Für den Ernstfall planen: Und eine Kiste Mineralwasser bereithalten.
Die Bundesrepublik bekommt wieder ein Konzept für die zivile Verteidigung. Zum ersten Mal seit 1989 hat die Bundesregierung wieder eine „Konzeption für zivile Verteidigung“ erarbeitet.
Am kommenden Mittwoch soll sie vom Kabinett beschlossen werden. Der Frankfurter Sonntagszeitung liegt nach eigenen Angaben das 69-seitige Konzept vor. Man müsse nach der Lektüre erst mal durchatmen, heißt es zu Anfang des Berichts in der Printausgabe (Bild: Zivilschutzbunker im Jahre 1975).
Weil sich Fragen stellen, die sich im normalen Alltag gar nicht stellen, nennt der FAS-Autor als Grund. Etwa wie man sich vor Angriffen mit biologischen oder chemischen Waffen schützt oder vor einer radioaktiven Wolke. Oder wie man sich verhalten soll, wenn die Stromversorgung zusammenbricht, könnte man ergänzen (Bundesregierung bereitet sich auf Notstand vor).
Beunruhigend sind erstmal nicht die Szenarien selbst, sondern vielmehr, dass der Ernstfall wieder ernsthaft erwogen wird, und aufgrund welcher Annahmen er erwogen wird. Auch dazu muss man Luft holen. So wird zur Entstehung des neuen Konzepts berichtet, dass der Bundesrechnungshof ein schlüssiges Gesamtkonzept für den Zivilschutz vermisste, weswegen der Haushaltsausschuss des Bundestags dieses 2012 in Auftrag gab. Danach folgt der Satz:
Bevor es geschrieben war, rissen sich die Russen 2014 die Krim unter den Nagel. Damit änderte sich alles. Die Nato sah sich plötzlich einer neuen Bedrohungslage gegenüber.
Hier wird das Weißbuch der Bundeswehr ins Spiel gebracht. Bei der Beratung darüber sei die Frage danach, wie die Bevölkerung im Kriegsfall zu schützen sei neu gestellt worden. Das Bundesinnenministerium habe danach „ernsthaft an dem Konzept für die Zivilverteidigung gearbeitet“.
Dazu erläutert der Bericht, dass im Weißbuch nicht mit einem konventionellen Angriff gerechnet wird, sondern dass „hybride Kriege“ als größte Gefahr gelten, der Einsatz von unkonventionellen Mitteln, „Computerviren“, „Sabotage“. Solche Angriffe könnten dann mit „konventionellen und Massenvernichtungswaffen verknüpft werden, wenn ein Konflikt eskaliert“.
Die Nato plane mit solchen Annahmen und habe die Mitgliedsstaaten darauf verpflichtet, ihre zivile Widerstandskraft gegenüber unkonventionelle Bedrohungen zu stärken, fasst der FAS-Bericht den Hintergrund zum Zivilverteidigungskonzept zusammen.
Nun kann man an der Art der Darstellung des Krim-Konflikts schon ablesen, dass auch die Art, wie Konflikte dargestellt werden, ihren wichtigen Teil zur Bedrohungslage und der Empfindung der Bedrohungslage beitragen. Es gibt hier viel Spielräume, um den Ernstfall mehr oder weniger möglich zu machen. Das Spekulieren mit dem Bündnisfall hängt viel damit zusammen, welche Hitze man da hineingibt.
Bürger sollen genügend Trinkwasser und Nahrung vorrätig haben
„Die Bevölkerung wird angehalten, einen individuellen Vorrat an Lebensmitteln von zehn Tagen vorzuhalten“, heißt es in der „Konzeption zivile Verteidigung“
„Die Bevölkerung soll durch geeignete Maßnahmen angehalten werden, zur Eigen-/Erstversorgung bis zur Installation staatlicher Einzelmaßnahmen für einen Zeitraum von fünf Tagen je zwei Liter Wasser pro Person und Tag in nicht gesundheitsschädlicher Qualität vorzuhalten.“
Die Notfall-Empfehlungen beziehen sich auch auf Energie und Bargeld.
Angriff auf deutsches Territorium aber unwahrscheinlich
In dem 69 Seiten langen Konzept heißt es, „dass ein Angriff auf das Territorium Deutschlands, der eine konventionelle Landesverteidigung erfordert, unwahrscheinlich“ sei.
Doch verlange die Sicherheitsvorsorge, „sich trotzdem auf eine solche, für die Zukunft nicht grundsätzlich auszuschließende existenzbedrohende, Entwicklung angemessen vorzubereiten“.
In dem Konzept werden die notwendigen Felder und Herausforderungen benannt. Im Notfall soll die Bevölkerung zum Selbstschutz fähig sein, bevor staatliche Maßnahmen anlaufen, um eine ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser, Energie und Bargeld sicherzustellen.
Selbstschutz der staatlichen Organe wird wieder zum Thema
Erklärt wird außerdem die Notwendigkeit eines verlässlichen Alarmsystems, einer Härtung von Gebäuden und ausreichender Kapazitäten im Gesundheitssystem.
Die zivile Unterstützung der Streitkräfte soll wieder zu einer Priorität werden. Dazu gehören Eingriffe in die Verkehrslenkung, wenn die Bundeswehr Kampfverbände verlegen muss.
Ein wichtiges Thema ist auch der Selbstschutz der staatlichen Organe. „Für den Fall der Aufgabe des Dienstsitzes sind Vorkehrungen zu treffen, um die Aufgabenwahrnehmung einer Behörde an einen anderen, geschützteren Platz (Ausweichsitz) verlagern zu können“, heißt es in dem Konzept.
Wie die FAS weiter berichtet, kam bei einer internen Bestandsaufnahme heraus, dass die bisherigen Vorkehrungen gänzlich unzureichend sind. Das Thema soll deshalb nun auch im Bundessicherheitsrat erörtert werden.
Laut FAS sind die Planungen noch nicht ausgereift, wo die Bundesregierung im Falle des Falles Schutz sucht. Das alte Bunker-Konzept ist out, heißt es in diesem Zusammenhang. Es gebe neue Konzepte, um sich vor Explosionen zu schützen, wird erklärt und dazu der Satz zitiert: „Nichts ist so wirksam wie eine Thuja-Hecke.“
Checkliste vom „Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfen“ hier als PDF.
Literatur:
Überleben in der Natur: Der Survival-Guide für Europa und Nordamerika von Lars Konarek
Das Prepper-Handbuch: Krisen überleben von Walter Dold
Was Oma und Opa noch wussten: So haben unsere Großeltern Krisenzeiten überlebt von Udo Ulfkotte
Quellen: PublicDomain/huffingtonpost.de/epochtimes.de/heise.de am 23.08.2016
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