft nicht mehr und nickte immer wieder ein. Schliesslich bekam sie noch Fieber und rief nach ihrer Mutter. Die Angehörigen hatten grosse Angst und glaubten, in Kürze ihre Mutter, Grossmutter und Ehefrau zu verlieren.

Die Ärzte wunderten sich nicht. Die Patientin sei schliesslich hochbetagt und ganz offenbar dement, ein Pflegefall eben. Die Kinder beteuerten, die Mutter sei zu Hause noch völlig klar und normal gewesen, hätte sich selbst versorgt und sei einmal monatlich mit ihrem Mann zum Seniorentanz gegangen. Die Ärzte glaubten es nicht.

Kaum zu Hause erholen sich die Patienten

Als das Fieber abklang, durfte die Patientin nach Hause – mit dem Hinweis, dass sie rund um die Uhr betreut und versorgt werden müsse. Schon am zweiten Tag in ihren eigenen vier Wänden blühte sie auf. Von ihrer Verwirrung war nur noch zeitweise, nach zwei Wochen gar nichts mehr zu merken.

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Sie genoss die Rundumversorgung und veranstaltete Pyjamaparties mit den Enkeln. Nach einigen Tagen konnte sie wieder selbst zur Toilette. Dennoch: Ganz so gut wie vor dem Klinikaufenthalt geht es ihr nicht mehr. Etwas ist zurückgeblieben. Kochen ist zu anstrengend geworden und auch der Seniorentanz geht nicht mehr.

Geschichten wie diese gibt es viele, in der Nachbarschaft, bei den Kollegen oder sogar in der eigenen Familie. Auch im Internet – im deutschen wie auch im englischsprachigen erzählen Angehörige von ähnlichen Erlebnissen. Es ist immer dasselbe:

Die alten Menschen sind geistig klar, wenn sie ins Krankenhaus gehen – und nach wenigen Tagen sind sie verwirrt und bauen immer mehr ab. Manche werden plötzlich aggressiv, andere werden panisch und ängstlich, wieder andere bekommen regelrechte Gewaltausbrüche.

Diese plötzliche Veränderung des geistigen Zustandes betrifft alljährlich viele Millionen ältere Menschen, die eigentlich nur wegen eines Knochenbruches oder vielleicht auch für eine Knie- oder Hüftgelenksoperation ins Krankenhaus mussten – allein in den USA sind es 7 Millionen pro Jahr!

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Manchmal mag es vielleicht ein Segen sein, wenn man das Ende nicht bewusst erleben muss. In den meisten Fällen jedoch sind die Betroffenen noch lange nicht am Ende ihrer Tage angelangt. Sie leiden also NICHT an einer Verwirrung, die sich allein aufgrund ihres Alters entwickelt hat. Nein, die Verwirrung ist die Folge des Krankenhausaufenthalts. Denn kaum sind sie zu Hause, geht es wieder aufwärts und die Verwirrung verschwindet wieder.

Wird fälschlicherweise Demenz diagnostiziert, warten Pflegeheim und noch mehr Medikamente

Was aber, wenn diese Zusammenhänge nicht erkannt werden? Was, wenn die Ärzte das diagnostizieren, was sie eben sehen: altersbedingte Demenz und Verwirrung. Was, wenn der Patient daraufhin in ein Pflegeheim verlegt wird, wo er dieselben Medikamente erhält wie im Krankenhaus und viele weitere mehr – weil er ja jetzt dement ist? Niemand wird je erfahren, dass der Patient gesund geworden wäre, wenn man ihn einfach nach Hause gelassen hätte!

Wo liegt das Problem? Was ist die Ursache dieser krankenhausbedingten Verwirrung oder sogar Demenz? Es ist der Mix aus

1. Medikamenten,

2. den individuellen Beschwerden und Risikofaktoren sowie

3. dem für viele – besonders für ältere – Menschen stressigen Krankenhausalltag.

1. Medikamente, die eine Demenz imitieren

Wer im Krankenhaus liegt, hat meist ein Gesundheitsproblem. Bei einem Rippenbruch beispielsweise, der sehr schmerzhaft sein kann, gibt es starke Schmerzmittel. Damit die Patienten schlafen können, gibt es Schlaf– oder Beruhigungsmittel.

Sedativa (Beruhigungsmittel) verursachen Verwirrung

Schon allein die Kombination aus Schmerz- und Beruhigungsmitteln kann zu Verwirrtheitszuständen führen. Erhält der Patient jetzt noch mehr Sedativa (falls seine Verwirrtheit mit Unruhe oder Aggressionen einhergeht), z. B. Benzodiazepine, dann beheben diese selten die Verwirrung, sondern sorgen sogar dafür, dass diese noch länger anhält.

Benzodiazepine sind die bekannten Tranquilizer, die zur Beruhigung, zur Angstlösung und als Schlafmittel verordnet werden. Die Bezeichnungen ihrer Wirkstoffe enden auf -am oder -pam, z. B. Diazepam (Valium), Oxazepam oder Nitrazepam. Weiter Wirkstoffe aus der Gruppe der Benzodiazepine sowie die entsprechenden Handelsnamen der Medikamente finden Sie hier: Liste der Benzodiazepine

Dr. James Rudolph, Leiter der geriatrischen und palliativmedizinischen Abteilung am VA Boston Healthcare System (einer medizinischen Einrichtung des US-Ministeriums für Kriegsveteranen), warnt vor dem Einsatz von Sedativa bei älteren Menschen:

Es scheint, das diese Medikamente das Risiko erhöhen, ein Delirium zu entwickeln.“

Studien haben überdies festgestellt, dass Sedativa das Gegenteil vom erwünschten Effekt auslösen können. Statt zu beruhigen, können sie Unruhe, Enthemmung und Verwirrung bei älteren Patienten verursachen, so eine Studie aus 2011, die in Psychiatry Investigation veröffentlicht wurde.

Gemäss UpToDate (einer evidenzbasierten Infoplattform von Ärzten für Ärzte), können sich einige Arzneimitteltypen im Blut anreichern, was zu einer Verwirrung des Patienten führt. Auch hier wurden an erster Stelle die Sedativa genannt.

Diuretika verursachen Verwirrung

Diuretika sind eine weitere Arzneimittelgruppe, die zu Verwirrtheitszuständen, Demenzsymptomen und Delirium führen können. Diuretika haben die Aufgabe, überschüssige Flüssigkeit aus dem Körper zu entfernen, weshalb sie im Volksmund auch häufig als „Wassertabletten“ bezeichnet werden.

Zum Einsatz kommen diese Medikamente beispielsweise bei Bluthochdruck, Herzschwäche oder Niereninsuffizienz, also bei jenen Krankheiten, die insbesondere bei älteren Menschen weit verbreitet sind. Schon allein die genannten Krankheiten an sich können zu Verwirrtheit führen, jedoch seltener als die gegen die Krankheiten eingenommenen Diuretika.

Anticholinergika verursachen Verwirrung

Anticholinergika werden gerne bei Harninkontinenz gegeben, auch beim Morbus Parkinson und bei den chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen. Ein Teil der Anticholinergika kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden und in die Gehirnflüssigkeit übergehen. Daher sind Nebenwirkungen wie Verwirrtheitszustände, aber auch Schlafstörungen, Gedächtnisstörungen und Halluzinationen nicht gerade selten.

Weitere Medikamente mit anticholinerger Wirkung sind Antihistaminika, Antidepressiva (Trizyklika), Antipsychotika, Schmerzmittel (Tramadol, Morphin u. a.), Medikamente gegen Magengeschwüre (Cimetidin, Ranitidin) etc. Sie alle können Verwirrtheit auslösen oder eine solche verstärken, so Dr. Tamara Fong, Neurologin am Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston und Wissenschaftlerin am Aging Brain Center, Institute for Aging Research.

Eine Studie – veröffentlicht im Journal of the American Medical Association – gab ferner an, dass diese Medikamente, selbst wenn sie in der kleinstmöglichen Dosis genommen werden, langfristig Delirium und Verwirrung bei älteren Menschen auslösen können.

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Medikamentenmix erhöht Risiko für Delirium und Verwirrung

Bei älteren Menschen ist es ausserdem üblich, viele Medikamente gleichzeitig zu nehmen. Häufig achten nicht einmal die verordnenden Ärzte auf mögliche Wechselwirkungen. Dr. Rudolph jedoch – der ausserdem Mitglied der American Delirium Society ist – erklärt, dass zu den häufigsten Wechselwirkungen Delirium und Verwirrung gehören, wenn man viele Medikamente auf einmal einnimmt.

Dann nämlich werden u. a. die entgiftenden Enzyme der Leber gehemmt, was die Wirkung der einzelnen Medikamente verstärkt. Jetzt treten natürlich auch die Nebenwirkungen stärker auf (Alzheimer und Demenz durch Aluminium).

Fertigen Sie eine Medikamentenliste an!

Achten Sie daher unbedingt darauf, welche Medikamente Ihre älteren Familienmitglieder einnehmen. Fertigen Sie eine Liste der Wirkstoffe an, der Dosis und der Einnahmezeitpunkte – und nehmen Sie diese Liste mit ins Krankenhaus, wenn die betreffende Person dorthin muss. Ideal wäre es, wenn Sie die Liste auch ohne erforderlichen Krankenhausaufenthalt erstellen, diese regelmässig aktualisieren und in regelmässigen Abständen mit dem Hausarzt auf mögliche Wechsel- oder Nebenwirkungen durchgehen würden.

Auf diese Weise werden Wechsel- und Nebenwirkungen schnell erkannt bzw. mit den Medikamenten in Verbindung gebracht, so dass besser verträgliche Alternativen gesucht und probiert werden können.

Decken Sie Einnahmefehler auf!

Vielleicht glauben Sie, dass das Krankenhaus ohnehin vom Hausarzt über die aktuellen Verordnungen informiert wird. Das trifft auch meist zu. Doch unterscheiden sich die Verordnungen nicht selten von jenen Medikamenten und Dosierungen, die auch tatsächlich eingenommen werden:

Manche Medikamente werden vergessen, andere verwechselt, von manchen wird die Dosis vergessen oder eigenmächtig (meist unwissentlich) erhöht oder reduziert. Häufig verlegen ältere Menschen die Umverpackung, erinnern sich schliesslich nicht mehr, welche Tabletten für oder gegen welche Beschwerden sind und nehmen irgendwann eine kunterbunte Mischung beliebiger Tabletten ein.

Bekam ein Patient beispielsweise ein Antidepressivum verordnet, nahm es aber nie und kommt nun in ein Krankenhaus, wo man glaubt, der Patient nehme es bereits seit vielen Wochen, dann kann es problematisch werden, wenn er diese Tabletten jetzt plötzlich erhält, sie aber gar nicht gewohnt ist oder nicht verträgt.

Umgekehrt kann auch der Entzug gewohnter Medikamente zu Problemen führen. Es kann z. B. sein, dass die Patienten zu Hause bestimmte Medikamente nahmen – und diese im Krankenhaus nun nicht mehr oder in anderer Form oder Dosis erhalten. Das Absetzen mancher Medikamente kann zusätzlich zu Verwirrtheitszuständen führen. Mit der obigen Liste können Einnahmefehler schnell aufgedeckt und deren schlimme Folgen vermieden werden (Kokosöl gegen Alzheimer und Demenz (Video)).

Zusammenfassung:

  • Schmerz- und Beruhigungsmittel, Diuretika und Anticholinergika gelten als Medikamente, die häufig zu Verwirrtheitszuständen führen können
  • Besonders in den Tagen direkt nach einer OP ist eine Verwirrung häufig. Die Medikamente werden in dieser Phase meist hoch dosiert.
  • Bedenklich sind insbesondere Gaben vieler verschiedener Medikamente gleichzeitig.
  • Werden neue und ungewohnte Medikamente gegeben, können auch neue Neben- und Wechselwirkungen auftreten. Gegenanzeigen werden im Krankenhaus nicht immer beachtet.
  • Auch ein Entzug bisher eingesetzter Medikamente kann zu Verwirrung führen, wenn es diese also im Krankenhaus nicht mehr gibt.

2. Individuelle Beschwerden und Risikofaktoren, die Delirium und Verwirrung auslösen können

Abgesehen von Medikamenten und Medikamentenwechselwirkungen kann sich ein Delirium auch infolge anderer Auslöser entwickeln. Auch diese Auslöser haben nur selten etwas mit einer tatsächlichen Störung im Gehirn zu tun. Hierzu gehören:

  • Infektionen, die man sich besonders gerne im Krankenhaus einfängt. Gerade ältere Menschen erhalten oft einen Harnkatheter gelegt, damit man sie nicht aufwändig aus dem Bett holen und zur Toilette bringen muss, aber natürlich auch, um ein Einnässen zu vermeiden. Schon allein ein solcher Katheter steht mit einem erhöhten Risiko für Verwirrung in Zusammenhang. Ein Harnkatheter jedoch führt zusätzlich auch noch häufig zu Harnwegsinfekten. Und genau diese gelten als mögliche Auslöser einer Verwirrung bei älteren Menschen.
  • Fortgeschrittenes Alter – oft in Kombination mit Gebrechlichkeit und Unterernährung
  • Eine OP
  • Einschlägige Vorerkrankungen: Wer natürlich bereits an Demenz litt, kann eine Verschlimmerung derselben erleiden. Auch Parkinson oder ein Schlaganfall können die Wahrscheinlichkeit einer Verwirrung im Krankenhaus erhöhen.
  • Krebserkrankungen im fortgeschrittenen Stadium
  • Starke Schmerzen, die nicht ausreichend oder zu stark behandelt werden
  • Knochenbrüche z. B. Oberschenkelfrakturen
  • Sehprobleme wie eingeschränkte Sehfähigkeit oder auch eingeschränkte Hörfähigkeit
  • Organversagen, z. B. bei chronischen Lungenkrankheiten, bei Herzinsuffizienz, Nierenversagen oder Leberversagen

3. Die Krankenhausroutine kann Verwirrung auslösen

Dr. James Jackson, Allergologe, Lungenfacharzt und Professor für Intensivmedizin an der Vanderbilt University School of Medicine, erklärt, dass für ältere Menschne schon der gravierend andere Alltag im Krankenhaus und damit der abrupte Bruch ihrer gewohnten Routine zu einem Delirium führen könne.

Schock und Scham durch Untersuchungen

Das Desaster beginnt mit den im Krankenhaus üblichen Untersuchungen und Anwendungen. Auf die natürliche Scham der Patienten wird keine Rücksicht genommen. Da wird man mal eben ausgezogen und muss – obwohl man das vielleicht seit Jahrzehnten nicht mehr getan hat – seinen gealterten Körper fremden Menschen zeigen, meist ja auch nicht nur dem Arzt, sondern auch Pflegern, Schwestern, Praktikanten etc.

Auch ist es nicht nur das nackte Bein oder der nackte Oberkörper, den man zeigen muss. Nicht selten stehen die Genitalien im Mittelpunkt des Geschehens. Da werden kurzerhand Harnkatheter gelegt und entfernt. Der Darmausgang wird begutachtet und gynäkologische Untersuchungen werden eingeleitet.

Für viele Menschen, besonders für hochsensible Menschen sind derartige Untersuchungen oder Eingriffe traumatische Erlebnisse, die zu Verwirrung und demenzähnlichen Zuständen führen können.

Schlafmangel wegen nächtlicher Krankenhausroutine

Weiter geht es mit der Krankenhausroutine während der Nacht. Wenn Sie schon einmal im Krankenhaus waren, wissen Sie, dass dort auch des Nachts immer was los ist. Nirgendwo schlafen Menschen schlechter als im Krankenhaus. Und zu keinem Zeitpunkt im Leben wäre Schlaf wichtiger… Denn nicht umsonst heisst es: Schlaf dich gesund! Genau das aber ist im Krankenhaus meist nicht möglich.

Kaum ist man eingeschlafen, wird man geweckt, weil die diensthabende Schwester wissen möchte, ob man ein Schlafmittel braucht. Noch vor dem ersten Hahnenschrei wird man erneut geweckt, weil die Anti-Thrombose-Spritze fällig ist oder der Blutdruck oder sonst etwas gemessen werden muss. Der Zimmerkollege schnarcht, fällt aus dem Bett, macht den Fernseher an oder ruft nach der Schwester. Licht fällt durch das Fenster oder durch den Türspalt. Strassenverkehrsgeräusche, die man vielleicht nicht gewöhnt ist, stören die Ruhe. Stimmen und Schritte auf dem Flur. Die Luft ist stickig und man darf nicht lüften. Medikamente wühlen auf oder sorgen für verstärkten Harndrang.

Schlafmangel ist im Krankenhaus also gang und gäbe – und Schlafmangel kann gerade bei älteren Menschen schnell zu Verwirrung und Delirium führen.

Viele verschiedene fremde Menschen

Ältere Menschen sind in ihrem eigenen Alltag oft nur von wenigen Menschen umgeben, ihrem Partner vielleicht. Ab und zu schauen die Kinder oder ein Nachbar herein. Regelmässig kommt der nette junge Mann von Essen auf Rädern.

Im Krankenhaus nun ist der alte Mensch permanent von fremden Menschen umgeben. Kaum hat er sich vielleicht an eine Schwester gewöhnt, kommt die nächste. Er weiss nie, wer wann Dienst hat, wer wann ins Zimmer stürmt. Immer wieder erscheinen neue fremde Gesichter – eine Situation, die Menschen verwirren kann.

Heimweh

Kinder leiden im Krankenhaus sehr stark unter Heimweh. Erwachsene jedoch oft genauso – und ältere Menschen, die seit vielen Jahrzehnten, oft ihr ganzes Leben lang, in ein und demselben Haus lebten, erst recht.

Sie vermissen den Blick in ihren Garten, die Katze, die sich mit ins Bett kuschelt, die sanfte Beleuchtung in ihrem Wohnzimmer, die Nachbarin, die die Zeitung bringt, das Klavierspiel vom Enkel, das durch die Zimmerdecke dringt, die Topfpfanzen, die jeden Tag gepflegt werden müssen, die gewohnten Lebensmittel und Getränke – ganz einfach die eigene Routine, die eigenen vier Wände, das für sich sein, das Daheim sein.

Während jüngere Menschen das alles viel besser verkraften, heisst es doch: Einen alten Baum verpflanzt man nicht. Ältere Menschen halten es daher viel schwerer an einem anderen Ort aus – ganz besonders, wenn sie sehr sensibel oder gar hochsensibel sind. Jede Änderung ihrer Routine bringt sie aus dem Gleichgewicht. Verwirrung und demenzähnliche Smyptome können die Folgen sein.

Für manche ältere Menschen können all diese Erlebnisse im Krankenhaus langfristig gar zu einer posttraumatischen Belastungsstörung führen, einem Zustand, der besonders bei Soldaten, die im Krieg waren oder Opfern von Gewaltverbrechen weit verbreitet ist, was zeigt, als wie entsetzlich die Situation im Krankenhaus von Menschen wahrgenommen und erlebt werden kann (Sicherheitsrisiko Hi-Tech: Lebensgefahr durch Computerabstürze im Krankenhaus und Auto-Hacker im Straßenverkehr (Videos)).

Nach dem Krankenhaus: Wann legt sich die Verwirrung?

Die krankenhausbedingte Verwirrtheit kann Monate nach der Krankenhausentlassung anhalten. Das Problem ist, dass die krankenhausbedingte Demenz das Risiko für eine tatsächliche Demenz erhöhen oder eine schon begonnene Demenz dramatisch beschleunigen kann, sagt Dr. E. Wesley Ely, Gerontologe und Professor an der Vanderbilt University School of Medicine.

Wir sprechen vom demenzähnlichen Syndrom. Betroffene benötigen dringend Hilfe zur kognitiven Rehabilitation und bei der Anpassung der verordneten Medikamente.“

Er nennt die krankenhausbedingte Verwirrtheit „eines der grössten Gesundheitsprobleme, über das die Öffentlichkeit nichts weiss.“ Es kann sein, sagt er, dass Menschen nach einem Krankenhausaufenthalte eine Alzheimerdiagnose bekommen, obwohl sie nur am demenzähnlichen Syndrom leiden – und niemand, weder Ärzte noch Familienmitglieder – erkennen, wie es wirklich ist.

HELP-Programme in manchen Kliniken

Inzwischen gibt es in einigen wenigen Kliniken spezielle Programme, die es älteren Menschen leichter machen sollen, den Krankenhausaufenthalt gesund zu überstehen. Es handelt sich um das von Dr. Sharon Inouye, Leiterin des Aging Brain Center am Institute of Aging Research in Boston entwickelte Programm namens HELP (Hospitalized Elder Life Program).

Man kümmert sich im Rahmen dieses Programm auch darum, dass Risikogruppen für krankenhausbedingte Verwirrung nach dem Krankenhausaufenthalt wieder ihr gewohntes Leben zu Hause aufnehmen können. Inzwischen ist HELP in mehr als 200 Kliniken weltweit im Einsatz, auch in einigen deutschen Kliniken, z. B. im Evangelischen Krankenhaus in Bielefeld-Bethel.

Im Rahmen von HELP achtet man beispielsweise darauf, dass die Patienten zu einem erholsamen Schlaf kommen, es nachts in den Zimmern daher ruhig und dunkel ist (die Schwester also nicht ständig hereinstürmt und das ganze Zimmer einer Neonbeleuchtung aussetzt, als gelte es, unmittelbar eine OP am offenen Herzen auszuführen).

An den Betten befindet sich eine Uhr, damit der Patient immer weiss, wie viel Uhr es ist und welche Tageszeit herrscht. Auch eine Anzeige ist da, die den Namen der diensthabenden Schwester aufzeigt. Auf diese Weise ist der Patient immer informiert. Schon allein das kann helfen, einer Verwirrung vorzubeugen.

Natürlich werden auch Medikamente nur sehr sorgfältig eingesetzt – immer unter Berücksichtigung möglicher Wechselwirkungen.

Die Patienten werden ferner dazu ermuntert, möglichst bald wieder das Bett zu verlassen, sich zu bewegen oder an einer Physiotherapie teilzunehmen. Auch geistige Aktivitäten werden angeboten, um das Gehirn in Schwung zu halten.

Denn wenn darauf geachtet wird, dass der Patient sowohl körperlich (so gut es geht) als auch geistig aktiv bleibt, dann – so zeigen mehrere Studien, die u. a. regelmässig bei der Alzheimer’s Association Conference vorgestellt werden – kann nicht nur der Entwicklung von demenzähnlichen Symptomen vorgebeugt werden, auch eine bestehende Demenz kann damit verbessert werden (Big Pharma: Geschäfte mit dem Lebensende – Pflegedienste mißachten Patientenverfügungen).

Es ist in jedem Falle falsch, einen Patienten, der im Krankenhaus plötzlich verwirrt wurde, zu Hause schliesslich wie einen Dementen zu behandeln. Stattdessen heisst es, so viele Aktivitäten wie möglich zu unternehmen“, so Dr. Ely.

Andere Länder, andere Sitten

In manchen Ländern ist es gang und gäbe, dass jeder stationär aufgenommene Patient einen Familienangehörigen mitbringen muss, z. B. in Spanien. Dieser schläft im Zimmer des Patienten. Auf diese Weise wird nicht zuletzt Personal eingespart. Gleichzeitig aber ist sicher gestellt, dass der Patient eine pflegende Person ganz für sich allein hat und mit Liebe umsorgt wird.

Der Angehörige kümmert sich darum, dass der Patient isst oder er füttert ihn – in Ruhe und ohne Stress. Er kann ihn zur Toilette begleiten. Der Patient muss sich nicht von Fremden ausziehen lassen. Der Angehörige kümmert sich darum, dass sich der Patient bewegt, dass er regelmässig trinkt, er kann sogar Mahlzeiten von zu Hause mitbringen. Er macht Spiele mit dem Patienten, liest ihm vor, fährt ihn mit dem Rollstuhl in den Park etc. Auf diese Weise ist es fast unmöglich, dass der Patient aufgrund der Umstände mit einer Verwirrung reagiert. Medikamente können jedoch auch hier natürlich zu demenzähnlichen Symptomen führen (OP gelungen, Patient tot – Lebensgefahr durch neue Krankenhaus-Keime (Video)).

    

Lassen Sie nicht zu, dass Angehörige zu Dementen gemacht werden!

Dr. Ely sagt:

Niemand sollte sich einreden lassen, dass die Verwirrtheit in Kliniken unvermeidbar sei und man daher keinen Aufstand machen solle, wenn ältere Familienmitglieder im Krankenhaus plötzlich von heute auf morgen dement werden. Stimmt, Sie sollten keinen normalen Aufstand machen, Sie sollten stattdessen einen riesengrossen Aufstand machen.“

Was aber kann man nun als Angehöriger tun?

Wenn Sie ältere Familienmitglieder haben, kümmern Sie sich und lassen Sie nicht zu, dass Ihre Angehörigen Opfer von unbedachten Medikamentenverordnungen werden und dann als dement und senil abgestempelt werden, obwohl der Zustand nichts anderes ist als die Folge ärztlicher und pharmazeutischer Unzulänglichkeiten.

Besonders in den Tagen unmittelbar nach einer Operation sind ältere Menschen besonders empfänglich für Verwirrtheitszustände. Bleiben Sie in dieser Phase geduldig und glauben Sie auf keinen Fall, Ihre Mutter, Ihr Vater, Ihre Grossmutter oder Ihr Grossvater sei während der Operation dement geworden. Und auch ohne vorherige Operation: Wenn Ihr/e Angehörige/r im Krankenhaus verwirrt wird, glauben Sie nicht an eine plötzliche Demenz!

  • Bestehen Sie auf genaue Angabe der verabreichten Medikamente und erkundigen Sie sich, ob diese ein Grund für die Verwirrung sein könnten.
  • Verbringen Sie so viel Zeit wie möglich, bei Ihrem kranken Angehörigen im Krankenhaus und sorgen Sie dort für viel Zuwendung und Abwechslung. Geben Sie Ihrem Angehörigen das Gefühl, dass jemand da ist, der aufpasst, der mit den Ärzten spricht, mit dem Pflegepersonal ein gutes Verhältnis aufbaut, der sich kümmert und das Familienmitglied nicht einfach den fremden Händen überlässt.
  • Lassen Sie sich auf keinen Fall einreden, Ihr Familienmitglied sei ab sofort dement und müsse in ein Pflegeheim. Für eine solche Entscheidung ist immer noch Zeit genug.
  • War das Familienmitglied vor dem Krankenhausaufenthalt geistig völlig klar, dann nehmen Sie es nach der Entlassung mit nach Hause (bringen Sie es also nicht in ein Heim), geben ihm dort nur die wirklich genau überprüften, notwendigen und verträglichen Medikamente, bestehen Sie auf Medikamente, die NICHT zu Verwirrtheitszuständen führen können und betreuen Sie Ihr Familienmitglied die ersten Tage, Wochen oder auch Monate in dessen eigenen vier Wänden, wo sich die Person zu Hause und geborgen fühlt.
  • Fertigen Sie vor einem geplanten Krankenhausaufenthalt die weiter oben erwähnte Medikamentenliste für Ihren Angehörigen an.
  • Sie können auch dann vorbeugend aktiv werden, wenn kein Krankenhausaufenthalt geplant ist, Sie aber wissen, dass ein älteres Familienmitglied zahlreiche Medikamente nimmt. Denn auch zu Hause kann eine medikamentenbedingte Verwirrung entstehen. Siehe ebenfalls weiter oben unter „Fertigen Sie eine Medikamentenliste an!“ und  „Decken Sie Einnahmefehler auf!“

In den meisten Fällen wird sich Ihre Mutter, Ihr Vater, Ihre Grossmutter oder Ihr Grossvater spätestens nach einem halben Jahr oft schon nach wenigen Tagen wieder erholen. Geben Sie ihr/ihm die Chance!

Literatur:

Codex Humanus – Das Buch der Menschlichkeit

Das Keto-Prinzip: Ketogen ernähren mit Kokosöl und Fett: Starke Schilddrüse – gesunder Stoffwechsel – dauerhafte Gewichtsabnahme

Das Kokos-Buch: Natürlich heilen und genießen mit Kokosöl und Co.

Kokosöl: Das Geheimnis gesunder Zellen

Quellen: PublicDomain/zentrum-der-gesundheit.de am 25.01.2017

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3 comments on “Demenz: Zu Hause gesund, im Krankenhaus plötzlich dement

  1. Es könnte auch Wassermangel die Ursache sein. Habe schon gehört, dass manche Spitäler – vor allen in Englang – die älteren Patienten verdursten lassen. Immer darauf achten das Angehörige genügend trinken.

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