Das Hotel „Jalta“ auf dem Prager Wenzelsplatz galt Jahre lang als eines der besten Hotels in der tschechischen Hauptstadt. Seit seiner Eröffnung sind nun 55 Jahre vergangen und gegen Ende 2013 wurde im unterirdischen Atombunker unter dem Hotel ein Museum des kalten Krieges eröffnet.
Das Hotel „Jalta“ steht am oberen Teil des Wenzelsplatzes. Folgt man dem Platz vom Nationalmuseum nach unten, passiert man das verzierte hell gestrichene Hotelgebäude auf der rechten Seite. Es entstand in einer Baulücke, die 1945 von einer verirrten Bombe gerissen worden war.
1952 setzte sich der damalige Präsident Antonín Zápotocký für den Bau eines Luxushotels auf dem Prager Boulevard ein. 1958 wurde dann das Hotel „Jalta“ eröffnet. Niemand hat vorher geahnt, wozu das „Jalta“ dienen sollte, sagt Hoteldirektor Daniel Řepa:
„Das Luxushotel wurde einzig und allein erbaut, um einen unterirdischen Atomschutzraum zu tarnen. Es wurde damit gerechnet, dass dort bis zu 200 Menschen einen Monat lang überleben konnten. Im Fall eines Krieges sollte das Hotel sogar als Militärhauptquartier der Staaten des Warschauer Paktes dienen.
Die Betonmauern des Atomschutzraums sind drei Meter breit. In den 1960er bis 1970er Jahren die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland seinen Sitz im „Jalta“. Der kommunistische Geheimdienst hörte damals die Telefongespräche und die Kommunikation der Diplomaten sowie bestimmter weiterer Gäste ab. Die zuständige Abhöranlage befand sich im Atombunker unter dem Gebäude.“
Im Hotel wurden in den 1970er Jahre viele kommunistische Politiker, aber auch arabische Waffenhändler untergebracht. Für die Normalsterblichen galt das „Jalta“ als unzugänglich. Es war fast unmöglich, ohne vorherige Zimmerreservierung im „Jalta“ zu übernachten. 90 Prozent der Reservierungen seien damals über das staatliche Reisebüro Čedok vermittelt worden, sagt Pavel Hlinka (Tunnelsystem: Unter der Spree entlang zum Reichstag).
Er leitete das Hotel in den 1980er Jahren und habe dort auch Kurioses erlebt:
„Es gab hier damals eine Bar Namens Krym. Doch alle haben sie nur ´Krimi-Bar´ genannt. An der Bar saßen die so genannten ´veksláci´ – also jene Typen, die während des Kommunismus Geschäfte mit Devisen machten, Taxifahrer und Prostituierte.“
Das Hotel „Jalta“ wurde in den Jahren 1954 bis 1958 nach einem Entwurf des tschechischen Architekten Antonín Tenzer erbaut. Vorher standen an diesem Ort zwei Mietshäuser, die vom Ende des 19. Jahrhunderts stammten. Petr Kučera ist Architekt und Stadtplaner und ist ein Kenner der Prager Architektur:
„Die beiden Mietshäuser hatten großartige Fassaden im Stil der Neorenaissance. Im Erdgeschoss befanden sich Geschäfte, in den oberen Etagen Wohnungen. Interessant ist, dass eines der Häuser auch Türme hatte. Denn Ende des 19. Jahrhunderts, als viele ältere Häuser abgerissen wurden, beschloss der Prager Stadtrat, dass die Eckhäuser im Stadtzentrum Türme haben müssen. Damit versuchten die Stadtväter, das historische Antlitz von Prag aufrechtzuerhalten. Eines der beiden Mietshäuser wurde dann während des Zweiten Weltkriegs von einer Bombe zerstört.“
Das Hotel „Jalta“ füllte eine der Baulücken, die es auf dem Wenzelsplatz nach dem Krieg gab. In den anderen Baulücken, am oberen Ende des Boulevards, wurden das so genannte Haus der Lebensmittel (Dům potravin) und ihm gegenüber das Haus der Mode (Dům módy) erbaut. Sie seien beide gut gestaltet worden, so Petr Kučera:
„Die 1950er Jahre standen hierzulande eigentlich im Zeichen des sozialistischen Realismus. Es ist interessant, dass sich das Hotel „Jalta“ von der damals typischen Architektur doch sehr unterscheidet. Architekt Tenzer hatte in der Zwischenkriegszeit moderne funktionalistische Gebäude gebaut. Mit dem Entwurf für das Hotel versuchte er, an den Baustil der Vorkriegszeit, den so genannten Dekorativismus, anzuknüpfen.
Deswegen ähnelt das Hotelgebäude eher der Prager Stadtbibliothek als dem ehemaligen Prager Hotel International, heute Crown Plaza, welches vollständig im Stil des sozialistischen Realismus gestaltet wurde. Die Fassade des Jaltas mit seinem Travertin-Mantel erinnert an französische Paläste. Das einzige, was an der Hotelfassade dem sozialistischen Realismus entspricht, sind die Pfeiler in der ersten Etage mit Arbeiter- und Bauernstatuen. An der Palastfassade fallen die großen Plastiken auf, sie werden gerne von Touristen fotografiert.“ (“Weltuntergangsbunker”: Das Luxus-Domizil unter Deutschland (Videos))
Den Travertin für die Fassade hat Präsident Zápotocký selbst ausgesucht. Denn er war ein gelernter Steinmetz, fügt Petr Kučera hinzu:
„Dank seiner Fassade unterscheidet sich das Hotel von der Architektur in der Umgebung. Mit seiner Eleganz und mit viel Licht erinnert das Gebäude eher an französische Paläste und an die Zeit der Ersten Republik als an die düsteren kommunistischen 1950er Jahre.“
An die 1950er erinnert jedoch der unterirdische Atomschutzraum. Anlässlich des 55. Jahrestags des Hotels verwandelte die Hotelleitung einige der unterirdischen Räumlichkeiten in ein Museum des kalten Kriegs.
Bei der Gestaltung und Verwaltung des Museums arbeitet das Hotel mit einem Verein zusammen. Dieser konzentriert sich auf die Geschichte der tschechoslowakischen Streitkräfte. Die Räume seien bei der Übernahme durch den Verein leer gewesen, von der Originalausstattung sei nichts mehr erhalten geblieben, sagt Vereinsmitglied Jiří Paldus:
„Wir wollen auf eine interaktive Weise den Besuchern die Atmosphäre der damaligen Zeit vermitteln. Beim Betreten des Atomschutzraums gehen die Besucher zuerst durch den Gang, in dem die Dekontamination durchgeführt werden sollte.
Dann folgen die Telefonzentrale und eine Ambulanz. Die weiteren Räume haben wir wie ein Büro der Grenzwache, ein Büro der Zöllner und wie eine Polizeidienststelle aus der kommunistischen Zeit eingerichtet. Danach geht es in den so genannten Abhörraum.“
Video: Das Prager Luxushotel „Jalta“ am historischen Wenzelsplatz bietet für Gäste eine besondere Attraktion: ein Atombunker mit Operationssaal, Abhöranlage und Waffenkammer aus der Zeit des Kalten Krieges.
Über der Abhöranlage hängt ein Plan des Hotels mit den einzelnen Zimmern. Sie sind mit verschiedenen Farben gekennzeichnet. Zimmer mit besonders wichtigen Gästen wurden rot markiert (Die Eliten sind die paranoidsten Prepper überhaupt: Superjachten, Flucht-U-Boote und Luxus-Bunker (Videos)).
Die Besucher können sich hier eine Vorstellung darüber machen, wie die Hotelgäste damals bespitzelt wurden. Paldus zufolge war der Atomschutzraum ständig besetzt. An der Abhöranlage habe immer jemand vom Geheimdienst gesessen, meint er:
„Offiziell wurde den Hotelangestellten gesagt, dass sich hier ein Raum für den Zivilschutz befindet. Und dieser Raum müsse kontrolliert werden. Die Hotelangestellten sollten sich darum nicht kümmern. Niemand von ihnen hat wahrscheinlich gewusst, was sich hier wirklich abspielte.“
Litertur:
Bunker in Berlin: Zeugnisse des Zweiten Weltkrieges (Orte der Geschichte) von Holger Happel
Faszination Bunker: Steinerne Zeugnisse der europäischen Geschichte von Martin Kaule
DuMont Bildband Stillgelegt: 100 verlassene Orte in Deutschland und Europa von Thomas Kemnitz
Bunker aus dem Kalten Krieg: Wie Westdeutschland den 3. Weltkrieg überleben wollte von Christoph Lubbe
Quellen: PublicDomain/tagesschau.de/radio.cz am 10.02.2016
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