Haben Bäume Rechte? Plädoyer für die Eigenrechte der Natur

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Abstrakte Gebilde wie Wirtschaftsunternehmen geniessen als »juristische Personen« Persönlichkeitsrechte. Warum dann nicht auch Bäume, Flüsse, Landschaften?

Ausgehend von dieser so naheliegenden wie revolutionären Frage, überlegt der Jurist Christopher Stone, wie Gesellschafts- und Rechtssysteme beschaffen sein müssen, in denen die Eigenrechte der Natur zur Geltung kommen.

Als Joseph Beuys 1982 im Rahmen der „Documenta 7“ in Kassel Bäume pflanzte, stieß er auf nicht wenig Unverständnis. Heute gilt sein Werk „7000 Eichen“ als bekannteste und ambitionierteste Soziale Plastik. Indem er Bäume als wesenhafte Subjekte behandelte, rührte Beuys an den Grundfesten des anthropozentrischen Welt- und Rechtsverständnisses. Nicht etwa, weil er Gärtner sei, pflanze er Bäume, betonte der Künstler, sondern weil sie „entrechtet“ seien, und erklärte: „Ich möchte diese Bäume rechtsfähig machen.“

Zehn Jahre bevor in Kassel Stieleichen, Ulmen, Platanen und drei Dutzend weitere Arten als lebende Stolpersteine wider speziezistisches Denken ins Stadtbild gesetzt wurden, veröffentlichte der amerikanische Jurist Christopher D. Stone sein visionäres Plädoyer „Should Trees Have Standing?“, soeben als „Haben Bäume Rechte?“ bei thinkOya neu aufgelegt.

Auslöser für seinen innovativen Beitrag zum Umweltrecht waren die Pläne des Walt-Disney-Konzerns, im kalifornischen Mineral King Valley ein Skigebiet zu errichten. Die Klage der Naturschutzorganisation Sierra Club wurde abgewiesen, weil dessen Mitglieder nicht unmittelbar in ihren Rechten geschädigt worden wären.

Dies brachte den jungen Juradozenten auf die so naheliegende wie unorthodoxe Idee, jene Partei, die dem Vorhaben direkt und schutzlos ausgesetzt war, als Klägerin vorzuschlagen: das Tal selbst mit seinen Hängen, Senken, Flüssen und Bäumen. Dass Landschaften und Bäume weder die menschliche Sprache beherrschen noch vor Gericht erscheinen können, war für Stone kein Hindernis. Schließlich können abstrakte Gebilde wie Unternehmen oder Staaten dies ebenso wenig; dennoch genießen sie als „juristische Personen“ unveräußerbare Rechte. Warum also nicht auch natürliche Organismen?

Praktisch angewendet, hätte dies Auswirkungen von enormer Tragweite. Man stelle sich vor: Erdölkonzerne würden im Namen der Weltmeere verklagt, durch Pestizide verseuchte Böde forderten Wiedergutmachung, das Weltklima zöge gegen CO2-intensive Industrien vor Gericht. – Absurd?

Gewiss, nach extraktivistischer Verwertungslogik wäre damit kein Staat zu machen. Jedoch geht es hier um weit mehr als kurzfristigen Profit und spitzfindige Fragen juristischer oder politischer Korrektheit: In Zeiten verschärften Ökozids und Artensterbens wird drastisch sichtbar, dass nichts ohne etwas anderes überleben kann.

Als reife Menschengemeinschaft stünde es uns nicht nur gut zu Gesicht, sondern es wäre auch in unserem eigenen Interesse, wenn wir den Entrechteten zu ihrem guten Recht verhülfen.

Sein Essay ist ein kraftvoller, juristisch wohlbegründeter Aufruf an die Menschen, die Rechte der mehr-alsmenschlichen Welt anzuerkennen und ihrer Aufgabe der Pfleg- und Anwaltschaft für diese gerecht zu werden. Mit seinem Plädoyer, natürliche Organismen als vor Gericht klagebefugte Träger unveräusserbarer, subjektiver Rechte anzuerkennen, schuf er 1972 einen Meilenstein des Umweltrechts. Auch vierzig Jahre nach Erstveröffentlichung hat dieser Klassiker nichts von seiner Aktualität eingebüsst.

Haben Bäume Rechte? Plädoyer für die Eigenrechte der Natur von Christopher D. Stone
ISBN: 978-3-927369-81-8
Einband: Broschiert
Umfang: 90 Seiten
Format: 13.7 cm x 17.5 cm

Quellen: PRAVDA TV/geomantie.net/at-verlag.ch vom 15.02.2015

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