Ein Geheimarchiv enthüllt die Wahrheit über die Finanz- und Politskandale der Kirche.
Skrupellose Finanzoperationen, getarnt als Werke der Wohltätigkeit unter dem Deckmantel karitativer Stiftungen, Konten für Mafiosi, Schmiergelder für Politiker, Spendenveruntreuung, Geldwäsche: Mit Hilfe von viertausend Dokumenten aus dem Nachlass von Monsignor Renato Dardozzi, einem der wichtigsten Männer der vatikanischen Hochfinanz, enthüllt der Journalist Gianluigi Nuzzi die skandalösen Machenschaften der Vatikanbank. Glänzend recherchiert, detailliert belegt und ebenso spannend wie schockierend.
Die Entstehungsgeschichte dieses Buches, das wochenlang die italienische Bestseller-Liste dominierte, liest sich wie ein Teil eines Thrillers. Renato Dardozzi (1922-2003) nahm über 20 Jahre lang an den geheimen Sitzungen der engsten päpstlichen Mitarbeiter teil, weil er in dieser Zeit eine leitende Position in der Verwaltung der Kirchenfinanzen innehatte. Offenbar lebte er in einem schweren Konflikt zwischen Treue und Gewissen, denn er schaffte in dieser Zeit umfangreiches Material beiseite, das die unglaublichen Machenschaften der Vatikanbank (IOR, Instituto per le Opere di Religione, dt.: Institut für die Werke der Religion) bewies. Er lagerte dieses Archiv im Keller eines Tessiner Bauernhauses und verfügte, dass es nach seinem Tode dem Autor dieses Buches zufallen solle. Dieser brachte es dann nach Italien zurück, schrieb im Geheimen und zeigte das Manuskript erst einige Tage vor der Veröffentlichung einem der Bosse des IOR, der daraufhin leichenblass wurde.
Der Autor wird nicht müde zu betonen, dass sich sein Buch nicht gegen den Heiligen Stuhl richtet, sondern gegen die Sünder in der Vatikanbank. Angesichts des Handelns von Paul VI., der Todesumstände von Johannes Paul I. und der folgenlosen Kenntnisse seines Nachfolgers über die Machenschaften des IOR, lässt sich der Heilige Stuhl jedoch nur schwer aus dem Geschehen heraushalten. Es ist Benedikt XVI. zu verdanken, dass ein klarer Schlussstrich gezogen wurde, für den dieses Buch der Anlass war. Insofern hat es der katholischen Kirche letztendlich genutzt.
Nachdem 1968 die Kapitalerträge des Vatikans wieder der Besteuerung durch den Italienischen Staat unterworfen wurden, hatte die Kirche auf einen Schlag eine Milliarde Euro (nach heutigem Wert) nachzubezahlen. Daraufhin beauftrage Paul VI. einen Geistlichen und einen der Mafia nahe stehenden Laien enorme Beträge ins rettende Ausland zu transferieren. Damit und mit einigen in diesem Zusammenhang stehenden Todesfällen beginnt das Buch. Wenig später erfahren wir, dass das IOR bis 1. Januar 2010 wie eine Offshore-Bank mitten in Europa gewirkt hatte. Sie war unkontrollierbar und stand außerhalb der Gesetze Italiens und der EU. Auf diese Weise konnten nicht nur fromme Spender, sondern auch merkwürdige Stiftungen, die es in Wirklichkeit gar nicht gab, Nummernkonten errichten, Geld in bar einzahlen und dann zum Beispiel in die Schweiz transferieren. Für eines dieser Konten war der mehrmalige italienische Regierungschef Andreotti zeichnungsberechtigt, dessen enge Beziehungen zur Mafia inzwischen kein Geheimnis mehr sind.
Darüber hinaus entwickelte der damalige Chef des IOR eine raffinierte doppelte Buchführung, die es gestattete, dass auch Gelder von Konten der Kirche zweckentfremdet nutzbar gemacht werden konnten. Schließlich wurde das IOR zu einer riesigen Geldwaschanlage für Schmiergelder im italienischen Politsumpf. Was bereits auf den ersten hundert Seiten dieses Buches zu lesen ist, steht in einem solch krassen Widerspruch zu den Moralpredigten der katholischen Kirche, dass man es kaum glauben will. Selbst als 1992 italienische Staatsanwälte der Geldwäsche auf die Spur kamen, blockierte der Vatikan die Ermittlungen in seiner Bank wo immer er konnte oder gab verzerrt nur so viel preis, wie nötig war. Andererseits führten die weltlichen Ermittlungen zu einem Machtkampf im Vatikan, der sich langsam wenigstens zugunsten einer inneren Aufarbeitung im IOR entschied.
Doch selbst als der Vatikan auch noch nach der Schmiergeldaffäre immer wieder durch das IOR und sein merkwürdiges Geschäftsgebaren in Schwierigkeiten kam, blieb er bei seiner Geheimniskrämerei nach außen. Über einige dieser Baustellen berichtet der Autor am Ende des ersten Teils des Buches. Dort erfahren wir auch, dass die Päpste einen großen Teil ihrer ihnen zur alleinigen Verfügung bereitgestellten Mittel aus den Gewinnen des IOR beziehen, über dessen Aktivitäten sie sehr wohl informiert werden. Jedenfalls war das unter Johannes Paul II. so.
Auf den letzten 50 Seiten widmet sich der Autor dann zwei Themen, die abseits des Geheimarchivs von Dardozzi liegen. Dabei geht es um den gescheiterten Versuch, nach 1992 eine neue große Partei der Mitte in Italien zu gründen und um die Dreiecksbeziehungen zwischen der sizilianischen Mafia, der Politik und dem IOR.
Fazit:
Wenn man dieses Buch gelesen hat, ist man entweder schockiert oder bekommt eine Bestätigung für seine Vermutungen. Die Vatikanbank IOR agierte bis wenigstens in die 1990er Jahre keineswegs wie eine Aktiengesellschaft, sondern wie eine Offshore-Bank. Denn im Unterschied zu einer öffentlichen AG ist eine Offshore-Bank eine Geldwaschanlage, die unkontrolliert im Geheimen arbeitet. Obendrein gab es in diesem Institut auch noch eine doppelte Buchführung, die es selbst den späteren vatikanischen Aufklärern erschwerte, den Transaktionen dieser Bank zu folgen. Das Buch ist relativ spannend geschrieben. Da der deutsche Leser jedoch nicht immer mit den innenpolitischen Gegebenheiten Italiens vertraut ist, hat er möglicherweise an manchen Stellen ein paar Schwierigkeiten, den geschilderten Abläufen und Figuren zu folgen. Dem Autor und seinem Buch ist es zu verdanken, dass die katholische Kirche als Institution einmal mehr gezwungen wurde, sich von ihrer mittelalterlichen Geheimniskrämerei zu lösen.
Verweis:
Vatikan AG: Ein Geheimarchiv enthüllt die Wahrheit über die Finanz- und Politskandale der Kirche von Gianluigi Nuzzi
Video:
Scheinheilige Geschäfte
Nach dem Skandal um die Mafia-Verstrickungen der Vatikanbank in den 1980er Jahren galten die Finanzen des kleinsten Staates der Welt als zerrüttet. Heute sind dessen Kassen wohl gefüllt: dank Spendenrekorden, einer umfassenden Steuerbefreiung und lukrativen Nebeneinkünften. Topmanager kümmern sich um die Geschäfte.
Um die Transparenz ist es weniger gut bestellt: Was der Kirche an Geldern zufließt und wofür sie sie ausgibt, ist ein streng gehütetes Geheimnis. Curzio Maltese blickt hinter diese Mauer des Schweigens. Gestützt auf Kirchendokumente, fördert seine Recherche Verblüffendes zutage. Entgegen aller Annahmen kommt nur ein Fünftel der Einkünfte aus der Kirchensteuer wohltätigen Zwecken zugute. Die Kirche ist Italiens größter Immobilienbesitzer und Tourismusmanager und zahlt keinen Cent Steuern, wenn sie Hotels betreibt oder einträgliche (Pilger)Reisen organisiert. Der Vatikan, für internationale Anleger ein Steuerparadies, kostet den italienischen Steuerzahler mehr als Staatsverwaltung und Parlament zusammengenommen.
Von Josef Ratzinger, inzwischen besser bekannt als Papst Benedikt XVI.,stammt die Bemerkung, dass sich die katholische Kirche in ihrer zweitausendjährigen Geschichte nicht immer „aus eigener Kraft von materiellen Dingen befreien konnte, sondern dass diese ihr von anderen genommen wurden; und das war am Ende ihre Rettung“.
Nimmt man das wörtlich, dann könnte sich Curzio Maltese mit seinem neuen Buch als potenzieller Retter der Kirche brüsten, so scharf geht er mit den Finanzen des Vatikans ins Gericht. Aber so weit geht der namhafte italienische Publizist und Kirchenkritiker nicht, der sich mit einem früheren Buch immerhin rühmt, er habe nachgewiesen, dass Papst Pius XII.
„zu den Hauptverantwortlichen des 2. Weltkriegs“ zählt. Mit dem jüngsten habe er nur „ein bescheidenes Ziel: Es will darüber aufklären, wie die öffentliche Finanzierung der ’ehemaligen’ Staatsreligion funktioniert.“ Die Gänsefüßchen für ’ehemalig’ erklärt er mit seiner Kernthese, die katholische Kirche habe seit der Trennung von Kirche und Staat in Italien ihre politische und ökonomische Macht nicht eingebüßt, sondern sogar erheblich erweitert und jeder Kontrolle entzogen.
Noch immer sei sie die einzige Religion, die über einen eigenen Staat und eine eigene Bank verfügt, aber sich dennoch vom italienischen Staat und Steuerzahler alimentieren lässt: Seit den Lateranverträgen – dem von Mussolini geschlossenen Konkordat – verfügt der Vatikan über umfangreiche materielle Privilegien, unter anderem Steuerfreiheit für das Eigentum und die Bewohner des Vatikans, Zollfreiheit für alle Importwaren, einen eigenen Bahnhof auf Kosten des italienischen Staats und staatliche Besoldung der Religionslehrer für den Religionsunterricht an allen weiterführenden staatlichen Schulen. Allein 700 Millionen Euro im Jahr zahlen Staat und Kommunen als Zuschüsse für kirchliche Bildungs- und Gesundheitsdienste. Seit 1990 behält der italienische Fiskus acht Promille der Einkommenssteuer für soziale Zwecke ein, die der italienischen Bischofskonferenz (CEI) zufließen; laut Maltese sprudelt damit „ein Geldstrom in die Kassen der CEI, der bald auf eine Milliarde Euro pro Jahr anschwillt“. Doch nur ein Fünftel dieser Summe wende die katholische Kirche tatsächlich für wohltätige Zwecke auf, vier von fünf Euro „dienen der Eigenfinanzierung“.
Dazu zählen außer Priestergehältern und Ausgaben für Gottesdienste und Religionsunterricht auch Aktivitäten auf dem Finanz- und Immobiliensektor; keine quantité negligeable, wenn man weiß, dass ein Viertel von Grund und Boden in Rom der Kirche gehören und dass sie in kirchlichen Immobilien in ganz Italien in großem Umfang Hotel- und Tourismuseinrichtungen betreibt; zumeist steuerfrei, da ein entsprechendes Dekret alle Immobilien von der Grundsteuer befreit, die nicht ausschließlich kommerziellen Zwecken dienen. „Tatsächlich“, erläutert Maltese, „verfügen jedes Hotel, jedes Kino und sogar die Buchhandlungen über eine Kapelle oder wenigstens einen religiösen Schaukasten zum Beweis der ’nicht ausschließlich kommerziellen Nutzung’.“ Maltese nennt das einen „Triumph der Scheinheiligkeit“, der seinem Buch den Titel leiht: Scheinheilige Geschäfte.
Über deren Umfang kann auch er keine eindeutigen Angaben machen, „da verlässliche Zahlen fehlen und die Kirche dazu neigt, die tatsächliche Nutzung ihrer Immobilien zu verschleiern“. Die vatikanische Holdinggesellschaft APSA und das römische Pilgerwerk ORP haben zudem in Italien exterritorialen Status und müssen keine Bilanzen vorlegen. Als einzige internationale Behörde untersuchte die Federal Reserve 2002 die Finanzen des Vatikans im Hinblick auf die in den USA anfallenden Zinsen; mit dem Ergebnis, dass der Vatikan in den USA über rund 600 Millionen Dollar in Wertpapieren verfügte und weitere 273 Millionen in Joint Ventures mit amerikanischen Partnern investiert hatte. In Italien gibt es Zahlen dazu nur aus den sechziger Jahren, als die Regierung das Aktienvermögen des Vatikans auf 90 Milliarden Lire bezifferte; das entspräche heute 776 Millionen Euro. Curzio Maltese jongliert für seine Hochrechnung mit schwindelerregenden Zahlen und muss am Ende doch einräumen: „Ohne genaue Zahlen wird das Hab und Gut der Kirche zu einer metaphysischen, geheimnisumwitterten Größe.“
Das gilt auch für die Geschäfte der Vatikanischen Bank IOR. Sie verwalte nach „vorsichtigen Schätzungen“ rund fünf Milliarden Euro als Einlagen und biete – bisher jedenfalls – „eine bessere Verzinsung als die besten Hedge-Fonds und einen unbezahlbaren Vorteil: das absolute Bankgeheimnis“. Sie unterliege keinen externen Kontrollen, gebe keine Scheckbücher aus und vollziehe ihre Transaktionen zum Großteil in bar oder in Goldbarren, „ohne eine Spur zu hinterlassen“. Als Johannes Paul II. Mafiosi exkommunizierte, sei die Mafia empört gewesen, weil sie ihr Geld doch bei der Vatikanbank gebunkert habe. Maltese nennt sie deshalb „ein schwarzes Loch, in das niemand hineinzuschauen wagt“.
Doch Kritiker dieses gänzlich undemokratischen Systems bekommen schnell den langen Arm der Kurie zu spüren: In Italien läuft nichts mehr ohne Plazet des Vatikans, der sich immer ungehemmter in die Politik des laizistischen Staates einmischt.
Verweis:
Scheinheilige Geschäfte: Die Finanzen des Vatikans von Curzio Maltese
Quellen: PRAVDA TV/PublicDomain/perlentaucher.de/tagesspiegel.de/bloomberg.com vom 06.03.2015
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