Konsumhunger frisst Wald: Wie geht es unserem Wald wirklich

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Wenn es um den deutschen Wald geht, gibt es eher gemischte Nachrichten. Zwar ist Deutschland zu einem Drittel bewaldet – das ist mehr als in jedem anderen Land der EU. Aber der Wald ist größtenteils zu jung, zu naturfern und es fehlen alte und ökologisch wichtige Bäume, wie ein neuer Greenpeace-Report zeigt. In einigen Bundesländern liegt dabei besonders viel im Argen.

Im Jahr 2014 wurde Inventur gemacht im deutschen Wald. Forscher und Forstleute überprüften Arten und Zustand von rund 420.000 Bäumen, verteilt über das ganze Land. 150 verschiedenen Merkmale zu Baum und Umgebung wurden an jedem Messpunkt erhoben. Das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlichte Ergebnis klang durchaus positiv:

Demnach ist Deutschland mit 11,4 Millionen Hektar zu einem Drittel bewaldet, es wächst mehr Holz nach als wir nutzen und die Waldfläche bleibt konstant. Auch der Anteil der Laubbäume sei gestiegen und die Wälder seien heute vielfältiger und naturnäher strukturiert als noch in vergangenen Jahrzehnten, hieß es im Fazitbericht.

„Fazit aus waldökologischer Sicht nicht haltbar“

Doch geht es dem Wald damit wirklich gut – auch im ökologischen Sinne? Die Umweltorganisation Greenpeace hat nun ihrerseits einen Bericht zum Zustand des deutschen Waldes lanciert und kritisiert darin die zu optimistische Sicht des Bundesministeriums. Das offizielle Credo „Dem Wald geht’s gut“ sei aus waldökologischer Sicht nicht haltbar, heißt es im Greenpeace Report.

Wie Greenpeace berichtet, wachsen auf mehr als der Hälfte der Waldflächen Baumarten, die hier eigentlich nicht hingehören oder die in Monokulturen angepflanzt wurden. Selbst unter den jungen, unter 60 Jahre alten Baumbeständen sind noch immer 58 mit nicht standortheimischen Nadelhölzern bestockt.

Hinzu komme: „Der deutsche Wald ist in weiten Teilen ein junger, unreifer Wald“, so der Report. Die intensive Bewirtschaftung der Wälder lasse zu wenige Bäume alt werden, absterben und als Totholz Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Pilze bilden. Der Anteil der ökologisch wichtigen alten und dicken Bäume liegt im deutschen Wald bei weniger als fünf Prozent (Weltweit nur noch zwei intakte Wälder übrig – Europas letzter Urwald bedroht (Videos)).

Ziele bisher nicht erreicht

Dass Nachbesserungen nötig sind, sieht indes auch die Bundesregierung. Unter anderem deshalb hat sich Deutschland in der Nationalen Biodiversitätsstrategie verpflichtet, bis 2020 fünf Prozent der Wälder sich selbst zu überlassen. Bei öffentlichen Wäldern sollen es sogar zehn Prozent sein. Die restlichen Wälder sollen ökologisch nachhaltig bewirtschaftet werden, so dass sie sich zu naturnahen, vielfältigen Waldökosystemen entwickeln können.

Den Fortschritt der Bundesländer beim Waldschutz in Bezug auf die Biodiversitätsstrategie hat Greenpeace nun überprüft. Das Ergebnis: Kein Bundesland erfüllt die Ziele der Biodiversitätsstrategie vollständig. Meist hapert es daran, dass es noch immer zu wenig ungenutzten Wald gibt, der Wald zu stark bewirtschaftet wird und dass die für das Waldökosystem wichtigen Totholzbestände nicht entsprechend aufgestockt wurden. „Dies ist alarmierend, da nicht mehr viel Zeit bis 2020 verbleibt und der Verlust der Artenvielfalt weiter voranschreitet“, hießt es im Bericht.

Bayern ist Schlusslicht

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Im Ranking der Bundesländer schneiden das Saarland und Schleswig-Holstein dabei noch am besten ab: Sie liegen nur noch knapp unter den in der Biodiversitätsstrategie gesteckten Zielen. Auf noch gutem Wege sind zudem Nordrhein-Westfalen, Hamburg und mit Abstrichen Berlin.

Schlusslichter sind dagegen Bayern und Hessen. Hier gebe es enorme Defizite beim Waldschutz. „Bayern gibt an, keine pauschalen Ziele für nutzungsfreie Waldflächen verfolgen zu wollen. Damit setzt sich die Landesregierung über die Waldschutzziele der Nationalen Biodiversitätsstrategie hinweg, obwohl der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer mit am Kabinettstisch saß, als 2007 die Nationale Biodiversitätsstrategie beschlossen wurde“, heißt es im Greenpeace-Bericht.

„Die Bundesländer müssen mehr tun, um Pflanzen und Tiere zu schützen“, sagt Hieke.“Die Mär vom Schützen durch Nutzen ist aus ökologischer Sicht Augenwischerei und eine Gefahr für die Artenvielfalt und das Klima.“

Die Greenpeace-Berichte zum deutschen Wald zum Herunterladen finden Sie hier.

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Konsumhunger frisst Wald

Wenn in den Tropen Wälder abgeholzt werden, um Platz für Felder zu schaffen, dann dient dies in erster Linie dem Export: Ein Großteil der auf solchen Feldern erzeugten Produkte landen nicht bei den Einheimischen, sondern letztlich bei uns – in den Industrieländern. „Es ist schon länger bekannt, dass die EU führend beim Import von Produkten ist, die die Entwaldung antreiben“, erklärt Saskia Ozinga, Kampagnen-Koordinatorin bei Fern. „Dies ist aber das erste Mal, dass wir anhand von Daten belegen können, dass ein Großteil dieser Entwaldung obendrein illegal ist.“

Soja, Palmöl und Rinderprodukte

Konkret zeigen die Daten, dass die EU allein im Jahr 2012 Güter im Wert von sechs Milliarden Euro importierte, die aus illegal gerodeten Waldflächen stammen. Darunter sind ein Viertel des gesamten Sojas aus solchen Flächen auf dem Weltmarkt, 18 Prozent des Palmöls, sowie 15 Prozent des Rindfleischs und 31 Prozent des Leders von Tieren, die auf illegal entwaldeten Flächen gehalten werden (Welt ernähren und die Wälder retten – weniger Fleisch machts möglich).

Ein Großteil dieser Produkte stammt dabei aus Brasilien und Indonesien – Regionen, in denen nach Schätzungen von Experten 80 bis 90 Prozent aller Rodungen illegal sind. „Der Konsum der EU zerstört dort nicht nur die Umwelt und trägt zum Klima bei“, erklärt Sam Lawson, einer der Autoren des Berichts. „Die illegale Natur der Entwaldung treibt auch die Korruption voran und führt zu Gewalt und Missachtungen der Menschenrechte.“

Deutschland gehört zu den Top-4-Abnehmern

Ein Großteil der ökologisch fragwürdigen Produkte gelangt per Schiff über die niederländischen Häfen nach Europa und wird dann dort auf die Länder verteilt. Dabei gehören die Niederlande, Deutschland, Frankreich und Großbritannien zu den größten Abnehmern dieser Güter: 75 Prozent der in die EU importierten waldzerstörerischen Güter landen in diesen vier Ländern, wie die Forscher berichten.

Je nach Land dominieren dabei unterschiedliche waldzerstörende Güter, wie die Forscher berichten. So ist Deutschlands illegaler Wald-Fußabdruck vor allem von importiertem Palmöl geprägt, das für Kosmetika und in der Lebensmittel-Industrie eingesetzt wird.

Ähnliches gilt auch die Niederlande. In Italien, dem Land der Designerschuhe und Handtaschen ist es dagegen das importierte Leder, das die negative ökologische Bilanz bestimmt. Frankreich importiert dagegen vor allem Soja von illegal entwaldeten Plantagen und in Großbritannien dominiert das Rindfleisch die schlechte Bilanz (Norwegen verbietet Produkte, die aus Entwaldung stammen).

 

Ein Aktionsplan ist nötig

Nach Ansicht der Umweltorganisation muss die EU dringend einen Aktionsplan entwickeln, um den fortlaufenden Konsum von waldzerstörenden Gütern einzudämmen. Zudem hätte Europa genügend Marktmacht, um auch die Produktionsbedingungen in den Herkunftsländern zu beeinflussen und auf Reformen zu drängen. „Die EU hat mit einem Aktionsplan die entscheidende Chance, die Entwaldung zu stoppen, indem sie den Handel und den Konsum solcher waldzerstörender Produkte angeht“, sagt Hannah Mowat von Fern.

Im Bericht wird durchaus anerkannt, dass viele europäische Unternehmen bereits freiwillig Schritte unternommen haben, um ihre Lieferketten „grüner“ zu machen. Einige greifen dabei bewusst bereits auf Rohstoffe und Produkte zurück, die nachweislich keine Entwaldung verursacht haben. Doch ohne eine klare Linie der EU und der Regierungen blieben solche Maßnahmen eher vereinzelt, meinen die Forscher.

Den Fern-Bericht finden Sie hier zum Download

Literatur:

Das lautlose Sterben der Bienen: Ursachen – Konsequenzen – Auswege von Friedrich Hainbuch

Das geheime Leben der Bäume: Was sie fühlen, wie sie kommunizieren – die Entdeckung einer verborgenen Welt von Peter Wohlleben

Mit Gift und Genen: Wie der Biotech-Konzern Monsanto unsere Welt verändert von Marie-Monique Robin

Die Denkfabriken: Wie eine unsichtbare Macht Politik und Mainstream-Medien manipuliertvon William Engdahl

Quellen: PublicDomain/natur.de am 10.07.2016

Weitere Artikel:

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