Endlich hat mit der „ARD“ einer der großen Fernsehsender den Skandal aufgegriffen, der eigentlich schon seit ca. vier Jahren von den Fakten her bekannt ist. In der Sendung „Report München“ vom 5. April wird aufgedeckt, dass es zu einer massiven Häufung von Krebsfällen bei Anwohnern der niedersächsischen Erdgas- und Fracking-Industrie kommt.
Vor allem dort, wo das Lagerstättenwasser, also die mit dem Fracken hochgespülte Giftbrühe, wieder ins Erdreich versenkt wird, sind viele der in der Nähe wohnenden Menschen an Krebs erkrankt oder bereits verstorben.
Besonders häufig sind bösartige Lymphome und Leukämien. „Report“ berichtet: „Das Krebs-Register Niedersachsen hat die Zahlen ausgewertet. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit für Männer im Landkreis Rotenburg an Leukämie oder Krebs-Lymphomen zu erkranken um 31 Prozent höher als sonst, in der Samtgemeinde Bothel sogar um 95 Prozent höher als im Durchschnitt in der Region.
Insgesamt: mehr als 100 solcher Krebsfälle.“ Die Behörden und die niedersächsische SPD-Grüne-Landesregierung glänzen durch Untätigkeit. Auch „Report“ hegt den Verdacht, dass dies mit den 600 Millionen Euro zu tun hat, die durch die Erdgasförderung jährlich in die Staatskassen der Bundesländer, vor allem des Landes Niedersachsen gespült werden.
Das bisherige Maximum der Aktivität: Eine Fragebogenaktion des Landkreises an die Betroffenen. Und das trotz der dringenden Warnungen und Forderungen der Ärzte in der Region!
Spätestens jetzt wird klar: Es reicht nicht, gegen vorgesehene neue Fracking-Maßnahmen in Deutschland zu protestieren. Fracking muss generell verboten werden, weltweit, und damit auch die bereits laufenden Fracking-Aktivitäten der Erdgasindustrie in Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Das gilt auch für „Probebohrungen“, wie sie z.B. am Niederrhein wieder aktuell geplant sind und von der Landesregierung NRW trotz ihres „Fracking-Moratoriums“ toleriert werden – ganz im Sinne des noch nicht verabschiedeten Fracking-Gesetzes der Bundesregierung!
41 statt 21 Neuerkrankungen
„Die Patienten sind irritiert und beunruhigt“, sagt einer der Ärzte, der Umweltmediziner Dr. Matthias Bantz. Deshalb haben 80 Prozent der niedergelassenen Ärzte und 75 Prozent der Klinikärzte des Ortes unterschrieben. Kein Wunder. Denn nach Zahlen des epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen sind in den Jahren 2003 bis 2012 41 Männer in der Gemeinde Bothel an Blutkrebs oder Lymphdrüsenkrebs erkrankt.
Statistisch zu erwarten gewesen wären 21 Neuerkrankungen, geht aus dem Register hervor. In Rothenburg liegt die Steigerung bei 30 Prozent bei Männern über 60 Jahren.
Ob Rückstände aus der Erdgasförderung oder Fracking-Bohrlöcher für die Erkrankungen ursächlich sind, sei derzeit unklar, sagte Ministeriumssprecher Uwe Hildebrandt der „Ärzte Zeitung“. Diese Position wiederholte Rundt auf dem Treffen in Rotenburg. Inzwischen habe der Landkreis in Bothel 8000 Fragebögen an die Haushalte verteilt, weil das Krebsregister für die fraglichen Jahre nur anonymisierte Daten vorhält. Der Rücklauf betrug 5000 Bögen (Gasförderungs-Studie: Fracking führt zu mehr Frühgeburten (Video)).
Video:
https://www.youtube.com/watch?v=2FhS0yi4KaQ
Kein Fracking bei Trinkwasser-Förderung
„Die Auswertung läuft, sagt Hildebrandt. Und dass es keinen Hinweis auf den Zusammenhang zwischen Bohrungen und den Erkrankungen gebe. Man könne ihn weder konstatieren noch ausschließen. Diesen Standpunkt vertrat Rundt auch bei ihrem Besuch in Rothenburg.
Bantz allerdings findet einen Zusammenhang zwischen den Bohrungen und den Erkrankungen plausibel. „Leukämie und Lymphdrüsenkrebs sprechen jedenfalls sehr auf Benzole an, die bei den Bohrungen frei werden können“. Die Ärzte forderten deshalb bei dem Treffen mit der Ministerin, dass sofort gehandelt wird. „Wir fordern, dass nach dem Vorsorgeprinzip vorgegangen wird“, sagt Bantz. „Bis die Unschädlichkeit bewiesen ist, müssen die Förderungen aus dem Verkehr gezogen werden.“
Rotenburgs Bürgermeister Andreas Weber wäre schon froh, wenn keine zusätzlichen Anlagen gebaut und die bestehenden genau beobachtet würden. „Wir wollen kein Fracking, wo Trinkwasser gefördert wird“, sagte Weber der „Ärzte Zeitung“. Indessen sei die Rotenburger Rinne, eine Trinkwasser führende Schicht, schon mehrfach durchbohrt worden. „Auch Bremen fördert daraus Trinkwasser.“ (Forscher finden Fracking-Chemikalien im Trinkwasser)
Es scheint typisch zu sein, wie es in Deutschland läuft: Bürger müssen lange kämpfen, Jahre vergehen bis Aufklärung kommt. Und die Industrie macht einfach weiter und Menschen sterben.
Literatur:
Aus kontrolliertem Raubbau: Wie Politik und Wirtschaft das Klima anheizen, Natur vernichten und Armut produzieren von Kathrin Hartmann
Der Grüne Blackout: Warum die Energiewende nicht funktionieren kann von Alexander Wendt
Der geplünderte Planet: Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen von Ugo Bardi
Quellen: PublicDomain/aerztezeitung.de/rf-news.de/br.de am 15.04.2016
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