Läuten für die US-Fracking-Industrie die Totenglöckchen? Das ist der Hintergrund, der die Börsen erschüttern könnte: Im Jahr 2009 überredeten die Lobby-Kohorten der US-Ölindustrie die Securities and Exchange Commission (die Börsenaufsicht) zur Einführung neuer Bilanzregeln.
Ausgewiesen werden durften seitdem sämtliche Reserven im Boden, selbst wenn sie in den nächsten fünf Jahren nicht angezapft würden.
Die tatsächlichen Ölpreise, die darüber bestimmen, ob die Vorkommen im Schiefergestein in der Tiefe profitabel abgebaut werden könnten, sie spielten keine Rolle. Über Nacht schwollen die Bestände und Bücher der Fracking-Firmen um viele Milliarden Barrel Öl an, sie verdoppelten sich fast.
Dass dies nur auf dem Papier geschah, interessierte keinen. Die Aussicht auf einen viele Jahre währenden Boom lockte Investoren von überall her an. Sie warfen den jungen Frackern das Geld nur so hinterher.
Doch die neue Regel hatte einen Haken
Und der holt die Industrie jetzt gnadenlos ein, weil er eine radikale Neubewertung dieser öligen Luftschlösser in der Tiefe erzwingen wird. Denn die lockere Bilanzierung, die immenses Kapital an die Schiefergas- und Schieferöl-Quellen von Texas bis North Dakota lockte, hat ein Verfallsdatum. Sie galt nur bis 2015.
Und jetzt läuft sie aus.
Konsequenz: In den nächsten Monaten müssen viele schuldengeplagte Firmen die Vorkommen neu in den Bilanzen ausweisen. Jetzt können sie nur noch das aufführen, was sie zu aktuellen Marktpreisen profitabel abbauen können. Und das ist nur noch ein Bruchteil der Vorkommen, die in den Potemkin-Bilanzen stehen.
Das bedeutet, dass Milliarden-Investments von Fonds sowie Bankenkredite zügig abgebaut und zurückgezogen werden. Das wird sich abspielen wie bei dem berühmten Bild von der Flut, die zurückweicht und den nackten Kaiser ohne Kleider zum Vorschein bringt.
Der Optimismus in dieser Branche, die die US-Konjunktur in den vergangenen vier Jahren angetrieben hat wie keine andere, wird genauso implodieren wie zuvor die Ölpreise, die seit 2011 von über 100 Dollar auf jetzt unter 40 Dollar je Barrel gefallen sind.
Milliarden und Abermilliarden von Dollar haben die Fracking-Firmen mithilfe ihrer aufgeblähten Bilanzen und schönen Power-Point-Präsentationen, die sie in Investorenkonferenzen an die Leinwände zauberten, aufgenommen. Jetzt wird ein Teil dieses Geldes zurückgefordert. Denn die Banken haben Ölvorkommen finanziert, und nicht Traumschlösser im Boden.
Eine der größten Firmen der Branche, Chesapeake Energy, muss auf einen Schlag 1,1 Milliarden Barrel Öl aus den Büchern streichen, das sind 45 Prozent des bislang angegebenen Bestandes. Das sind die Größenordnungen, in denen die Industrie zur Wahrheit zurückkehren und ihre Bücher bereinigen muss.
Die Bill Barrett Corp. in Denver, ein anderer Fracking-Förderer, muss seine Vorkommen um 40 Prozent drosseln, Oasis Petroleum um 33 Prozent. Das ist wie Enron, nur mit Brandbeschleuniger.
Die »Shale-Revolution«, wie das angebliche Fracking-Wunder in den USA bis heute genannt wird, hat Amerika in die Nähe der Selbstversorgung bei fossilen Brennstoffen gebracht und zum größten nationalen Ölproduzenten vor Giganten wie Saudi-Arabien und Russland gemacht.
Jetzt geht der Traum aber schneller zu Ende, als er begonnen hat. Die bange Frage ist, wie viele Banken das mit in die Tiefe reißen kann, wenn Hunderte von Fracking-Firmen ihre Kredite nicht mehr bedienen können.
Und die viel größere Frage ist:
Was passiert dann an den Börsen, wenn auch die andere riesige Bilanz-Trickserei ein Ende hat, die von Notenbanken mit Billionen von Dollars seit 2008 aufgeblasenen Börsen? Wenn dieses Börsen-Viagra von den Notenbanken in Washington, Frankfurt und Tokio aus dem Kreislauf gezogen wird, dann wird die Menschheit über Generationen hinweg die besten Zeiten gesehen haben.
Die Mainstream-Medien werden sich schwer tun, uns diese Nachricht zu überbringen. Wie viele andere, bei denen die Realität mit diversen Luftschlössern kollidiert.
Literatur:
Der Grüne Blackout: Warum die Energiewende nicht funktionieren kann von Alexander Wendt
Der geplünderte Planet: Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen von Ugo Bardi
Quellen: PublicDomain/kopp-verlag.de am 11.12.2015
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