Hannoveraner Bundespolizisten sollen Flüchtlinge schwer misshandelt haben. Sie brüsteten sich damit in »WhatsApp«-Nachrichten.
Wieder wurden Flüchtlinge von Staatsbediensteten schwer misshandelt. Diesmal in einer Polizeiwache in Hannover. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben gegen einen Beamten der Bundespolizei. Dieser soll 2014 in der Dienstelle im Hauptbahnhof Hannover mindestens zwei Asylsuchende brutal gequält und gedemütigt haben. In Nachrichten und Fotos, die unter anderem an Kollegen versandt wurden, habe er sich über seine Taten amüsiert. Diese Kommunikation lässt die Beteiligung weiterer Beamter vermuten. Der NDR hatte in dem Fall recherchiert und am Sonntagabend darüber berichtet.
Flüchtlinge in Polizeizelle gequält
Die Beamten kommen am Freitag um elf Uhr vormittags. Schauplatz: eine Stichstraße in einem kleinen Dorf im Herzen Niedersachsens. Hier steht das Haus eines Polizisten der Bundespolizeiinspektion Hannover. Drei Stunden dauert die Hausdurchsuchung. Zur gleichen Zeit wird auch der Spind des Beamten in seiner Dienststelle im Hauptbahnhof der niedersächsischen Landeshauptstadt durchsucht. Beweismaterial wird sichergestellt. Verantwortlich für die Durchsuchung ist die Staatsanwaltschaft Hannover. Deren Sprecher, Oberstaatsanwalt Thomas Klinge, spricht gegenüber dem NDR von schweren Vorwürfen: „Wir haben in der vergangenen Woche eine Strafanzeige erhalten, aus der hervorgeht, dass es möglicherweise in der Polizeidienststelle der Bundespolizei zu Übergriffen gekommen sein soll. Wir ermitteln insoweit wegen des Anfangsverdachts der Körperverletzung im Amt und wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.“ Tatsächlich wurde in dem Haus des Beamten nach Angaben von Klinge eine illegale Waffe sichergestellt.
Mindestens zwei Misshandlungen?
Nach gemeinsamen Recherchen des NDR Regionalmagazins Hallo Niedersachsen und des Radiosenders NDR Info geht es um mindestens zwei Fälle, die sich in den Gewahrsamszellen der Bundespolizeiinspektion in Hannover abgespielt haben sollen. Der erste mutmaßliche Übergriff erfolgte am 9. März 2014 und betraf einen 19 Jahre alten Flüchtling aus Afghanistan. Er war den Beamten wegen geringfügiger Verstöße aufgefallen. Unter anderem war er in einem Schnellimbiss im Hauptbahnhof ohne gültigen Pass angetroffen worden.
„Das war so schön. Gequikt wie ein Schwein“
Nach NDR Recherchen stellt sich die Situation so dar: Die Beamten nehmen den 19-Jährigen mit auf die Wache im Gebäude des Hauptbahnhofs. In der Gewahrsamszelle wird der Afghane offenbar Ziel gewaltsamer Übergriffe. Dafür spricht unter anderem eine Nachricht mit dem Kurzmitteilungsdienst WhatsApp. Sie schildert offenkundig den Vorfall in der Zelle und wird vom Handy eines der Beamten auch an Kollegen verschickt. Darin heißt es nach NDR Informationen: „Hab den weggeschlagen. Nen Afghanen. Mit Einreiseverbot. Hab dem meine Finger in die Nase gesteckt. Und gewürgt. War witzig. Und an den Fußfesseln durch die Wache geschliffen. Das war so schön. Gequikt wie ein Schwein. Das war ein Geschenk von Allah“, ist dort zu lesen gewesen. (Rechtschreib- und Grammatikfehler aus dem Original übernommen; Anm. d. Red.)
Handy-Foto zeigt misshandelten 19-Jährigen
Der zweite, wohl noch gravierendere Vorfall soll sich nach NDR Informationen gut sechs Monate später ereignet haben – wieder in den Räumen der Bundespolizeiinspektion in Hannover. Diesmal trifft es einen 19 Jahre alten Marokkaner aus Tanger. Er war von der Bundespolizei Hannover am späten Abend des 25. September 2014 festgehalten worden, nachdem er im Regionalexpress aus Bremen keinen Fahrschein vorzeigen konnte. In seinen Socken fanden Beamte eine geringe Menge Marihuana. Der Mann mit Duldungsstatus landete wenig später in der Gewahrsamszelle und wurde dort offenbar Opfer gezielter Erniedrigungen.
Beleg dafür ist unter anderem ein Handy-Foto. Das Foto ist mit dem Mobiltelefon des Beschuldigten angefertigt worden. Es zeigt einen in einem weiß gekachelten Raum liegenden Mann in unnatürlicher Körperhaltung – das Gesicht erkennbar von Schmerzen verzerrt, die Hände mit Handschellen gefesselt. Offenbar wird der Mann von mindestens zwei Polizisten in dieser Stellung festgehalten.
Hat es der Vorgesetzte gehört?
In einer Handy-Kurzmitteilung heißt es dazu: „Das ist ein Marokkaner. Den habe ich weiß bekommen. XY (der unmittelbare Vorgesetzte, Anm. d. Red.) hat gesagt, dass er ihn oben gehört hat, dass er geqikt hat, wie ein Schwein. Dann hat der Bastard erst mal den Rest gammeliges Schweinefleisch aus dem Kühlschrank gefressen. vom Boden“. (Rechtschreib- und Grammatikfehler aus dem Original übernommen; Anm. d. Red.)
Können solche Vorgänge in einer Dienststelle verborgen geblieben sein? Immerhin: In der Nachricht wird ein weiterer Beamter erwähnt, ein Dienstvorgesetzter. Der zweite Stiefel auf dem Foto lässt außerdem vermuten, dass die Aufnahme des herabwürdigenden Fotos von einem weiteren Polizisten zumindest hingenommen wurde. Und ein Beamter der Dienststelle bezeugt im vertraulichen Gespräch mit dem NDR, dass es bereits früher zu Erniedrigungen gekommen sei.
Musste Marokkaner verdorbenes Schweinemett essen?
Dabei geht es vor allem um das offenkundig verdorbene Schweinemett, das der Polizeibeamte dem Marokkaner laut eigener Darstellung verabreicht haben will. Der Zeuge beschreibt einen Vorfall, der in seiner Erinnerung mehr als ein Jahr zurückliegt. Auch in diesem Fall soll derselbe Beamte maßgebend beteiligt gewesen sein. Das Vorgehen seines Kollegen beschreibt der Beamte so: „Er hat das verdorbene Schweinefleisch aus dem Kühlschrank geholt. Das waren Reste vom gemeinsamen Frühstücksessen am Wochenende. Das Mett war schon grün, also erkennbar verdorben. Als er das Mett aus dem Kühlschrank holte, sagte er, er wolle etwas ‚Gutes‘ tun, er sei halt ein ‚Menschenfreund‘. Der Tonfall machte klar, dass er das ironisch meinte. Und dann wurden wir aus dem Raum gebeten. Ich gehe davon aus, dass er das Schweinemett dann tatsächlich verabreicht hat.“
Andere sollen weggeschaut haben
Übergriffe in den Gewahrsamszellen, Gewalt gegenüber Menschen – sind das Einzelfälle? Gegenüber dem NDR schildert ein weiterer Insider seine Sicht der Dinge: „Es gab öfter lautes Geschrei in den Gewahrsamszellen. Und wenn das zu nervig war, dann wurde nicht nachgeschaut. Es wurde einfach die Tür geschlossen, damit nichts nach außen drang. Das habe ich selbst einmal gesehen. Geschlossen wurde die Tür auch vom Dienstgruppenleiter.“
Staatsanwaltschaft: Vorfall wäre „bedenklich und einmalig“
Bei der Staatsanwaltschaft Hannover jedenfalls sah man sich nach der eingegangenen Strafanzeige offenbar zum Handeln gezwungen. Oberstaatsanwalt Klinge nennt den Vorwurf besonders schwerwiegend. Sollten sich die Anschuldigungen als wahr erweisen, „wäre das ein Vorwurf, der sicherlich doch sehr bedenklich und einmalig wäre“.
BDK-Chef: Schlimmere Vorwürfe gegen Polizisten gibt es nicht
Empört ist auch der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) in Niedersachsen, Ulf Küch aus Braunschweig. Schon die Anfertigung des Fotos von einem gefesselten Mann in der Gewahrsamszelle ist aus seiner Sicht ein absolutes „No-Go“. Er nennt den Vorgang „Misshandlung von Schutzbefohlenen“ und argumentiert so: „Diese Person befindet sich bereits im Gewahrsam. Sie trägt Handschellen. Dann darf gar keine weitere Gewalt gegen diese Person stattfinden.“ Hier sei offenbar etwas völlig aus dem Ruder gelaufen. Küch spricht davon, dass hier die schlimmsten Straftatbestände verwirklicht sein könnten, die man als Polizeibeamter begehen könne: „Der Auftrag lautet Schutz und nicht Folter.“
Bundespolizei verspricht angebliche Transparenz
Die Bundespolizeidirektion wollte sich auf Nachfrage des NDR zu konkreten Details der Vorwürfe nicht äußern, da es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren handele. Eine Sprecherin betonte aber „größtmögliches Aufklärungsinteresse“ ihrer Behörde. Man werde die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen nach Kräften unterstützen und signalisierte den Willen zur Transparenz.
Literatur:
Alltäglicher Ausnahmezustand: Institutioneller Rassismus in deutschen Strafverfolgungsbehörden
Wir können doch nicht alle nehmen!: Europa zwischen Das Boot ist voll“ und Wir sterben aus“ von Livia Klingl
Gestürmte Festung Europa. Einwanderung zwischen Stacheldraht und Ghetto. Das Schwarzbuch von Corinna Milborn
Quellen: jungewelt.de/ndr.de vom 18.05.2015
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