Das Drama vom Wochenende hinterlässt zum Wochenanfang direkt Spuren: Die Börsen brachen weltweit kräftig ein. Der Dax startete über 500 Punkte unter dem Wert von Freitagabend. Wichtigste Meldungen des Wochenendes: Ministerpräsident Tsipras lässt die Bürger in einem Referendum über die von den Geldgebern geforderten Sparpläne abstimmen. Das Hilfsprogramm der Eurostaaten für Griechenland wird nicht verlängert. Auch die Europäische Zentralbank erhöht ihre Hilfskredite für die griechischen Banken nicht mehr. Bis zum 6. Juli bleiben die Banken nun geschlossen, die Börse sogar bis zum 7. Juli.
Neuer Franken-Schock droht: Schweizer Nationalbank greift ein
10.05 Uhr: Um einen erneuten Franken-Schock zu verhindern, hat die Schweizer Nationalbank offenbar interveniert. Präsident Thomas Jordan sagte nach Berichten von Schweizer Medien bei einer Veranstaltung in Bern, die Nationalbank sei „zur Marktstabilisierung am Markt aufgetreten“. Die Schweizer befürchten, dass der Euro durch die Griechen-Krise einbricht und der Franken in der Folge stark aufwertet.
Griechische Banken fahren ihre Rollläden herunter
09.55 Uhr: In Griechenland gab es am Wochenende einen regelrechten Bank-Run. Die Griechen hoben Milliarden von ihren Kontos ab. Nun haben viele Banken ihre Rollläden komplett heruntergefahren.
Dax erholt sich nach Einbruch
09.50 Uhr: Der Deutsche Aktienindex (Dax) hat sich in der ersten Handelsstunde bereist stark erholt. Nachdem der Index um 9 Uhr 500 Punkte tiefer unter 11.000 Punkten eröffnet hatte, lag er um 9.50 Uhr schon wieder bei 11.150 Punkten.
Börse in Athen bleibt bis 7. Juli geschlossen.
09.36 Uhr: Angesichts der griechischen Schuldenkrise bleibt neben den Banken des Landes auch die Börse in Athen in den kommenden Tagen geschlossen. Wie am Montag offiziell mitgeteilt wurde, soll der Handelsplatz bis mindestens Dienstag kommender Woche nicht öffnen. Die griechischen Banken sind bis mindestens Montag geschlossen, der Kapitalverkehr wurde stark eingeschränkt.
Syriza-Vorstand: „Ein ‚Grexit‘ ist für uns keine Option“
09.31 Uhr: Ein „Grexit“ kommt für die griechische Regierung nach den Worten des Syriza-Politikers Giorgos Chondros nicht in Frage. „Ein Ausstieg aus der Euro-Zone war für die griechische Regierung nie eine Option und ist auch jetzt keine Option“, sagte Chondros am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Er ist Mitglied im Zentralkomitee der Partei. Chondros verteidigte die Entscheidung, über die Reformmaßnahmen ein Referendum abzuhalten. Die griechische Bevölkerung habe das demokratische Recht, „über ihre eigene Zukunft selbst zu entscheiden“. Unabhängig vom Ausgang des Referendums komme es nicht zu einem „Grexit“.
Internationale Börsen verlieren gewaltig
09.20 Uhr: Auch die internationalen Börsen sind kurz nach dem Handelsstart mächtig abgerauscht. Die Börse in Paris gab um 4,7 Prozent nach, die Börse in Amsterdam um 4,1 Prozent. Der Schweizer Aktienindex SMI verlor mehr als drei Prozent.
Kein Bargeld in Athen – Automaten werden angeblich um 12 Uhr befüllt
08.50 Uhr: In Athen bleiben die Banken am Montag geschlossen. Auch die meisten Geldautomaten sind leer. Gerüchten zufolge sollen die Automaten um 12 Uhr wieder ans Netz gehen – frisch befüllt. Am Abend hatte die Regierung Kapitalverkehrskontrollen erlassen. Die Bargeld-Auszahlungen an Griechen werden auf 60 Euro begrenzt, Touristen können mit ausländischen Kreditkarten unbegrenzt Geld abheben.
Linke: „Merkel hat Mitschuld an der Griechenland-Krise“
08.06 Uhr: Die Linkspartei hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Mitschuld an der derzeitigen dramatischen Lage in Griechenland zugewiesen. Sollte Griechenland aus der Eurozone ausscheiden, werde Merkel „als die Kanzlerin in die Geschichtsbücher eingehen, unter der womöglich der Anfang vom Ende der Eurozone begonnen hat“, sagte Parteichefin Katja Kipping am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Sie wolle beim Treffen der Partei- und Fraktionschef mit der Kanzlerin am Nachmittag „die Möglichkeit nutzen, noch einmal deutlich zu machen, was das geopolitisch bedeutet für die Währung“.
Wegen der Zuspitzung der Griechenland-Krise erwartet Merkel die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien um 13.30 Uhr im Kanzleramt. Im Anschluss ist eine Presseunterrichtung vorgesehen. Außerdem treffen sich am späten Nachmittag die Abgeordneten der Fraktionen von Union, SPD und Grünen zu Sondersitzungen, um ebenfalls über die Griechenland-Krise zu beraten.
Bei dem Treffen im Kanzleramt will auch Linken-Fraktionschef Gregor Gysi deutliche Kritik äußern. Er warf den Geldgebern im Bayerischen Rundfunk einen „Crashkurs“ vor. Eine Lösung des Konflikts mit Athen hätten die internationalen Geldgeber „aus ideologischen Gründen“ scheitern lassen. Gysi erwartet von Merkel eine Regierungserklärung und will eine öffentliche Debatte im Bundestag.
Weiter heftige Börsen-Verluste in Asien
07.38 Uhr: Die Talfahrt an den asiatischen Börsen hält nach den gescheiterten Verhandlungen um die Griechenland-Rettung an. In Japan verliert der Nikkei-Index auch nach anfänglichen Kursverlusten weiter kräftig. Aktuell verliert der wichtigste Index der Tokioter Börse 569 Punkte und somit 2,75 Prozent. Der Shanghai Composite notiert 315 Punkte und 7,52 Prozent leichter, der Hang Seng Index aus Hong Kong verliert 1043 Punkt und somit 3,91 Prozent.
„Es ist mehr als klar, dass dieser Beschluss darauf abzielt, den Willen des Volkes zu erpressen. Sie werden es nicht schaffen. Sie werden das griechische Volk noch trotziger in seiner Entscheidung machen, die inakzeptablen ‚memorandischen‘ Vorschläge und die Ultimaten der Gläubiger abzulehnen„, merkte Premierminister Alexis Tsipras an und unterstrich, erneut das Ersuchen auf eine Verlängerung des Programms um wenige Tage an die europäischen Partner gerichtet zu haben und betonte, auf deren Reaktion zu warten: „Sie sind die einzigen, die den Beschluss der Eurogruppe kippen können, was der EZB die Möglichkeit geben wird, die Liquidität wiederherzustellen.„
Alexis Tsipras versicherte in seiner Ansprache, die Bankguthaben sowie auch die Zahlung der Gehälter und Renten seien abgesichert, und riet zu Gelassenheit und Nüchternheit. „Je gelassener wir den Schwierigkeiten begegnen, um so baldiger werden wir sie überwinden und um so gemäßigter werden ihre Folgen sein„, betonte er.
Derweilen befand sich seit 20:00 Uhr (Ortszeit) die Kabinettssitzung im Gang, in deren Rahmen eine Informierung durch Finanzminister Yanis Varoufakis über die von dem Ausschuss für Systemische Sicherheit getroffenen Entscheidungen erfolgte. Die im Anschluss erwarteten offiziellen Bekanntmachungen und anschließend mit offiziellen Bekanntmachungen gerechnet wird.
Der Wortlaut der am 28 Juni 2015 gegen 20:30 Uhr (Ortszeit) in den Medien publizierten Ansprache des Premierministers wird nachstehend in deutscher Übersetzung wiedergegeben:
Botschaft der Hoffnung und des Stolzes an ganz Europa …
Der gestrige Beschluss der Eurogruppe, das Ersuchen der griechischen Regierung abzulehnen, das Programm um einige Tage zu verlängern, damit das Volk mittels eines Referendums über das Ultimatum der Gläubiger abstimmen kann, stellt einen für die europäischen Gegebenheiten unerhörten Akt der Anzweiflung des Rechts eines souveränen Volkes auf eine demokratische Entscheidung dar. Das höchste und heilige Recht auf Meinungsäußerung.
Dieser Beschluss führte heute die Europäische Zentralbank (EZB) dazu, die Liquidität der griechischen Banken nicht anzuheben, und zwang die Griechische (Zentral-) Bank, die Aktivierung von Maßnahmen zur Aussetzung des Betriebs der Banken und Beschränkung der Abhebungen zu beantragen. Es ist nun mehr als klar, dass dieser Beschluss kein anderes Ziel hat, als den Willen des griechischen Volks zu erpressen und die reibungslose Durchführung des Referendums zu verhindern.
Sie werden es nicht schaffen. Diese Züge werden das genau gegenteilige Ergebnis herbeiführen. Sie werden das griechische Volk noch trotziger in seiner Entscheidung machen, die inakzeptablen „memorandischen“ Vorschläge und die Ultimaten der Gläubiger abzulehnen. Eins bleibt jedoch sicher: die Verweigerung einer Verlängerung um wenige Tage und der Versuch der Annullierung eines höchsten demokratischen Verfahrens stellt einen Akt der Beleidigung und eine maximale Schande für die demokratische Tradition Europas dar.
Aus diesem Grund schickte ich heute (28 Juni 2015) erneut ein Ersuchen auf eine kurze Verlängerung (des Programms), diesmal an den Präsidenten des Europäischen Rats und die 18 Führer der Staaten der Eurozone sowie auch an die Leiter der EZB, der Kommission und des Europa-Parlaments. Ich warte auf ihre umgehende Reaktion auf ein elementares Begehren nach Demokratie. Sie sind die einzigen, die schnellstmöglich – sogar auch noch heute Abend – den Beschluss der Eurogruppe kippen und der EZB die Möglichkeit geben können, den Liquiditätsfluss der Banken wiederherzustellen. Was jedoch in den kommenden Tagen auf jeden Fall erforderlich ist, sind Nüchternheit und Geduld.
Die Guthaben der Bürger bei den griechischen Banken sind absolut sicher. Eben so sicher ist auch die Zahlung der Gehälter und Renten. Den wie auch immer gearteten Schwierigkeiten ist mit Gelassenheit und Entschlossenheit zu begegnen. Je gelassener wir den Schwierigkeiten begegnen, um so baldiger werden wir sie überwinden und um so gemäßigter werden ihre Folgen sein. Wir haben heute die Gelegenheit, uns selbst und der ganzen Welt zu beweisen, dass das Recht gewinnen kann. Wir haben ein weiteres Mal die Gelegenheit, an Europa und die ganze Welt eine Botschaft der Hoffnung und Würde zu schicken.
Und rufen wir uns in Erinnerung: in diesen kritischen Stunden, in denen wir uns alle an der Größe unserer Geschichte messen, ist unsere einzige Furcht die Angst. Wir werden nicht zulassen, dass sie uns beherrscht. Wir werden es schaffen. Die Würde der Griechen gegenüber den Erpressern und dem Unrecht wird eine Botschaft der Hoffnung und des Stolzes an ganz Europa schicken.
Literatur:
Die Plünderung der Welt: Wie die Finanz-Eliten unsere Enteignung planen von Michael Maier
Der Crash ist die Lösung: Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Vermögen retten von Matthias Weik und Marc Friedrich
Weltmacht IWF: Chronik eines Raubzugs von Ernst Wolff
Gekaufte Journalisten von Udo Ulfkotte
Quellen: dpa/FocusOnline/griechenland-blog.gr vom 29.06.2015
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