Immer mehr Kinder werden laut einem Bericht der „Welt“ von ihren Eltern getrennt und zu Pflegeeltern oder in Heime gebracht – sogar ins Ausland. Im vergangenen Jahr wurden demnach mehr als 48 000 Minderjährige von den Jugendämtern „in Obhut“ genommen.
Die Zahl der Kinder, die von ihren Familien getrennt und auf Staatskosten untergebracht werden, hat sich in den vergangenen Jahren beinahe verdoppelt. Sozialdienste, welche die Heime betreuen, verdienen derzeit allein an der stationären Unterbringung 9 Milliarden Euro.
2005 erfolgten etwa 26.000 „Inobhutnahmen“, wie die Welt unter Berufung auf eine noch unveröffentlichte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) berichtete. 2014 waren es schon 48.000 Fälle.
Bei der Häufigkeit und den Kosten gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. „So treten in Niedersachsen nur fünf sogenannte Verfahren zur Gefährdungseinschätzung pro tausend unter 18-Jährigen auf, während es in Mecklenburg-Vorpommern knapp 17 Fälle und im Stadtstaat Bremen sogar 23 Fälle sind“, zitiert die Zeitung die Ökonomen.
Die Unterbringungskosten sind eklatant unterschiedlich – warum das so ist, dafür haben die Forscher keine Erklärung. Für ein Kind, das im Heim untergebracht wird, verzeichnet Nordrhein-Westfalen mit knapp 36.000 Euro pro Fall die höchsten Ausgaben, dicht dahinter folgt Niedersachsen. In ostdeutschen Ländern, aber auch in Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen sind die Heime deutlich kostengünstiger.
Auch wenn es nicht zu einem Sorgerechtsentzug der Eltern, sondern lediglich zu Beratungen kommt, differieren die Kosten und der damit verbundene Umsatz von Sozialdiensten in den Bundesländern erheblich.
Das größte Problem sehen die Ökonomen im Jugendhilfeausschuss. Dieser hat den Status eines kommunalen Verfassungsorgans und fällt die Entscheidungen, über den finanzielle Rahmen und die Maßnahmen die gegenüber einem Kind und seiner Familie ergriffen werden. Das Problem ist, dass hier Behördenvertreter und Anbieter sozialer Dienste wie etwa die Diakonie, die Caritas oder die Arbeitgeberwohlfahrt, gemeinsam entscheiden, was mit einem Kind passiert.
„Freie Träger sind also an Entscheidungen beteiligt, die sie selbst betreffen – sie können dafür sorgen, dass sie selbst Aufträge erhalten“, mahnt das IW (Bundesverfassungsgericht stellt klar: Kinder gehören dem Staat).
Cui bono?
Allein die stationäre Unterbringung von Kindern bringt den Sozialdiensten Einnahmen von rund neun Milliarden Euro jährlich. „Vor diesem Hintergrund stimmen die hohen Wachstumsraten bei der Inobhutnahme mit 65 Prozent (seit 2005) und bei der Unterbringung in Einrichtungen mit 20 Prozent (seit 2008) bedenklich“, so die Studie.
Für die freien Träger sei es deutlich lohnender, wenn die Kinder in Einrichtungen untergebracht würden. Ob die Leistungen dann tatsächlich stattfinden und ob sie wirklich gut und zielführend seien, prüfe niemand, bemängelt das IW (Jugendamt: gegen Eltern, gegen Kinder – jetzt auch gegen Meinungsfreiheit – eine akute Warnung für Eltern).
Skandal im Jugendamt
Mit Kindern Kasse machen? Wie Heimkinder ins Ausland verbracht werden. Wenn das Jugendamt einschreitet und Kinder aus Familien heraus nimmt, schlägt die Stunde der privaten Träger, die sich um die Unterbringung der Jugendlichen kümmern sollen. Ein riesiger Markt, der offenbar kaum kontrolliert wird und der ganz neue Geschäftsmodelle schafft. MONITOR-Recherchen decken ein System auf, in dem Jugendliche in dubiosen Einrichtungen im Ausland eher verwahrt statt pädagogisch betreut werden, während die Verantwortlichen in Deutschland dafür öffentliche Gelder kassieren (hier geht es zum Video-Beitrag).
Leben in Ungarn, kiffen und ausschlafen statt Schule – ein Bericht des ARD-Magazins „Monitor“ über die Unterbringung von deutschen Heimkindern in Ungarn schlägt Wellen der Empörung in Gelsenkirchen. Der Leiter des städtischen Jugendamts und sein Stellvertreter sollen vier Jahre lang Kinder aus einem Gelsenkirchener Heim wegen angeblicher Überbelegung über eine von ihnen privat gegründete Firma nach Ungarn verschickt haben. Dafür hätten sie 5500 Euro pro Kind und Monat vom Staat kassiert.
Oberbürgermeister Frank Baranowski reagierte „fassungslos“ und stellte die Jugendamtsleitung umgehend vom Dienst frei. Die Stadt und sämtliche Aufsichtsbehörden arbeiten unter Hochdruck an der Aufklärung. Am Montag sollen gleich vier kommunale Ausschüsse Licht in den Fall bringen. Der in die Kritik geratene Jugendamtsleiter Alfons Wissmann weist die Vorwürfe indes entschieden zurück.
Jugendamtsleiter hatte ungarische Firma gegründet
In dem Fernsehbericht kommt ein heute im Allgäu lebender Jugendlicher zu Wort, der zweieinhalb Jahre im ungarischen Pecs verbrachte. „Wenn wir nicht zur Schule gehen wollten, durften wir auch weiterschlafen“, erzählt Marcel H. Die Heimkinder hätten auch kiffen dürfen. „Das war eigentlich alles egal, oder es wurde halt darüber hinweggeschaut bzw. nicht gesehen.“ Ein ungarischer Betreuer erzählt, Erzieher hätten die Kinder oder Jugendlichen nach Pecs gebracht „und einfach dort stehen lassen bei uns“. Und weiter: „Wir hatten keine Methode, wir haben einfach nur was gemacht.“
Im Jahr 2004 hatten die Jugendamtsleiter die ungarische Firma „Neustart“ gegründet. Schon kurz darauf gab es nach Angaben der Stadt Gelsenkirchen eine „kritische Nachfrage“ der Stadtverwaltung. Daraufhin hätten beide Dienstkräfte versichert, „dass sie von der beantragten Nebentätigkeit Abstand nehmen“. Praktisch lief das so, dass die beiden ihre Anteile an der Firma an Familienmitglieder übertrugen. Der Heimbetrieb in Ungarn lief weiter – mit den beiden Jugendamtsleitern als Vermieter, bis „Neustart“ nach Angaben Wissmanns 2008 der Konkurs drohte. Es seien „nie Gewinne“ an ihn oder seine Frau geflossen, heißt es in einer der dpa vorliegenden Erklärung Wissmanns.
Deutsche Heimkinder werden offenbar öfter nach Ungarn geschickt
In Gelsenkirchen rückt das Heim St. Josef mit rund 100 Kindern und Jugendlichen ins Visier. Von dort sollen laut „Monitor“ Kinder weiter nach Ungarn geschickt worden sein. Es habe keine Vereinbarung gegeben, „dass ich für eine gute Auslastung des Kinderheimes sorge und das Kinderheim im Gegenzug Kinder nach Ungarn schickt“, erklärt Wissmann. Es sei kein Jugendlicher aus Gelsenkirchen in einer Einrichtung von „Neustart“ gewesen. Im Jahr 2008 habe nur noch ein Jugendlicher in Ungarn gelebt. Insgesamt seien acht Jugendliche dort für je sieben bis acht Monate dort untergebracht gewesen. Immer seien vier Fachkräfte vor Ort beschäftigt gewesen – es habe sich nicht um eine „Nebenbeipädagogik“ gehandelt.
Dass Heimkinder aus Deutschland nach Ungarn geschickt werden, ist wohl kein Einzelfall. Auch ein Junge aus einem Heim in Dorsten ist dem „Monitor“-Bericht zufolge nach Ungarn gebracht worden – auf einen heruntergekommenen Bauernhof bei einem Handwerker. Schule habe er zweimal die Woche zwei Stunden über Internet, erzählt der elfjährige Paul. Die Stadt wehrt sich nun gegen den Vorwurf, der Junge sei pädagogisch nur mangelhaft betreut worden. Der Fall werde aber geprüft.
Literatur:
Il Germanizi: Jugendamt Deutschland und die Jagd auf Kinder in Gozo von Beate Kelly
Wenn das die Deutschen wüssten…: …dann hätten wir morgen eine (R)evolution! von Daniel Prinz
Wem gehören unsere Kinder? Dem Staat, den Eltern oder sich selbst?: Ansichten zur Frühbetreuung von Jesper Juul
Wir konsumieren uns zu Tode: Warum wir unseren Lebenssti ändern müssen, wenn wir überleben wollenl von Armin Reller
Quellen: PublicDomain/epochtimes.de am 28.12.2015
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