Freigabe des Bundestages: Kiffen auf Rezept – Cannabis als Medizin

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Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat den Weg frei gemacht für den Cannabis-Gesetzentwurf der Bundesregierung. Vertreter der Regierungs- wie auch der Oppositionsfraktionen sprachen von einem entscheidenden Fortschritt zuguns­ten schwer kranker Patienten.

Der Bundestag hat einstimmig die Freigabe von Cannabis als Medizin auf Rezept beschlossen. Ärzte können damit schwerkranken Patienten künftig Cannabis verschreiben.

Schwer kranke Patienten sollen künftig auf Kosten der gesetzlichen Krankenversiche­rung (GKV) mit hochwertigen Cannabisarzneimitteln versorgt werden könn­en. Sie sollen künftig getrocknete Cannabisblüten und Cannabisextrakte in kontrollierter Qualität auf ärztliche Verschreibung hin in Apotheken erhalten können.

Für die Versicher­ten wird zu­dem, auch in eng begrenzten Ausnahmefällen, ein Anspruch auf Versorgung mit den Wirk­stoffen Dronabinol oder Nabilon geschaffen.

Um die Versorgung sicherzustellen, wird der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland ermöglicht. Geplant ist dazu der Aufbau einer staatlichen Can­nabisagentur, die den Anbau und Vertrieb koordiniert und kontrolliert. Diese Aufgabe wird dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) übertragen.

Um die genaue medizinische Wirkung der Cannabisarzneimittel zu erforschen, ist eine wissenschaftliche Begleiterhebung vorgesehen. Die generelle Freigabe der Droge Cannabis wird von der Bundesregierung weiter strikt abgelehnt (Cannabis als alternative Heilmedizin viel zu lange verkannt).

Fragen und Antworten zum Gesetz im Überblick:

Bei welchen Krankheiten wird Cannabis eingesetzt?

Cannabis wird unter anderem zur Behandlung von chronischen Schmerzen, Nerven­schmer­zen, bei grünem Star zur Reduzierung des Augeninnendrucks, bei ADHS und dem Tourettesyndrom eingesetzt. Verwendet werden Cannabisextrakte, Cannabisblüten oder einzelne Cannabinoide – das sind Mittel auf Cannabisbasis.

Angewandt wird Cannabis auch gegen Übelkeit und zur Appetitsteigerung bei Krebs- und Aidspatienten, bei Rheu­ma sowie bei spastischen Schmerzen bei Multipler Sklerose (10 seltene Krankheiten, gegen die Cannabis helfen kann).

Welche Wirkung hat die Droge?

Die beiden wichtigsten Inhaltsstoffe sind Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und Can­nabi­diol (CBD). Ihnen wird unter anderem eine schmerzlindernde, entzündungs­hemmen­de, appetitanregende und krampflösende Wirkung zugeschrieben.

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Nicht immer aber ist der medizinische Nutzen eindeutig belegt. Es gibt viele positive Beobachtungen, aller­dings oft noch zu wenige aussagekräftige Studien. Die Regierung will daher weiter for­schen lassen.

Wie ist die rechtliche Lage in Deutschland?

Seit Mai 2011 dürfen zugelassene Fertigarzneimittel auf Cannabisbasis auch in Deutsch­­land hergestellt und von Ärzten auf Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Bisher ist mit Sativex lediglich ein Extrakt aus Cannabis sativa – so der lateini­sche Name für die Hanfpflanze – zugelassen, und zwar für Patienten, die an Multipler Sklerose erkrankt sind und an schweren spastischen Lähmungen und Krämpfen leiden.

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Zudem können Patien­ten im Ausland zugelassene Fertigarzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabi­lon verschrieben bekommen. Für die Kosten müssen sie in der Regel aber selbst auf­kom­men.

Wie viele Menschen erhalten eine Cannabistherapie?

Nach früheren Schätzungen des Alternativen Drogen- und Suchtberichts, der unter an­derem von der Deutschen Aidshilfe herausgegeben wird, erhalten in Deutschland etwa 5.000 bis 10.000 Patienten eine Therapie mit Dronabinol oder Sativex.

Welche Alternativen gibt es bislang?

Patienten können bei der Bundesopiumstelle beim BfArM eine Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Cannabisblüten oder -extrakten „im Rahmen einer medizinisch betreuten und begleiteten Selbsttherapie“ be­an­tragen. Das Cannabiskraut wird dann von einem niederländischen Unternehmen an eine bestimmte Apotheke in Deutschland geliefert.

Kiffen auf Rezept: Cannabis raus aus der Schmuddelecke

Rund um die Freigabe von Cannabis als Medikament herrschte lange eine tief ideologische Debatte. Jetzt wagt die Politik den ersten Schritt zur Liberalisierung. Dem müssten weitere folgen.

Spöttische Bemerkungen sind überflüssig. An diesem Gesetz ist nur bemerkenswert – und auch ein bisschen ärgerlich -, dass es so spät kommt. Mehr als zehn Jahre, seit das Bundesverwaltungsgericht die Tür für Cannabis als Medizin ein Stück weit geöffnet hat, wurde diskutiert.

Es war eine langwierige, tief ideologische Debatte – in der besonders die Konservativen zu den Bremsern zählten. Andere Länder wie Großbritannien, Spanien, die Niederlande, aber auch viele Bundesstaaten in den USA erlauben Cannabis in der Medizin schon seit langem (Der wachsende Markt für Hanf in Europa).

Es verdient Respekt, dass nun ausgerechnet ein CDU-Gesundheitsminister den Weg frei macht, um die Leiden schwerkranker Menschen auch in Deutschland auf dem therapeutisch besten Weg zu lindern – endlich. Unter anderem Schmerzpatienten können jetzt, bezahlt von der Kasse, auf Cannabis-Produkte zurückgreifen, die nach den bisherigen klinischen Erfahrungen besser helfen und deutlich geringere Nebenwirkungen haben als andere Mittel, wie beispielsweise Morphium.

Es war berührend, heute den Gesundheitspolitiker Rainer Hayek von der Unionsfraktion im Bundestag zu hören, der sagte, er wäre froh gewesen, wenn seine sterbenskranke Mutter vor einigen Jahren bereits mit Cannabis-Produkten hätte behandelt werden können.

 

Entschuldigung für unterlassene Hilfeleistung

Die Politik schuldet nicht nur Mutter Hayek, sondern allen Patienten, die in den vergangenen zehn Jahren unnötig gelitten haben, eine Entschuldigung für unterlassene Hilfeleistung. Nun sind keine Sondergenehmigungen mehr nötig, Cannabis als Medizin ist raus aus der Schmuddelecke.

Der behandelnde Arzt kann weitgehend selbständig entscheiden, die Krankenkassen dürfen nur Widerspruch einlegen, wenn gewichtige medizinische Gründe dagegen sprechen. Auch Kiffen auf Rezept ist möglich? Ja, und das ist in auch in Ordnung so, wenn das Leben seit langem leidender Patienten dadurch wieder lebenswerter wird.

Auch im Bundestag war heute zu spüren, dass in der Diskussion über dieses Gesetz immer auch die Frage mitschwingt: Soll Cannabis nicht gleich generell legalisiert werden? Der Gesundheitsminister sagt empört ‚Nein‘, mehrere Bundestagsabgeordnete dagegen zeigten sich offen.

Für Letzteres gibt es gute Gründe. Nicht, weil Cannabis jetzt auch in der Medizin eingesetzt wird und deswegen plötzlich weniger gefährlich ist. In der Medizin werden viele Dinge genutzt, die man nicht auf dem freien Markt haben möchte (Fund in einem 2500 Jahre alten Grab beweist, dass Cannabis nicht verboten sein sollte).

Formelles Verbot von Cannabis überholt

Bei Cannabis aber ist das formelle Verbot schon lange eine Schimäre. Laut Drogenbericht der Bundesregierung hat jeder dritte Deutsche, bis er 25 Jahre alt ist, mindestens einmal Marihuana oder Haschisch geraucht. Statt an einem wirkungslosen Verbot festzuhalten, sollte der Staat, ähnlich wie beim Alkohol, mithelfen aufzuklären, wie besonders junge Menschen vernünftig mit Cannabis umgehen sollten – damit dieses durchaus gefährliche Genussmittel nicht zur Sucht wird.

Bislang wird Cannabis illegal gehandelt, mit allen Gefahren, die damit verbunden sind. Cannabis zu legalisieren würde auch bedeuten, der organisierten Kriminalität ein einträgliches Geschäft zu verderben.

Es ist gut, dass es Cannabis als Medizin künftig auf Rezept gibt. Sowohl der Gesundheitsminister als auch die Drogenbeauftragte wollten um jeden Preis vermeiden, dass damit auch eine Debatte über die generelle Legalisierung von Cannabis ausgelöst wird (Bundeskriminalamt speichert rechtswidrig kleine Kiffer). Aber die Diskussion läuft. Und das schadet nicht.

Literatur:

Der Cannabis Anbau : Alles über Botanik, Anbau, Vermehrung, Weiterverarbeitung und medizinische Anwendung sowie THC-Messverfahren von Lark-Lajon Lizermann

Cannabidiol (CBD): Ein cannabishaltiges Compendium von Franjo Grotenhermen

Haschisch Anno 1855: Das narkotische Genussmittel Hanf und der Mensch (Edition Rauschkunde) von Ernst von Bibra

Die Behandlung mit Cannabis und THC: Medizinische Möglichkeiten, Rechtliche Lage, Rezepte, Praxistipps von Franjo Grotenhermen

Quellen: PublicDomain/tagesschau.de/aerzteblatt.de am 20.01.2017

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2 comments on “Freigabe des Bundestages: Kiffen auf Rezept – Cannabis als Medizin

  1. Was ein Zufall… kaum das Bayer Monsanto, die das Patent auf genmanipulierte Cannabispflanzen halten, gekauft hat, wird das in Deutschland teillegalisiert. Das Bayer und das bfARM sich vermutlich nicht fremd sind hilft dann schon. Eine Farce!

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