US-Regierung zettelt Kriege an, um den Dollar zu retten

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Früher haben die Amerikaner gegen die Chinesen, die Kubaner oder gegen die Russen gekämpft. Heute zeigen sie die volle Härte gegen internationale Organisationen, die über keine Armeen verfügen, wie den Vatikan oder die Fifa. Zugleich zettelt Washington überall unvollendete Krieg an. Der Grund: Sie wollen die globale Vorherrschaft des Dollars retten. Doch die Attacken und das Chaos bewirken das Gegenteil. Das Ende der US-Dominanz im Weltfinanzsystem ist absehbar.

Die US-Regierung meldet zwei „Erfolge“, die sich schon bald als klassische Pyrrhus-Siege erweisen werden: Zunächst wurde der Weltfußballverband Fifa in die Luft gejagt. Gideon Rachman hat in einem sehr intelligenten Artikel in der FT darauf hingewiesen, dass es beim Streit um die Fifa um viel mehr geht als um Korruption im Sport. Rachman fragt: „Sind die USA noch mächtig genug, um bei globalen Organisationen das Sagen zu haben? Die Frage, ob die letzte Macht der Entscheidung beim Westen liegt, betrifft nicht nur die Fifa, sondern noch viel wichtigere globale Institutionen wie den IWF, die UN und seiner Unterorganisationen wie den Rat für Menschenrechte. Sie betrifft in zunehmendem Maß Organisationen, die für das Funktionieren der globalen Wirtschaft notwendig sind – vom Zahlungssystem Swift bis zu Internet-Behörde Icann.“

Eine Institution, die Rachman nicht erwähnt, ist in dieser Woche hinzugekommen: Der Vatikan hat zähneknirschend eine Vereinbarung mit den USA geschlossen, mit der er sich faktisch unter die US-Oberhoheit in Steuerfragen unterwirft: Rom und Washington haben ein Facta-Übereinkommen (Foreign Account Tax Compliance Act) geschlossen. Der Vatikan untersteht damit der Kontrolle des IRS (Internal Revenue Service), also der amerikanischen Steuerfahndung und dem US-Finanzstrafrecht. Die Amerikaner fordern schon lange, dass der Vatikan alles offenlegt, was er an Geldgeschäften zu bieten hat.

Vor einigen Jahren wurde die Vatikan-Bank sturmreif geschossen. Der Sieg wurde den US-Behörden erleichtert, weil die katholischen Banker ihren agnostischen Brüdern im Hinblick auf Gier und Rücksichtslosigkeit offenbar um nichts nachstanden. Doch die Kampagne war so heftig, dass sie den deutschen Papst Benedikt XVI. zum Rücktritt zwang. Sein Nachfolger ist ein Kapitalismus-Kritiker. Franziskus ist aber auch Jesuit. Die Jesuiten sind traditionell Meister in der Dialektik der Macht.

Simon Black vom Sovereign Man Blog hat eine sehr aufschlussreiche Analyse geschrieben, warum die exzessive Umsetzung der US-Dominanz in Steuerfragen zwar auf den ersten Blick wie eine bestechende Demonstration der Stärke der letzten Weltmacht erscheint – in Wahrheit jedoch ein untrügliches Signal aussenden, dass es die USA ihre auf dem Dollar als Weltwährung beruhenden globale Hegemonie nicht aufrechterhalten können.

Bisher, so schreibt Black, haben alle in der Welt ganz gut mit der Tatsache leben können, dass Finanztransaktionen in Dollar und damit letzten Endes jedes Geldgeschäft über eine US-Bank abgewickelt wird. Wenn eine südafrikanische Öl-Raffinerie heute Öl von einem brasilianischen Produzenten kauft, wird in Dollar abgerechnet. Das Clearing erfolgt in den USA: Das Geld fließt von Südafrika nach New York und von New York nach Brasilien.

Bisher haben die Amerikaner die Rolle als neutraler Abwickler verlässlich gespielt. Anders als China und Russland sind die USA ein stabiler Staat, in dem bisher eine formale Trennung von Regierungs-Interessen und Geschäftsprozessen existiert hat. Dies hat dazu geführt, dass das US-Bankensystem stabil und unpolitisch war. Doch mit der Finanz-Krise haben sich die Voraussetzungen grundlegend geändert: Wegen der Zocker („moral hazard“) haben die Banken ihre Reputation verloren. Sie mussten gerettet werden. Die IRS wurde die gefürchtetste Organisation im Land. 2010 wurde FACTA beschlossen – und damit der Wirkungskreis der US-Steuerfahnder faktisch auf den ganzen Globus ausgeweitet. Der Grund: In der Finanzkrise hatten die Banken so eng verflochten miteinander gezockt, dass eine Trennung von US-Geschäft und internationalem Geschäft kaum mehr möglich war.

Doch wie immer, wenn der Staat einschreitet, schießt er über das Ziel hinaus: Die US-Regierung sah die Vorteile, global Steuern einzutreiben – auch wenn die Rechtsgrundlage reine Willkür war: Über die französische Bank BNP Paribas wurde eine neun Milliarden Dollar schwere Rekordstrafe verhängt – weil die Bank gegen die Iran- und die Kuba-Sanktionen verstoßen hatte. Heute sind die USA und Kuba beste Freunde, aber das hilft der BNP Paribas nicht.

Gegen das Zahlungssystem Swift, das in Belgien sitzt und qua Statut eine unabhängige Einrichtung ist, sind die Amerikaner ebenfalls vorgegangen: Swift wurde gezwungen, den Iran auszuschließen – obwohl die Direktoren protestierten. Die US-Regierung wollte Swift auch zwingen, Russland abzuschneiden, doch Swift weigerte sich im Jahr 2014 erfolgreich. Seither suchen die Amerikaner nach Möglichkeiten, Swift erneut in die Mangel zu nehmen. Diese Bestrebungen sind Wahnsinn: Alle Swift-Nationen, die sich als potentielle US-Feinde sehen, suchen seither nach Alternativen. Niemand kann es riskieren, von der Hauptschlagader der Wirtschaft abgeschnitten zu werden. Sogar die EZB warnt die Amerikaner vor diesem Schritt.

Doch die brachialen Maßnahmen der US-Regierungen gegen europäische Banken, die Fifa, Swift oder den IWF, dessen Reform die USA in absoluter Sturheit blockieren, haben die US-Vormacht ausgehöhlt: Die Amerikaner werden der Vorteil des unbegrenzten Gelddruckens verlieren, der ihnen durch ihre einzigartige Rolle mit dem Dollar zugefallen ist. Keine Nation will ihre Zahlungsströme durch ein Land leiten, bei dem man in jedem Augenblick damit rechnen muss, wegen Verstößen gegen die US-Gesetze verhaftet zu werden. Fifa-Chef Sepp Blatter hatte kurz vor seinem Rücktritt trotzig gesagt, die Lehre aus der spektakulären Razzia in Zürich werde sein, dass man keinerlei Geschäfte mehr in den USA tätigen werde.

China hat sein eigenes Internationales Zahlungssystem aufgesetzt: Mit dem China International Payment System (CIPS) entsteht die erste wirkliche Alternative zum US-Monopol. Der IWF hat bereits signalisiert, dass er die Bewertung des Yuan für „fair“ hält. Wenn diesem Ritterschlag nun die Aufnahme des Yuan in den Währungskorb des IWF folgt, ist das Dollar-Monopol gebrochen.

Russland, das durch die US-Attacken besonders gefährdet ist, hat ebenfalls längst reagiert: Der russische Staatskonzern Gazprom fakturiert Öl in Yuan und Rubel und nicht mehr nur in Dollar.

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Zugleich haben sich zahlreiche europäische und westliche Staaten der neuen chinesischen Entwicklungsbank (AIIB) angeschlossen. Sie ist eine Alternative zur Weltbank.

Folker Helmeyer von der Bremer Landesbank sieht eine eindeutige Entwicklung. Er sagte im Interview mit den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Die Achse Moskau/ Peking/BRICS gewinnt. Dort hat man vom Westen die Nase voll. 1990 hatten diese Länder einen Anteil von circa 25% an der Weltwirtschaftsleistung. Heute stehen sie für 56% der Weltwirtschaftsleistung, für 85% der Weltbevölkerung. Sie kontrollieren circa 70% der Weltdevisenreserven. Sie wachsen pro Jahr im Durchschnitt mit 4% – 5%. Da die USA nicht bereit waren, internationale Macht zu teilen (z.B. Voten in IWF und Weltbank), baut man im Sektor der aufstrebenden Länder ein eigenes Finanzsystem auf. Dort liegt die Zukunft.“

Die Aktionen der USA gegen Russland, den Vatikan und die Fifa sind Anzeichen, dass man in Washington mit genau dieser Entwicklung rechnet – und sie um jeden Preis verhindern will. In der Welt sieht man die Zusammenhänge ganz klar: Russische Unternehmer, die ihrem Präsidenten eher kritisch gegenüberstehen, sagten den Deutschen Wirtschafts Nachrichten bei einem Gespräch in St. Petersburg, wie sie das Verhältnis Amerikas zum Rest der Welt sehen: „Es ist ganz einfach: Wann immer irgendwo auf der Welt ein Krieg stattfindet, nützt diese den US-Staatsanleihen, weil die Investoren Treasuries kaufen. Putin will keinen Krieg in der Ukraine. Er kann keinen Krieg gebrauchen, er hat dort nichts zu gewinnen. Die Amerikaner haben ein klares Interesse: Wenn das Risiko steigt, fliehen die Anleger in Treasuries. So funktioniert das System.“ Der Währungsexperte Thomas Bachheimer formuliert es so: „Der Greenback hängt mittlerweile schwer angeschlagen in den Seilen und hält sich nur mehr durch militärische Erpressung auf den Beinen.“

Das Endspiel scheint also in vollem Gang zu sein. Gideon Rachman merkt in der FT zwar völlig zutreffend an, dass die Dominanz der USA im Finanzsystem noch das kleinste Übel sei, weil man Russland oder China noch weniger trauen könne. Auch dem US-Justizministerium sei eher zu trauen als den russischen oder den chinesischen Strafverfolgungsbehörden.

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Das stimmt. Und doch wird es für die USA immer schwerer, ihre Reputation als wichtigstes Kapital aufrechtzuerhalten: Die Strafaktionen gegen andere Staaten, die willkürliche Benennung neuer Staatsfeinde – vorgestern Iran, gestern IS, heute Russland -, und die hemmungslose Spionage auch bei Freunden werden über kurz oder lang das System zum Kippen bringen. Keiner der anderen Staaten ist in der Lage, eine Weltmacht-Rolle zu übernehmen. Doch alle zusammen können ein hegemoniales System durch ein multipolares System ersetzen. Die hohe Schuldenlast verhindert, dass die USA Kriege mit massivem Einsatz führen können. In Syrien, im Irak, in Libyen sehen wir, dass das Bombardement höchstens dazu reicht, Chaos zu verursachen und Zwietracht zu säen. Kontrolle oder gar Befriedung sind nicht möglich.

Die Kriege, die Amerika in aller Welt anzettelt, sind keine Angriffskriege. Sie sind die letzten Zuckungen eines Systems, das erkannt hat, dass es todgeweiht ist. Hätten die Europäer einen einzigen Außenpolitiker von Format und wären sie echte Freunde und weniger opportunistisch, sie würden die Amerikaner auf das Dilemma hinweisen – aus Freundschaft und Wertschätzung. Doch Politiker wie Merkel (keine innere Westbindung), Hollande (extrem schwach), Cameron (kämpf gegen den Bedeutungsverlust von UK) oder der Japaner Abe (König der Deflation) sind weder Finanz- noch Geopolitiker. Sie alle symbolisieren den Bedeutungsverlust des Westens, und versuchen mit hohlem Pathos wie in Elmau zu übertünchen, dass der Westen müde und gebrechlich geworden ist. Wie seniler Greise mit dem Joystick feuern die Amerikaner mit Hilfe ihrer Zimmergenossen im transatlantischen Seniorenheim ihre letzten Drohnen auf Ziele, die sie nicht einmal mehr auf dem Bildschirm sehen. Je lauter sie poltern, desto deutlicher wird ihre Schwäche.

Tief sind sie gefallen: Es geht nicht mehr gegen Mao oder Fidel Castro oder Andropow, sondern gegen Sepp Blatter und den Papst. Weltmächte suchen sich andere Feinde.

Literatur:

Weltmacht IWF: Chronik eines Raubzugs von Ernst Wolff

Der Crash ist die Lösung: Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Vermögen rettenvon Matthias Weik und Marc Friedrich

Schwarzbuch USA von Eric Frey

Fifa-Mafia: Die schmutzigen Geschäfte mit dem Weltfußball vonThomas Kistner

Quelle: dpa/Deutsche-Wirtschafts-Nachrichten vom 12.06.2015

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7 comments on “US-Regierung zettelt Kriege an, um den Dollar zu retten

  1. Keine schönen Aussichten für den Weltfrieden. Je mehr der Dollar zurückgedrängt wird, desto größer die Bereichtsaft der US-Strategen, immer größere Konflikte anzuzetteln. Dabei werden aber gerne „Wetterkatastrophen“ und „Seuchen“ ‚vergessen‘, die heute auch zu dem Möglichkeiten der Kriegsführung gehören!

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