Die amerikanische geologische Behörde ist mittlerweile sicher, dass Fracking – die neue Methode, schwer zugängliche Bodenschätze zu gewinnen – für die Zunahme von Erdbeben verantwortlich ist. Amerikas energetische Unabhängigkeit könnte in Gefahr geraten.
Fracking, also das Aufbrechen von Gesteinsschichten im Untergrund, um Erdöl und Erdgas freizusetzen, lässt die Erde offensichtlich immer häufiger beben. Besonders gut lässt sich das im US-Bundesstaat Oklahoma beobachten, einem Fracking-Zentrum in den USA. 2013 hat es dort 109 Erdbeben gegeben, ein Jahr später schon fünfmal so viele. „Es sind mehr als jemals zuvor“, sagt Mark Petersen, Chef der United States Geological Survey (USGS). Diese dem amerikanischen Innenministerium unterstellte Behörde befasst sich unter anderem mit der Verhinderung von Naturkatastrophen. Von einer Zunahme der Erdbeben sind in den USA 14 Regionen betroffen. Die Beben in Oklahoma und anderen Fracking-Regionen waren allerdings nicht stark genug, um nennenswerte Schäden zu verursachen.
Aufbrucharbeiten im Untergrund
Beim Fracking wird ein Gemisch aus Wasser und Sand, dem weniger als drei Prozent Chemikalien hinzugefügt werden, mit hohem Druck in den Untergrund gepumpt. Dort bricht es gas- und ölhaltiges Gestein auf, sodass dieses gefördert werden kann. Die Fracking-Flüssigkeit bleibt zu einem Teil in der Erde. Der Rest tritt irgendwo aus, wird gesammelt und wieder in den Untergrund gepresst. Beide Teilschritte des Frackings können zu Verwerfungen führen, die Erdbeben auslösen.
2014 hatte die USGS sich noch weitaus vorsichtiger geäußert. „In Oklahoma hat sich die erdbebengefährdete Zone innerhalb von ein bis zwei Jahren um einige Dutzend Kilometer verlagert“, heißt es in einem USGS-Bericht über einen Workshop mit zahlreichen Experten. „Das kann an der Förderung von Erdgas und Erdöl liegen, aber es kann auch physikalische Ursachen haben, die wir kaum verstehen.“ Es blieben viele Fragen offen. Weitere Forschungsarbeit sei nötig, um die Ursachen besser verstehen zu können. Der Bericht machte auch auf einige Ungereimtheiten aufmerksam. In manchen Fällen gebe es seismische Aktivitäten in der Nähe von Bohrlöchern, in anderen blieben sie völlig aus.
Die Teilnehmer an der Konferenz hielten es für einen hilfreichen ersten Schritt, eine Datenbank mit den Stellen aufzubauen, an denen Fracking betrieben wird, und in der Nähe auftretenden Erdbeben. Das könne auch helfen, die Wahrscheinlichkeit von starken Erdbeben in der Nähe von Bohrlöchern abzuschätzen und die Risiken zu minimieren.
Fördergesellschaften geraten unter Druck
Eine Reihe von Erdbeben hat in diesem Jahr bereits die texanische Metropole Dallas-Forth Worth erschüttert. Einige der größten US-Energiekonzerne stehen nun im Verdacht, dafür verantwortlich gewesen zu sein. Eine Exxon-Mobil-Tochter und die Firma EOG Resources, die zu den größten Schiefergasproduzenten gehört, müssen ihre Nutzung von Injektionsbohrungen zur Entsorgung ihres Abwassers aus Fracking-Betrieben erklären.
Die Öl- und Gasaufsicht des Bundesstaates begann an diesem Mittwoch eine Reihe von Anhörungen, um die Rolle von Ölkonzernen bei den Erdbeben zu untersuchen. Immer mehr wissenschaftliche Studien von staatlichen und akademischen Einrichtungen deuten darauf hin, dass Entsorgungsbohrungen womöglich mit einer Zunahme der seismischen Aktivität in Verbindung stehen.
Einige Vertreter der Energiebranche versuchen, diese Studien zu diskreditieren. Der Seismologe der Kommission, Craig Pearson, hat selbst Zweifel daran geäußert, dass Fracking oder Abwasserentsorgung für die jüngsten Erdbeben in Nordtexas verantwortlich waren. In der Region ist das Erdgasexplorationsgebiet Barnett Shale zu finden.
Studie zeigt Zusammenhänge zum Fracking
Doch Ryan Lance, Vorstandsvorsitzender von ConocoPhillips, einem der größten amerikanischen Akteure in Schiefergebieten, gibt zu, dass es eine Verbindung gibt. „Wir haben alle Daten und Beweise verfolgt und es scheint tatsächlich, als würde Abwasser in einigen Gegenden seismische Vorkommnisse auslösen“, sagte Lance vergangenen Monat. „Wir versuchen noch zu verstehen, wie groß das Ausmaß ist.“
In Deutschland hat die Große Koalition unter schweren Attacken der Opposition gerade erst ein Fracking-Gesetz bei der ersten Beratung im Bundestag verteidigt. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks erklärte, dass der Gesetzentwurf „sehr strenge Regeln“ vorsehe. „Wir nehmen die Sorgen der Bürger sehr ernst“, versicherte die SPD-Politikerin. Grüne und Linke befürchten hingegen die Verschmutzung des Trinkwassers und massive Umweltschäden, wie sie angeblich in den USA durch Fracking entstanden seien.
Eine aktuelle Studie der Southern Methodist University (SMU) in Dallas stellt einen Zusammenhang zwischen den Erdbeben und den Aktivitäten von Ölkonzernen her. So stünden die Abwasserentsorgung von XTO Energy, einer Tochter von Exxon, sowie eine weitere Entsorgungsbohrung der EnerVest Operating Co. im Zusammenhang mit einer Reihe von Erdbeben in Fort Worth zwischen November 2013 und Januar 2014. Beide Firmen sollen zwischen dem 10. und 16. Juni vor staatlichen Aufsichtsbehörden erscheinen.
Bauvorschriften müssen geändert werden
Forscher der SMU glauben, dass die Erdbeben wahrscheinlich das Ergebnis von unterirdischen Druckveränderungen sind. Diese entstanden offenbar durch die Injektion von Abwasser, während gleichzeitig Salzwasser aus Bohrungen an die Oberfläche floss.
Diese Druckveränderungen scheinen eine längst inaktive Verwerfungslinie wieder aktiviert zu haben, sagt Matt Hornbach, Lektor für Geophysik an der SMU. Noch ist unklar, ob spätere Beben in Dallas ebenfalls durch Injektionsbohrungen verursacht wurden.
Eines der jüngsten Erdbeben circa 50 Kilometer südlich von Dallas hatte die Stärke 4,0 und führte dazu, dass vier Energieunternehmen mit fünf nahegelegenen Abwasserbohrungen diese stilllegen und überprüfen mussten. Mike Rawlings, Bürgermeister von Dallas, sagt, dass die Stadt unter Umständen Bauvorschriften ändern müsse, um mit dem Problem umzugehen. Versicherungsvertreter berichten von einem deutlich gestiegenen Interesse an Gebäudeversicherungen, die auch Schäden durch Erdbeben abdecken.
Deutsche Fracking-Gegner sind mobilisiert
Die Ereignisse in den USA haben auch in Deutschland Fracking-Gegner mobilisiert. Hierzulande ist diese Methode der Förderung von Gas und Öl zwar nur unter strengen Auflagen erlaubt, in Wasserschutzgebieten sogar völlig untersagt. Was Umweltschützern allerdings nicht reicht. „Fracking muss uneingeschränkt verboten werden, um Grundwasser, Böden und Natur zu schützen“, sagt beispielsweise der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.
Literatur:
Der Grüne Blackout: Warum die Energiewende nicht funktionieren kann von Alexander Wendt
Der geplünderte Planet: Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen von Ugo Bardi
Quellen: ingenieur.de/dpa/n-tv.de vom 10.06.2015
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