In Spanien machen sich zahlreiche Städte und Kommunen auf den Weg, die Privatisierung von Trinkwasser aufzuhalten oder rückgängig zu machen. Möglich ist dies, da bei den Kommunalwahlen im vergangenen Mai in zahlreichen Städten Vertreter von Bürgerbündnissen die Rathäuser übernommen haben. Spanien leidet ähnlich wie Kalifornien in den USA an einer sich massiv verschärfenden Wasserkrise.
Kann eine Umkehr der neoliberalen Privatisierungspolitik unter der Ägide der Regierungspartei PP die Wende bringen?
Spanien befindet sich in einer Wasserkrise. Ähnlich wie in Kalifornien, sorgt der oft unregulierte Raubbau an den natürlichen Ressourcen für eine nachhaltige Zerstörung des wichtigsten Gutes des Menschen überhaupt.
Besonders dramatisch ist die Situation, da auch vielerorts bereits das Grundwasser angezapft wird um damit etwa spanische Erdbeeren für den Export zu bewässern. Die Verschwendung kennt oft keine Grenzen. Doch die spanische Wasserkrise hat auch eine politische Komponente: Jahrelang hat die regierende Partido Popular (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy, ganz nach dem neoliberalen Dogma, einen Kurs der Privatisierung der Wasserversorgung gefahren. Zahlreiche spanische Gemeinden haben sich nun auf den Weg gemacht, die weitere geplante Veräußerung der Wasserquellen und Versorgungsnetze zu stoppen oder die bereits vollzogene Übertragung von Quellen, Wasserwerken und Leitungssystemen in Investorenhand rückgängig zu machen.
Der Politikwechsel folgt einem kleinen politischen Erdbeben, das sich bei den letzten Kommunalwahlen in Spanien im Mai dieses Jahres vollzogen hatte. In zahlreichen Großstädten feierte die emanzipatorische Bewegungspartei Podemos Wahlerfolge. In der Hauptstadt Madrid konnten die etablierten Parteien vom Bündnis Ahora Madrid („Madrid, Jetzt“) geschlagen werden. Neben Barcelona, Valencia und Sevilla fielen zahlreiche weitere spanische Städte in die Hände autonomer Kandidaten und Bündnisse, die für eine Politik zum Wohle der Bevölkerung, statt der Kapitalinteressen, stehen.
Der Umschwung zeigt nun seine Wirkung, denn von den Kommunen und Gemeinden aus, führt Spanien derzeit seinen Wandel in der Wasserpolitik durch.
In besonders umfangreichen Maße geschieht dies in Barcelona. Ada Colau, einst Hausbesetzerin und nun Bürgermeisterin der katalanischen Küstenstadt, hat nun eine umfassende Prüfung der durchgeführten Wasserprivatisierung angekündigt – mit dem Ziel diese rückgängig zu machen. An diesem Schritt orientieren sich viele weitere Städte in Andalusien, Katalonien und Galizien. In Madrid steht vor allem die durchgeführte Privatisierung der Müllabfuhr auf der Agenda.
Die Kritiker des neoliberalen Privatisierungskurses werfen den etablierten Parteien, allen voran der PP, vor, dass die Veräußerung des infrastrukturellen Gemeingutes lediglich kurzfristigen Zielen der Haushaltskonsolidierung dient. Einmal verkauft, bringt das Tafelsilber hohe Millioneneinnahmen. Doch dass in der Folge der Privatisierungen die Qualität sinkt, der Preis steigt und die Versorgungssicherheit in Gefahr ist, wird von den Marktbefürwortern dabei in der Regel ignoriert.
Bereits 2010 wurde die Initiative #iniciativagua2015 gegründet, der sich ein breiter Mix zivilgesellschaftlicher Parteien und Organisationen angeschlossen haben. Die Unterstützer fordern einen Paradigmenwechsel in der Wasserwirtschaft, dessen Umsetzung als Folge des politischen Umschwungs auf Kommunalebene nun möglich erscheint.
Da Wasser ein Menschenrecht ist, darf es zudem nicht ökonomischen Profitinteressen unterworfen werden, so die Verfechter der Rekommunalisierung. Zu all dem kommen dokumentierte Fälle von Korruption im Zuge der durchgeführten Privatisierungen, denn mit dem in Spanien immer knapper werdenden Gut lassen sich hohe Gewinne erzielen.
Noch ist es ein langer Weg, bis in Spanien die Grundversorgung mit Wasser wieder in Bürgerhand ist. Unklar bleibt auch, ob bei den kommenden Parlamentswahlen die Protestpartei Podemos und mit ihr verbundene Bürgerinitiativen weiterhin an Stimmen und somit Gestaltungseinfluss gewinnen können. Die „griechische Tragödie“ führte auch in Spanien unlängst zu Ernüchterung im Widerstand gegen die neoliberale Hegomonie.
Doch zeigt sich im Falle von Spaniens Wasserpolitik, dass ein politischer Rollback ohnehin nur dezentral mittels der Übernahme der Macht in den Städten, Dörfern und Gemeinden möglich ist. Alternative politische Ansätze haben in Spanien – zumindest auf diesen Ebenen – nun ausreichend Möglichkeiten ihre Überlegenheit im Sinne der Bevölkerung unter Beweis zu stellen.
Literatur:
Bottled Life – Das Geschäft mit dem Wasser
Food, Inc. – Was essen wir wirklich?
Abgefüllt (Prädikat: Wertvoll)
Wettstreit um Ressourcen: Konflikte um Klima, Wasser und Boden
Quellen: PublicDomain/rtdeutsch.com vom 31.08.2015
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