Ein kalter Putsch: Wende in Lateinamerika

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Berliner Regierungsberater sehen nach dem kalten Putsch in Brasilien verbesserte Chancen für die deutsch-brasilianische Kooperation. Die neue Regierung des Landes strebe eine Neuausrichtung ihrer Außenpolitik an und orientiere wieder auf die Zusammenarbeit mit den USA, heißt es in einer Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Dies schaffe Raum für den Ausbau der Beziehungen zu Deutschland und der Europäischen Union (EU). Hintergrund ist demzufolge, dass das Wachstumsmodell der Regierungen von Inácio Lula da Silva und Dilma Rousseff nicht mehr funktioniert und die brasilianische Wirtschaft, die dramatische Markteinbrüche verzeichnet, nun nach Alternativen sucht. Die Zukunft der brasilianischen Süd-Süd-Kooperation und der brasilianischen BRICS-Aktivitäten, die aus Sicht der Wirtschaft nicht mehr genügend Profite abwerfen, ist ungewiss.

Jüngst publizierte Telefonmitschnitte belegen, dass mehrere Minister der neuen Regierung, mit der Berlin laut der SWP enger kooperieren soll, tief in Korruptionsaffären verstrickt sind und den Sturz von Präsidentin Rousseff beschleunigten, um selbst Gerichtsverfahren zu entkommen. Während die Regierung die Privatisierung attraktiver Staatsunternehmen in Aussicht stellt, kündigt sie die Kürzung von Sozialprogrammen an, die Millionen der ärmsten Familien des Landes zugute kamen.

Ein kalter Putsch

Brasilien wird seit geraumer Zeit von Korruptionsskandalen immensen Ausmaßes erschüttert. Involviert sind Politiker diverser Parlamentsparteien, darunter der linken Arbeiterpartei (PT), vor allem aber der rechtsliberalen PMDB. Staatspräsidentin Dilma Rousseff (PT) ist am 12. Mai für sechs Monate suspendiert worden – nicht wegen strafbarer Korruption, sondern wegen angeblicher Verstöße bei den Staatsfinanzen; ihr droht nun die Amtsenthebung. Der Vorgang wird weithin als kalter Putsch eingestuft. Diese Auffassung wird durch mehrere Telefonmitschnitte bestärkt, die in den vergangenen Tagen an die Öffentlichkeit gelangt sind.

Sie nähren den Verdacht, dass führende PMDB-Politiker stark daran interessiert sind, Korruptionsprozesse zu sabotieren, von denen sie hohe Strafen fürchten müssen – und dass sie zu diesem Zweck den Sturz der Staatspräsidentin planten 1. Interimspräsident Michel Temer ist PMDB-Mitglied. Aus den Telefonmitschnitten geht auch hervor, dass der PMDB vor Rousseffs Absetzung die Zustimmung der brasilianischen Militärführung zu seinem Vorgehen einholte – und dass diese ankündigte, den Umsturz zu „garantieren“2. Brasilien war von 1964 bis 1985 eine Militärdiktatur; Beobachter schreiben den brasilianischen Generälen noch heute starken politischen Einfluss zu.

Privatisierung statt Sozialprogramme

Die neue Regierung von Interimspräsident Temer hat in den wenigen Tagen ihrer Amtszeit bereits in mehrfacher Hinsicht Schlagzeilen gemacht. Zum einen hat Temer mehrere Minister ernannt, gegen die Korruptionsermittlungen laufen; zwei von ihnen mussten schon binnen weniger Tage zurücktreten. Der von Temer eingesetzte Anführer der Regierungsfraktion im Unterhaus, André Moura (Partido Social Cristão, PSC), muss sich nicht nur wegen Korruption, sondern auch wegen mutmaßlicher Beteiligung an einem Tötungsdelikt verantworten3.

Alle 24 Kabinettsmitglieder sind nicht nur Männer, sondern auch weiß; das ist von besonderer Bedeutung, weil in Brasilien zum einen die Mehrheit der Bevölkerung sich als nicht-weiß einstuft, zum anderen aber weiß die Hautfarbe ist, die in den alten, von den früheren europäischen Kolonialherren abstammenden Eliten dominiert.

In der Tat entstammt die Regierung überwiegend dem reichen Establishment; ihr gehört mit Blairo Maggi (Partido da República, PR) einer der größten Sojaproduzenten der Welt an4. Zu Temers ersten Amtshandlungen hat es gehört, rund 125 staatliche Unternehmen mit einem Gesamtwert von knapp einer Billion Euro zur Privatisierung vorzuschlagen. Zugleich kündigt die neue Regierung massive Kürzungen bei einem staatlichen Wohnungsbauprogramm an. Das Programm „Minha Casa, Minha Vida“ („Mein Haus, mein Leben“) ermöglichte es rund 2,6 Millionen hoffnungslos verarmten Familien, ein eigenes Haus und damit eine Grundlage für eine menschenwürdige Existenz zu erwerben. Zuschüsse für weitere drei Millionen Familien waren geplant. „Minha Casa, Minha Vida“ galt als eines der Herzstücke der PT-Regierungen von Rousseff und ihrem Amtsvorgänger Inácio Lula da Silva.

In Abgrenzung von den USA

Jenseits der gravierenden inneren Folgen des Machtwechsels in Brasília, den unter anderem der größte Gewerkschaftsdachverband des Landes (Central Única dos Trabalhadores,CUT, gut acht Millionen Mitglieder) für illegal erklärt hat5, rechnen Beobachter mit ebenso gravierenden außenpolitischen Konsequenzen. Der Machtwechsel erfolgt zu einem Zeitpunkt, zu dem das brasilianische Wachstumsmodell der vergangenen Jahre in eine schwere Krise geraten ist.

Das Modell war eng mit der Außenpolitik der PT-Regierungen unter Lula und Rousseff verbunden. Beide setzten zunächst darauf, Brasilien als Vormacht in Südamerika zu positionieren – „in Abgrenzung vom Einflussbereich der USA“, dem auch das Nafta-Mitglied Mexiko sowie die Staaten Mittelamerikas zugerechnet wurden, wie die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in einer aktuellen Analyse schreibt6.

Einer der „Eckpunkte der Strategie“ war laut der SWP die Stärkung der „vom brasilianischen Ordnungsanspruch getragenen Regionalorganisation Unasur“, einem Bündnis ausschließlich der südamerikanischen Staaten. Ließ sich dies ohne Probleme mit traditionellen Orientierungen der brasilianischen Diplomatie vereinbaren, so zielten die PT-Regierungen zudem weit über den Subkontinent hinaus: „Unter Brasiliens Führung sollte Südamerika zu einem weltpolitischen Faktor werden“, konstatiert die SWP. Mittel der Wahl war für Lula und Rousseff dabei das BRICS-Bündnis mit Russland, Indien, China und Südafrika7.

Suchten die BRICS sich als Gegenpol zur westlichen Hegemonie zu etablieren, so verbanden die PT-Regierungen in Brasília dies mit einem Ausbau der Süd-Süd-Kooperation, etwa einer engeren Zusammenarbeit mit Staaten in Afrika – insbesondere mit Ländern wie Angola oder Moçambique, die die portugiesische Landessprache ebenso wie die Kolonialerfahrungen unter portugiesischer Herrschaft teilen.

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Eine Markterweiterungsstrategie

Möglich war die Realisierung dieser Strategie, weil sie an ökonomische Interessen brasilianischer Konzerne anknüpfen konnte. So wurde, wie die SWP berichtet, „der unmittelbare Nachbarschaftsraum“ Brasiliens, der in dem 1991 gegründeten Wirtschaftsbündnis Mercosur zusammengeschlossen ist8, als „zu klein für die Markterweiterungsstrategie der brasilianischen Großunternehmen“ eingestuft. In Lulas erster Amtszeit stiegen die Exporte vor allem nach China, mit dem Brasilien bald im Rahmen der BRICS kooperieren sollte, deutlich an; 2009 löste die Volksrepublik die Vereinigten Staaten als größter Handelspartner Brasiliens ab. Die brasilianischen Gesamtexporte schnellten von einem Volumen von 77,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2003 auf 261 Milliarden US-Dollar 2011 in die Höhe. Die Süd-Süd-Kooperation trug dazu bei, dass Baukonzerne wie Odebrecht oder der Erdölgigant Petrobras lukrative Geschäfte in Afrika fanden; Brasiliens Ausfuhr in afrikanische Staaten stieg von 2000 bis 2010 um 400 Prozent und erreichte 2011 einen Höchstwert von 12,2 Milliarden US-Dollar.

Dramatische Exportverluste

Seitdem ist jedoch nicht nur der brasilianische Afrika-Export wieder geschrumpft; auch das Verhältnis zu China ist aus Sicht der brasilianischen Exportwirtschaft zumindest durchwachsen. Die Exporte in die Volksrepubik liegen seit 2011 zwar bei über 40 Milliarden US-Dollar pro Jahr, steigen allerdings nicht mehr. Gleichzeitig beklagen brasilianische Unternehmen, Konkurrenten aus China jagten ihnen größere Marktanteile in den USA und sogar in Chile ab. Brasiliens Exporte sind insgesamt von den 261 Milliarden US-Dollar des Jahres 2011 auf nur noch 191,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015 gefallen; die Expansionskrise korrespondiert zudem mit einer eskalierenden Krise im Inland. Das Wachstumsmodell der PT-Regierungen funktioniert nicht mehr.

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Brasiliens Neuorientierung

Entsprechend leitet Interimspräsident Temer einen grundlegenden Wechsel in der Außenpolitik ein. Wie die SWP urteilt, führt „mit dem neuen brasilianischen Außenminister José Serra erstmals seit 2002 wieder ein Politiker – und nicht ein Mitglied des diplomatischen Apparats – das für seine strategische Rolle berühmte Itamaraty, Brasiliens Außenamt“. Dies deute „darauf hin, dass man eingeführte Rekrutierungs- und Denkmuster überwinden und sich an veränderten politischen Vorgaben orientieren möchte“9.

Der SWP zufolge sieht Temer „in der Kooperation mit den USA eine Chance zur Überwindung der Wirtschaftskrise“. Dem entspricht, dass Temer offenbar über beste Kontakte in die Vereinigten Staaten verfügt und sich, wie von WikiLeaks veröffentlichte Dokumente zeigen, schon 2006 den USA als Informant zur Verfügung stellte10. Laut der SWP bietet Brasiliens Neuorientierung nun auch Berlin und der EU die Chance, ihren Einfluss in dem Land und womöglich in ganz Lateinamerika weiter auszubauen. Die Bundesregierung müsste dazu freilich mit einer Regierung kooperieren, die sich in Brasilia per kaltem Putsch an die Macht gebracht hat. Außenminister Steinmeier verhandelt aktuell in Buenos Aires über einen Ausbau der Beziehungen zum Mercosur-Mitglied Argentinien. Argentinien wiederum war der erste Staat, der den Machtwechsel in Brasilien anerkannt und der neuen Regierung Unterstützung zugesagt hat.

II

Die Bundesregierung will ihre Zusammenarbeit mit dem rechtsliberal gewendeten Argentinien intensivieren und zielt auf die systematische Stärkung transatlantischer Positionen in Lateinamerika. Wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier am vergangenen Donnerstag bei seinem Besuch in Buenos Aires erklärte, wolle er dazu das „neue Momentum“ nach dem Amtsantritt des umstrittenen Staatspräsidenten Mauricio Macri nutzen. Macri, der – wie die neue Regierung Brasiliens – der reichen Elite seines Landes entstammt, ist mit Massenprotesten konfrontiert, die sich unter anderem gegen Massenentlassungen und exzessive Strom-, Wasser- und Gaspreiserhöhungen richten.

Zugleich nähert er Argentinien, das unter seiner Amtsvorgängerin auf eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber den transatlantischen Mächten bedacht war, an die USA und die EU an. So unterstützt er etwa die Bemühungen um den Abschluss eines EU-Freihandelsabkommens mit dem südamerikanischen Wirtschaftsbündnis Mercosur, an dem vor allem die deutsche Exportindustrie ein starkes Interesse hat. Die politische Entwicklung in Südamerika verheißt Berlin neue Chancen – nicht zuletzt im gemeinsam mit Washington geführten Einflusskampf gegen China.

Gewinne durch Freihandel

Exemplarisch für die neuen Chancen, die sich für Deutschland in Südamerika ergeben, stehen die neuen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen der EU mit dem Wirtschaftsbündnis Mercosur. Das Vorhaben ist im Kern nicht neu. Die Absicht, die Beziehungen zu dem 1991 gegründeten Bündnis zu intensivieren, hatte die EU bereits im Juni 1994 bekräftigt. Gespräche über ein Freihandelsabkommen leitete Brüssel im September 1999 in die Wege; im April 2000 wurden die Verhandlungen darüber in Buenos Aires in aller Form aufgenommen. Im Jahr 2004 wurden sie auf Eis gelegt, da in einer entscheidenden Frage kein Durchbruch erzielt werden konnte: Die EU, die eine weitreichende Öffnung des Mercosur für EU-Industrieprodukte verlangte, war nicht zu einer entsprechenden Öffnung für südamerikanische Agrarprodukte bereit.

Innerhalb der EU hatte vor allem Frankreich auf dem Schutz seiner Landwirtschaft bestanden, während Berlin sich von der Ausfuhr deutscher Industrieprodukte erhebliche Gewinne versprach und Paris deshalb energisch zum Nachgeben drängte – allerdings ohne Erfolg. Hinzu kam, dass in den Jahren ab 2003 die Mercosur-Staaten dank des boomenden Chinahandels eine Alternative zur Kooperation mit der EU hatten und daher nicht zum Nachgeben gezwungen waren. Im Mai 2010 wurden die Verhandlungen zwar formal wieder aufgenommen, führten jedoch nicht zum Ziel.

Ein neues Wachstumsmodell

Dies könnte sich nun ändern. Zum einen hat sich das Chinageschäft etwa des stärksten Mercosur-Mitglieds Brasilien nach einer Ära ungebrochenen Booms zuletzt eher durchwachsen entwickelt; auch sonst funktioniert das bisherige brasilianische Wachstumsmodell nicht mehr, weshalb die Rohstoff- und Agrarindustrie des Landes auf eine Wende weg vom Vorrang der Zusammenarbeit mit China und der Süd-Süd-Kooperation drängt.

Die neue, per kaltem Putsch an die Macht gelangte Regierung von Interimspräsident Michel Temer zielt offiziell auf eine engere Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten und der EU. Zum anderen hat Deutschland sich in der EU als Vormacht etabliert; es gilt als durchaus möglich, dass Berlin sich bezüglich einer Öffnung des EU-Agrarmarktes nun gegen Paris durchsetzen kann. Die EU und der Mercosur haben am 8. April die Freihandelsgespräche wieder aufgenommen und am 11. Mai neue Vorschläge ausgetauscht. Die Mercosur-Kernländer hätten inzwischen „ein nachhaltiges Interesse an einem Verhandlungsabschluss“, urteilt die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Mit Blick auf etwaige Widerstände, die vom Mercosur-Mitglied Venezuela zu erwarten sind, empfiehlt die SWP, bei Bedarf auf eine Spaltung des Bündnisses zu setzen: Venezuela sei von einer Freihandelsvereinbarung „gegebenenfalls … auszunehmen“11.

Sozialkürzungen und Massenproteste

Die Pläne für ein Freihandelsabkommen der EU mit dem Mercosur spielen auch beim aktuellen Argentinien-Besuch von Außenminister Frank-Walter Steinmeier eine Rolle. In Argentinien hat seit dem 10. Dezember 2015 mit Mauricio Macri ein rechtsliberaler Angehöriger der reichen Eliten das Amt des Staatspräsidenten inne. Macri krempelt – wie die ebenfalls den reichen Eliten ihres Landes entstammende neue Regierung Brasiliens – das Land weitreichend um.

So hat er Ende April Forderungen von US-Hedgefonds erfüllt, die seine Amtsvorgängerin Cristina Kirchner stets zurückgewiesen hatte, und ihnen 6,2 Milliarden US-Dollar überwiesen. Finanziert wird dies durch Kredite, die nun der argentinische Steuerzahler tragen muss12. Gleichzeitig sind Subventionen gestrichen worden, die der Bevölkerung zugute kamen; dadurch sind die Strompreise um bis zu 700 Prozent, die Preise für Leitungswasser um 500 Prozent, für Gas um 300 Prozent sowie für den öffentlichen Nahverkehr um bis zu 100 Prozent gestiegen.

Allein in den ersten vier Monaten von Macris Amtszeit sind mehr als 140.000 Angestellte staatlicher Behörden oder privater Unternehmen entlassen worden. Mitte Mai hat das Parlament ein „Eilgesetz für Arbeit“ verabschiedet, das die Massenentlassungen ein halbes Jahr lang stoppen soll; Macri hat es unmittelbar mit einem Veto außer Kraft gesetzt. Ende April demonstrierten landesweit mehr als 350.000 Menschen gegen die neoliberale Regierungspolitik; Mitte Mai gingen über 60.000 Studierende und Dozenten staatlicher Hochschulen auf die Straße13. Zuletzt war sogar ein Generalstreik im Gespräch.

Gemeinsamkeiten mit Deutschland

Macri orientiert Argentinien auch außenpolitisch völlig neu. Er hat angekündigt, wieder stärker auf den Mercosur zu setzen, und will das Land außerdem der „Pazifik-Allianz“ annähern, einem Bündnis, dem mit Mexiko, Kolumbien, Peru und Chile vier neoliberal geprägte, eng mit den Vereinigten Staaten kooperierende Pazifik-Anrainer angehören (german-foreign-policy.com berichtete14).

Die Neuausrichtung veranlasst Berlin, nun auch seinerseits wieder enger mit Buenos Aires zusammenzuarbeiten. Anfang Februar forderte die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Maria Böhmer, bei einem Aufenthalt in Argentinien, das Land solle nach Macris Amtsantritt „an Gemeinsamkeiten mit Deutschland, Europa und der Welt anknüpfen“15. Amtschef Steinmeier ließ sich mit der Aussage zitieren, Berlin und Buenos Aires müssten das „neue Momentum“ nutzen, um ihre Beziehungen wieder zu intensivieren16. Für Anfang Juli wird ein Besuch des argentinischen Staatspräsidenten in Berlin angekündigt. Die Zusammenarbeit mit dem rechtsliberal gewendeten Argentinien, das seinerseits die Militärkooperation mit den Vereinigten Staaten wieder aufgenommen hat, wird intensiviert.

Gegen China

Dabei ist die neue Nähe zu Buenos Aires Teil umfassenderer Bemühungen Berlins, die Kooperation mit denjenigen lateinamerikanischen Staaten auszubauen, die nicht – wie Venezuela oder Bolivien – gegen die transatlantische Hegemonie opponieren, sondern bereit sind, sich ihr unterzuordnen.

Im vergangenen Jahr hat Steinmeier mit Peru und Kolumbien zwei Staaten der Pazifik-Allianz besucht und sich um die Intensivierung der bilateralen Beziehungen bemüht17.

Im April dieses Jahres hat Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto sich in Berlin aufgehalten und dort ebenfalls neue Kooperationsschritte eingeleitet18. Die Bundesregierung will sogar die militärischen Beziehungen zu Peru, Kolumbien und Mexiko ausbauen. Außenminister Steinmeier wird nach seinem Aufenthalt in Buenos Aires nach Mexiko weiterreisen. Während der mexikanische Präsident im April Deutschlands „Führungsrolle“ pries, ist sein argentinischer Amtskollege, wie er bekräftigte, der Auffassung, Deutschland sei einer der „wichtigsten Partner“ seines Landes19.

Dies verheißt Berlin neue Geschäfte auf Kosten von Menschenrechten in Lateinamerika – nicht zuletzt beim Bestreben, den transatlantischen Einfluss auf dem Subkontinent gegen die weiterhin aufstrebende Volksrepublik China zu stärken, etwa durch den Ausbau seiner Handelspositionen.

Verweise:

  • Em diálogos gravados, Jucá fala em pacto para deter avanço da Lava Jato. www1.folha.uol.com.br 23.05.2016
  • 2.Glenn Greenwald, Andrew Fishman, David Miranda: New Political Earthquake in Brazil: Is It Now Time for Media Outlets to Call This a „Coup“? theintercept.com 23.05.2016
  • 3.Líder do governo Temer é alvo da Lava Jato, suspeito de tentativa de assassinato e réu em três ações no STF. www1.folha.uol.com.br 18.05.2016
  • 4.Eva Haule, Harald Neuber: Protest in Brasilien, Kritik an Absetzung von Rousseff in Lateinamerika. amerika21.de 14.05.2016
  • 5.Retrocessos não se negociam. Vamos combatê-los na luta.www.cut.org.br 16.05.2016. Vilma Guzmán: Gewerkschaftsverband CUT in Brasilien erkennt De-facto-Regierung nicht an. amerika21.de18.05.2016
  • 6.Günther Maihold: Brasiliens Krise und die regionale Ordnung Lateinamerikas. SWP-Aktuell 36, Mai 2016
  • 7.Siehe dazu Umrisse einer multipolaren Welt und Der Überlegenheitsanspruch des Westens
  • 8.Gründungs- und Kernmitglieder des Mercosur sind Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay. Venezuela gehört dem Bündnis seit 2012 an, Bolivien befindet sich seit 2015 im Beitrittsprozess
  • 9.Günther Maihold: Brasiliens Krise und die regionale Ordnung Lateinamerikas. SWP-Aktuell 36, Mai 2016
  • 10.PMDB Leader Ponders Party’s Electoral Options. 11.01.2006. wikileaks.org
  • 11.Günther Maihold: Brasiliens Krise und die regionale Ordnung Lateinamerikas. SWP-Aktuell 36, Mai 2016
  • 12.Denis Mainka: Argentinien zahlt Hedgefonds aus. amerika21.de26.04.2016
  • 13.Denis Mainka: Präsident Mauricio Macri blockiert Sozialgesetz für Argentinien. amerika21.de 24.05.2016
  • 14.Siehe dazu Die Strategie der Pazifik-Allianz
  • 15.Siehe dazu Deutschlands Führungsrolle
  • 16.Steinmeier fordert Argentinien zu Reformen mit Augenmaß auf.www.dw.com 02.06.2016
  • 17.Siehe dazu Die Allianzen der Zukunft
  • 18.Siehe dazu Von Sturmgewehren und Menschenrechten
  • 19.Steinmeier bestärkt Argentinien bei Reformkurs. www.zeit.de 02.06.2016

Quellen: PublicDomain/amerika21.de am 18.06.2016

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