Schon seit über 12.000 Jahren wird Cannabis in sämtlichen Weltkulturen als Nutz- und Heilpflanze verwendet, Experten bestätigen die positiven Effekte vielfach. In der Öffentlichkeit gilt die Pflanze allerdings weithin als anrüchige Droge, als ein Rauschmittel, mit dem man besser nicht in Berührung kommt.
Dabei konsumieren dieselben Menschen, die Hanf generell verteufeln, oft völlig unkritisch die fragwürdigsten Pharmaprodukte, mit weit schlimmeren Nebenwirkungen. Schnell vergessen Kritiker, dass Hanfpflanzen aus der Kulturgeschichte der Menschheit überhaupt nicht wegzudenken sind. Zu umfangreich war ihr Nutzungsspektrum – aber vielleicht machte genau diese Eigenschaft sie schließlich zur gefährlichen Konkurrenz für so manchen Industriezweig.
Fakt ist, dass Hanf den Menschen bereits seit ganzen Zeitaltern mit Arzneien, Textilfasern und Nahrung versorgt. Er erweist sich als eine der weltweit am meisten angebauten Pflanzen überhaupt. Von Schädlichkeit zunächst also keine Rede, im Gegenteil. Später reduzierte sich die Anwendung mehr und mehr auf ein Rauschmittel, und damit geriet die Pflanze in einen zunehmend schlechten Ruf.
Wie effektiv sie allerdings als alternatives Heilmittel bei einer ganzen Reihe auch schwerer Erkrankungen eingesetzt werden kann, wurde nur noch selten gewürdigt. Glücklicherweise aber geriet das Wissen um die positiven Wirkungen nicht vollends in Vergessenheit. Gerade auch auf dem alternativmedizinischen Sektor fanden sich in den vergangenen Jahren wieder mehr und mehr Befürworter. Doch die juristischen Beschränkungen erschwerten vieles (Warum ist Cannabis verboten? Die wahren Gründe sind schlimmer, als ihr denkt).
In Deutschland gestaltete sich die Sachlage bislang so: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) genehmigte deutschlandweit einigen Hundert Patienten den Apothekenbezug von Cannabis zur jeweils »medizinisch betreuten Selbsttherapie«. Nur war das Problem damit für viele noch nicht gelöst.
Immerhin belaufen sich offiziellen Angaben der Apothekerverbände zufolge die Kosten für ein einziges Gramm Cannabis zwischen etwa 15 und 18 Euro. Und diese Kosten werden von den Krankenkassen nicht übernommen, der Patient muss selbst zahlen. Nicht jeder kann sich das leisten. Alternative: Selbstanbau. Der aber war bisher strafbar (Zahl der Todesfälle aufgrund einer Marihuana-Überdosis im ganzen Jahr konstant – bei null).
Ein seit über 30 Jahren an Multipler Sklerose (MS) leidender Patient aus Mannheim klagte bereits wiederholt, um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Schon 2014 entschied ein Kölner Gericht und gestattete Schwerkranken den Eigenanbau von Cannabis zu entsprechenden therapeutischen Zwecken.
Sofort aber ging das BfArM in die Offensive und legte Berufung ein. Denn schließlich sei die Qualität des selbst angebauten Produkts nicht vergleichbar mit derjenigen von Apotheken-Cannabis. Die Konzentration des Wirkstoffs THC variiere und sei daher nicht kontrollierbar.
Jetzt endlich drang der schwerkranke Patient aus Mannheim in letzter Instanz durch und erhielt die notwendige Genehmigung für den Selbstanbau. Wie die Bundesrichter verfügten, müsse einem Patienten der Cannabis-Zugang ermöglicht werden, sofern keine anderen Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stünden (Cannabis kann menschliches Nervensystem heilen, das wissen wir seit Jahrhunderten).
Über solche Fälle berichtet auch der amerikanische Autor Michael Backes in seinem Buch Cannabis als Medizin, ein echtes Standardwerk, das durch die jüngste richterliche Entscheidung so aktuell wird wie nie zuvor. Backes leitet unter anderem das Cornerstone Research Collective, das erste kalifornische Kollektiv zur Erforschung von medizinisch genutzten Cannabis-Pflanzen. Auch aus sehr persönlichen Gründen hat sich Backes äußerst intensiv mit Cannabis auseinandergesetzt.
Denn er litt selbst jahrelang an schweren Migräne-Attacken, die er schließlich mittels Cannabis in den Griff bekam. Ursprünglich arbeitete Backes viele Jahre in der Unterhaltungsindustrie und war für visuelle Effekte zuständig, assistierte dabei auch Michael Crichton bei der Buchrecherche. Bald aber vertiefte er sich in das Thema der medizinischen Nutzung von Cannabis. Gerade auch als selbst Betroffener, der immer wieder Schmerzattacken erlebte, lag ihm die Suche nach Lösungen am Herzen.
Seine jahrelange intensive Auseinandersetzung mit der therapeutischen Nutzung von Hanf hat sich in einem überaus lesenswerten Leitfaden niedergeschlagen. Sein Buch dürfte vielen Betroffenen als authentischer und umfassender Ratgeber dienen.
Dabei geht es nicht nur um die heutigen Erkenntnisse, auf welche Weise Cannabis das körpereigene System beeinflusst, sondern auch um sehr wesentliche praktische Fragen: Wie wird Cannabis am besten vorbereitet, wie richtig dosiert und verabreicht? Auch der notwendigen Überwachung und korrekten Einstellung der Dosierung widmet sich der Autor.
Backes bezieht sich auf Hunderte moderne Studien, ohne sich deshalb in »Fachchinesisch« zu verlieren. Sein Anspruch ist ein ganz anderer: Er will allgemeinverständlich, aber korrekt informieren. Bemerkenswert dabei auch die Vielzahl der Erkrankungen, bei denen Ärzte medizinisches Marihuana verschreiben.
Von Multipler Sklerose war bereits die Rede, doch das sinnvolle Anwendungsspektrum reicht von chronischen Schmerzen über Migräne bis hin zur Behandlung von Nebenwirkungen der Chemotherapien, Alzheimer, Parkinson und anderen schweren Krankheitsbildern (Krebs: Sein Gehirntumor hörte plötzlich auf zu wachsen, weil er dieses verbotene Medikament nahm).
Nun gibt es verschiedene Cannabiszüchtungen, wobei der Einzelfall entscheidet, welche als effektivste zu wählen ist. Auch diesem Umstand trägt der Autor sachkundig Rechnung. Dazu beschreibt er 27 der am meisten verbreiteten Züchtungen, um dabei natürlich stets auch diejenigen Erkrankungen zu nennen, die am wirksamsten mit der jeweiligen Züchtung therapierbar sind.
Das Buch dürfte nicht nur für Patienten eine Fundgrube sein, sondern ebenso für Therapeuten. Es behandelt ein bedeutsames Thema in ausgewogener Darstellung, um Cannabis wirklich gerecht zu werden und damit Patienten mit unterschiedlichsten Krankheitsbildern zu unterstützen, endlich doch ein besseres Leben führen zu können.
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Literatur:
Der Cannabis Anbau : Alles über Botanik, Anbau, Vermehrung, Weiterverarbeitung und medizinische Anwendung sowie THC-Messverfahren von Lark-Lajon Lizermann
Haschisch Anno 1855: Das narkotische Genussmittel Hanf und der Mensch (Edition Rauschkunde) von Ernst von Bibra
Die Behandlung mit Cannabis und THC: Medizinische Möglichkeiten, Rechtliche Lage, Rezepte, Praxistipps von Franjo Grotenhermen
Quellen: PublicDomain/info.kopp-velag.de am 11.04.2016
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