Wie Planeten entstehen, ist mittlerweile weitgehend geklärt – zumindest theoretisch. Wie dieser Vorgang in der Praxis aussieht, haben nun erstmals Astronomen um Stephanie Sallum von der University of Arizona beobachten können: Den Wissenschaftern ist es laut ihrer im Fachjournal „Nature“ präsentierten Studie gelungen, die Signatur von heißem Gas und Staub nachzuweisen, die sich zu einem heranwachsenden Exoplaneten sammeln.
Die Astronomen hatten den Babyplaneten mit der Katalognummer LkCa 15b ins Visier genommen, der bereits vor einigen Jahren entdeckt worden war. Er gehört zu einem in kosmischen Maßstäben sehr jungen Stern, der erst zwei Millionen Jahre alt ist und gerade ein Planetensystem bildet.
Glühend heißer Staub lässt Planeten wachsen
Die Planeten entstehen aus einer riesigen Gas- und Staubscheibe, die den Stern umgibt. Die Beobachtungen zeigten, dass das Innere dieser Scheibe bereits weitgehend leergeräumt ist.
Mit Teleskopen in Chile und den USA gelang es dem Team, die charakteristische Strahlung von 9700 Grad heißem Wasserstoffgas sowie das Leuchten von glühend heißem Staub nachzuweisen, die auf den jungen Protoplaneten fallen und ihn so wachsen lassen.
Damit sei erstmals die direkte Beobachtung dieses Prozesses der Planetenentstehung gelungen, schreiben die Wissenschafter (Wetterphänomen im All: Exoplanet mit Wolken aus geschmolzenem Metall?).
Wir haben einen erdartigen Venuszwilling: Astronomen entdecken heißen Planeten praktisch nebenan
Dank immer bessere Teleskope gelingt es Astronomen immer häufiger, Supererden und erdgroße Gesteinsplaneten aufzuspüren. Darunter sind auch Erdzwillinge in der habitablen Zone um ihren Stern wie Kepler-186f, Kepler-452b oder der Stern Gliese 667C mit gleich drei lebensfreundlichen Supererden. Leider sind sie jedoch alle zu weit weg, um per Teleskop mehr über ihre Atmosphäre und Oberfläche zu erfahren.
Auf der Suche nach nähergelegenen Erdzwillingen haben Astronomen mit Hilfe des MEarth-South Arrays gezielt Rote Zwerge im Umkreis von rund 100 Lichtjahren um die Erde nach Anzeichen für Planeten durchsucht. Die Anlage aus acht robotischen 40-Zentimeter-Teleskopen auf dem Gipfel des Cerro Tololo in Chile fahndet dabei nach einem Transit: einem kurzen, regelmäßigen Abdimmen des Sternenlichts. Eine solche Abschattung tritt auf, wenn ein Planet den Stern umkreist und dabei immer wieder vor ihm vorüberzieht.
Und tatsächlich spürten die Teleskope am 10. Mai 2015 einen solchen Transit auf – bei einem nur 39 Lichtjahre von entfernten Roten Zwerg und damit sozusagen vor unserer Haustür. Der Rote Zwerg GJ 1132 ist rund ein Fünftel so groß wie unsere Sonne und sendet nur ein 200stel ihrer Strahlenmenge aus. Seinen Planeten haben Zachory Berta-Thompson vom Massachusetts Institute of Technology nun mit Hilfe weiterer Teleskope untersucht.
Nur knapp größer als die Erde
Dabei zeigte sich: Der GJ 1132b getaufte Planet ist nur 16 Prozent größer als die Erde, dafür aber rund 60 Prozent schwerer. Damit muss sein Inneres ziemlich dicht sein – nach Ansicht der Astronomen handelt es sich um einen Gesteinsplaneten. Wie sie ermittelten, ist die Schwerkraft auf GJ 1132b wahrscheinlich nur wenig größer als auf der Erde – ein Mensch würde dort nur rund 20 Prozent mehr wiegen.
Dieser Planet ist damit nicht nur bemerkenswert erdähnlich, er ist der Erde auch näher als jeder andere bisher entdeckte Gesteinsplanet. „Dies gibt uns die erste Chance, unsere Teleskope auf einen erdähnlichen Gesteinsplaneten zu richten und mehr Details über ihn zu erfahren – von der Farbe seines Sonnenuntergangs bis zur Geschwindigkeit seiner Winde“, sagt Berta-Thompson. „Dadurch könnten wir lernen, wie andere Gesteinsplaneten im Universum beschaffen sind – das werden spannende Beobachtungen.“
Heiß und wolkenverhüllt wie die Venus
Allerdings: In Hinsicht auf seine Temperatur ähnelt Planet GJ 1132b eher der Venus als unserer Erde. Denn er umkreist seinen Stern alle 1,6 Tage und in nur 2,6 Millionen Kilometern Entfernung – das ist näher als die die Umlaufbahn des Merkur um die Sonne. Als Folge heizt der nahe Stern die Oberfläche des Planeten auf 125 bis 300 Grad Celsius auf, wie die Astronomen berichten. Zudem kehrt GJ 1132b seinem Stern wahrscheinlich in gebundener Rotation immer die gleiche Seite zu.
„Das ist zu heiß, um habitabel zu sein – es kann kein flüssiges Wasser auf der Oberfläche geben“, erklärt Berta-Thompson. „Aber er ist viel kühler als alle anderen Gesteinsplaneten, die wir kennen.“ Dieser Erdzwilling ist gerade kalt genug, um noch eine venusähnliche Atmosphäre zu besitzen. „Unser Ziel ist es eigentlich, einen Erdzwilling zu finden, aber jetzt haben wir erstmal einen Venuszwilling entdeckt“, sagt Koautor David Charbonneau vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. „Wir können es kaum erwarten, seine Atmosphäre näher zu erkunden.“
Video: New Earth-like exoplanet discovered
Gibt es weiter außen noch einen Planeten?
Die Forscher planen bereits weitere Beobachtungen von GJ 1132b mit dem Hubble- und dem Spitzer-Weltraumteleskop. Denn es wäre gut möglich, dass es neben dem Venuszwilling GJ 1132b noch einen weiter außen kreisenden Planeten in diesem System gibt. Dieser könnte dann sogar in der habitablen Zone liegen und damit lebensfreundlicher sein.
Auf detailliertere Daten hoffen die Astronomen, wenn 2018 das James Webb Weltraumteleskop ins All startet.
Literatur:
Exoplaneten: Die Suche nach einer zweiten Erde von Sven Piper
Die Entschlüsselung des Universums: Der Schlüssel kam zur rechten Zeit von Nassim Haramein
Die Botschaft der Pulsare: Intelligente Kommunikation aus der Galaxis von Paul A. LaViolette
Die Erforschung der Exoplaneten: Auf der Suche nach den Schwesterwelten des Sonnensystems von Bernhard Mackowiak
Quelle: NASA/derstandard.at/de.sott.net vom 18.11.2015
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