Unterirdische Gasspeicher in Deutschland: Tickende Zeitbomben in der Tiefe (Videos)

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Die Gasspeicher in Deutschland sind zu Beginn des Winters gut gefüllt. Doch die unterirdischen Kavernenlager bergen große Risiken, wie Recherchen ergeben haben. Sie gleichen tickenden Zeitbomben in der Tiefe.

Auf den ersten Blick scheint sie perfekt, die ländliche Idylle. Nur die Pipelines, die aus dem Boden kommen, verraten, dass hier in Gronau-Epe, im westlichen Münsterland, das hier in der Tiefe, eingebettet im Salzgestein, das weltweit größte Kavernenlager verborgen liegt. Rund 80 dieser gigantischen Kavernenspeicher stehen hier dicht an dicht, ein einzelner Speicher so groß, dass der Kölner Dom problemlos darin Platz fände.

(Bild: Bilder wie nach einer Öltankerkatastrophe: Arbeiter in Epe/NRW mit Atemmasken und Schutzanzügen bei der Sanierung)

Große Flächen versäumt

Die Hohlräume sind künstlich entstanden, durch industriellen Salzabbau für die chemische Industrie. Ein kleiner Teil der Speicher ist reserviert als nationale Krisenreserve für Notzeiten, die restlichen Kavernen dienen als Erdgasspeicher. Für die Energiewirtschaft der Republik spielen sie eine zentrale Rolle: Rund 23 Milliarden Kubikmeter Gas werden unter Tage gespeichert. Dieses Volumen entspricht rund einem Viertel des gesamtdeutschen Jahresverbrauchs.

Die Spuren der Katastrophe, die kurz vor Ostern ihren Lauf nahm, sind noch lange nicht verschwunden: In der Nähe eines Bauernhofs trat Öl aus der Erde, große Flächen sind komplett verseucht. Bislang sind über sieben Millionen Öl-Wassergemisch abgesaugt. Monatelang suchten die Behörden nach dem Ölleck – bis eine undichte Stelle in der Rohrleitung einer Speicherkaverne in rund 200 Meter Tiefe gefunden wurde. Bislang gibt es noch immer keine offizielle Erklärung, warum es zu diesem Leck gekommen ist.

Anwohner sich verunsichert

Die Anwohner sind verunsichert. Tickt da in der Tiefe eine Zeitbombe? „Man weiß nicht mehr, wem man glauben soll“, sagt Thomas Kottig. Der Bauunternehmer beobachtet, wie sein Haus seit Jahren Zentimeter um Zentimeter absinkt. Die Folge sind deutliche Risse im Fundament und den Außenmauern.

Der Geo-Wissenschaftler Ralf Krupp bestätigt: es gibt ein beträchtliches Restrisiko bei Salzkavernen. „Es gibt weltweit sehr viele Kavernenanlagen und etliche Fälle, wo Kavernen eingebrochen sind und wo es zu Leckagen, zu Explosionen und zu Bränden kam. Bei Kavernen besteht ein nicht unerhebliches Restrisiko. Das kann zu deutlichen Bodensenkungen führen, im schlimmsten Fall zu gewaltigen Einbrüchen.“

Trotz dieser bekannten Risiken sind in Deutschland massenhaft Kavernenspeicher entstanden. 244 sind jetzt schon in Betrieb, weitere 111 in Planung. Weltweit steht Deutschland, was Untergrundspeicher angeht, auf den vorderen Plätzen. Ein Wirtschaftszweig, mit dem die großen Energiekonzerne in den vergangenen Jahren viel Geld verdient haben. Das Geschäftsprinzip ist simpel: Billig eingekauft im Sommer wird Erdgas im Winter möglichst zu Höchstpreisen an den Spotmärkten losgeschlagen. Eine lukrative Geldanlage für Investoren: Der Kavernenfonds des Unternehmens IVG im ostfriesischen Etzel zählt nach eigenen Angaben mit 1,7 Milliarden Euro zum größten Infrastrukturfonds Deutschlands.
Auch wenn das Geschäft wegen des niedrigen Ölpreises derzeit nicht ganz so viel abwirft, sind die Kavernenbetreiber zuversichtlich: denn nach den Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums sollen Kavernenspeicher die Energiewende vorantreiben. Überflüssiger Strom aus Windkraft könnte etwa in Wasserstoff oder künstliches Methan umgewandelt werden und in Kavernenspeichern gelagert werden. Noch ist die Technik nicht ganz ausgereift.

Salami-Taktik gegen Prüfpflicht

So oder so, ein Millionengeschäft auf Kosten der Allgemeinheit, kritisiert der auf Bergrecht spezialisierte Bonner Anwalt Carsten Heise: Genehmigungen und Betrieb von Kavernen erfolgten Jahrzehnte ohne zwingende Umweltverträglich-keitsprüfung, kurz UVP, und ohne ausreichende Öffentlichkeit. Daran habe sich bis heute kaum etwas geändert, sagt der Anwalt, „denn erst Kavernen ab einem Füllvolumen von einer Milliarde Kubikmeter bedürfen einer entsprechenden UVP-Prüfung. Diese gesetzliche Grundlage ist in meinen Augen eindeutig auf die Interessen der Wirtschaft zurechtgeschnitten und berücksichtigt nicht ausreichend das berechtigte Transparenzbedürfnis der Bürger und der Öffentlichkeit.“

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Großprojekte werden „so zurecht gestückelt, dass für die Einzelkaverne keine Prüfpflicht besteht“, sagt Rechtsanwalt Heise,“ das heißt, einer Salami-Taktik wird weiter Vorschub geleistet.“ Darüber hinaus sei die Frage der Nachsorge zur Zeit noch völlig ausgeklammert: Kavernenspeicher hätten eine begrenzte Lebensdauer von maximal fünfzig Jahren, was danach mit ihnen passiere, sei noch völlig offen, so Heises Kritik, denn „diese Frage muss erst dann beantwortet werden, wenn ein der Betreiber den Antrag auf Schließung stellt.“

Was passiert mit den Rohrleitungen bei Bodenbewegungen?

Warnhinweise gibt es aber schon jetzt genug: technische Probleme häufen sich, nicht nur in Gronau-Epe. Auch in Etzel, dem großen Kavernenlager in Ostfriesland, liefen vor genau einem Jahr rund vierzigtausend Liter Rohöl aus. Die Ursache ist noch immer nicht geklärt. Völlig offen ist ebenfalls, welche Auswirkungen die Bodenabsenkungen auf die Speichertechnik haben. Das Absacken der Erde ist eine Folge des Kavernenbetriebs im Untergrund. Die Hohlräume werden durch den auflastenden Gebirgsdruck von tausend Metern langsam, aber stetig zusammengepresst. Dieser Prozess wird beschleunigt durch das Ein- und Ausspeichern von Gas.

Doch was passiert etwa mit Rohrleitungen, die solche Bodenbewegungen mechanisch auffangen müssen? Eine derartige Risikoabwägung habe es nie gegeben, räumt die Behörde, das nordrhein-westfälische Landesoberbergamt ein. Das Salz, in dem die Kavernen stehen, sei besonders standfest, versichert Behördensprecher Werner Isermann. Bei der Genehmigung der Kavernen „ist das berücksichtigt worden, insofern, als das hier ein sehr stabiles System zum Einsatz gekommen ist. Aber dass es jetzt gravierende Senkungen oder geotektonische Bewegungen gegeben hat, davon war nicht auszugehen.“

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Erste Vorversuche am Geowissenschaftlichen Institut der TU Darmstadt aber zeigen, dass solche Setzungskräfte deutliche Schäden an einer Rohrzementierung hervorrufen können. Die mehrere hundert Meter langen Rohrstrecken stellten, ähnlich wie beim Fracking auch, ein „potentielles Risiko dar“, sagt Institutsleiter Ingo Sass. „Es ist immer problematisch, wenn ein starres Rohrsystem in eine Umgebung einbetoniert ist, die in Bewegung gerät“, erklärt Ingo Sass, „deshalb bedarf es bei einer solchen Speichertechnologie auch besonderer Aufmerksamkeit.“

Rohrleitungen werden nur lückenhaft kontrolliert

Recherchen in den Akten der Aufsichtsbehörde aber belegen: die Rohrleitungen werden, wenn überhaupt, im laufenden Betrieb nur lückenhaft und keinesfalls umfassend kontrolliert. Harald Friedrich, ehemaliger Abteilungsleiter im nordrhein-westfälischen Umweltministerium, spricht von einem eklatanten Mangel, denn „wenn das nicht gemacht worden ist und auch jetzt nicht kontinuierlich kontrolliert wird, dann weiß keiner, ob sich etwas bewegt und was für Toleranzen es gibt.“

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(Bild: Unter dem Städtchen Rehden, südlich von Bremen, liegt der größte natürliche Erdgasspeicher Westeuropas. 2.000 Meter tief unter der Erde, in den Poren der unterirdischen Kalk- und Sandsteinschichten, sammelte sich vor Jahrmillionen  Erdgas. 40 Jahre lang wurde es gefördert. Vor 20 Jahren die letzten Kubikmeter. Danach wurde Deutschlands größtes Gasfeld zu Deutschlands größtem Porenspeicher umgebaut. Über 900 Fußballfelder weit erstreckt sich das unterirdische Erdgas-reservoir. Ein natürlicher Supertank. Wer einspeichert, muss zahlen. Mehr als 80 Prozent des deutschen Erdgasbedarfs werden importiert. Das Gas kommt durch Pipelines aus Russland, Norwegen und den Niederlanden. Ganzjährig in gleichbleibender Menge. In Rehden wird „zwischengelagert“, was nicht direkt für den Verbrauch bestimmt ist. Mit den Speichern werden jahreszeitliche Bedarfsschwankungen ausgeglichen – und es wird damit Geld verdient. Im Krisenfall könnten die gespeicherten Erdgasmengen unsere Versorgung für drei Monate sichern. Im Moment. Denn derzeit sind unsere Speicher gut gefüllt)

Drama in Louisiana

Was passieren kann, wenn eine Salzkaverne zusammenbricht, zeigen Beispiele aus den USA. In Louisiana kollabierte vor zwei Jahren eine Salzkaverne und bildet seitdem einen großen Kratersee. Der Krater im Krater wächst noch immer, verschlingt von Zeit zu Zeit ganze Baumreihen. Das gesamte Gebiet ist zur Sperrzone erklärt worden. Rund 250 Menschen, die in der Nachbargemeinde Bayou Corne wohnten, wurden aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen.

Video:

Abschluss: 

Einen entsprechenden Korrekturbedarf im Bundesberggesetz sehe man trotz der jüngsten Störfälle nicht, antwortet eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfrage. Für Genehmigung und konkrete Betriebsauflagen von Speicherkavernen sei auch nicht der Bund, sondern die Länder zuständig. So wird die Verantwortung von einem auf den anderen geschoben. Leidtragender ist am Ende der Bürger: er trägt das Risiko und muss bei möglichen Unglücken womöglich am Ende auch noch mit Steuergeldern gerade stehen.

Video: Tickende Zeitbomben in der Tiefe

Quelle: ZDF vom 03.12.2014

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