Spekulationen über einen möglichen Hacker-Angriff / Regierungsvertreter der USA: Wir haben damit nichts zu tun / Schurke mit Tradition.
Mitten im Streit mit den USA um einen Hacker-Angriff ist das ohnehin störanfällige Internet in Nordkorea stundenlang komplett ausgefallen. Erst nach neuneinhalb Stunden seien die Verbindungen wiederhergestellt worden, schrieb die auf Internetsicherheit spezialisierte US-Analysefirma Dyn Research am Dienstag beim Kurznachrichtendienst Twitter. Die Störungen vom Montag lösten Spekulationen über einen möglichen Hacker-Angriff aus.
Auch die südkoreanische Regierung teilte mit, das Internet in dem weitgehend isolierten Nachbarland sei stundenlang unterbrochen gewesen. Es werde überprüft, ob es sich um eine Cyber-Attacke oder einen internen Systemcheck gehandelt habe, hieß es aus Regierungskreisen in Seoul. Es habe keine Probleme mit nordkoreanischen Propaganda-Websites wie Uriminzokkiri oder Naenara gegeben, die über Server im Ausland erreichbar sind.
»Es gibt normalerweise vereinzelte Ausfälle, aber keine länger andauernden Verbindungsprobleme«, sagte der leitende Mitarbeiter von Dyn Research, Doug Madory, dem US-Nachrichtensender CNN. Er wäre nicht überrascht, wenn gegen das Land eine Art Cyber-Attacke laufen würde, sagte er demnach kurz nach dem Auftreten der Internetstörungen in Nordkorea. Es sei, »als wenn Nordkorea von der globalen Landkarte des Internets ausradiert wurde«, wurde Matthew Prince, Chef der Sicherheitsfirma CloudFlare, zitiert.
Einem Bericht des US-Senders NBC zufolge bestritt ein amerikanischer Regierungsvertreter entschieden, dass die Vereinigten Staaten etwas mit dem Ausfall zu tun hätten. Die USA beschuldigen das Regime in Pjöngjang, hinter einem Hacker-Angriff auf das Filmstudio Sony Pictures zu stecken, das eine Nordkorea-Satire in die Kinos bringen wollte. Nordkorea weist dies zurück. Der Streit beider Länder hatte sich zuletzt verschärft.
Der Großteil der Bevölkerung in Nordkorea hat keinen Internetzugang. Es gibt dort aber auf das Land beschränktes, nicht öffentliches Intranet. Nach Angaben nordkoreanischer Flüchtlinge kann das Intranet nur von Regierungsbeamten, dem Militär und Universitäten genutzt werden.
Filmriss
Es gibt abenteuerliche Erzählungen, die selbst bestens gemachten Thrillern den Schneid nehmen. Der Film »The Interview« aber ist ein grottenschlechter Streifen – dazu mit unverhülltem Tötungswahn –, der nur deswegen Publicity erheischt, weil seine Produzenten es nicht schafften, das Machwerk planmäßig in den Kinos anlaufen zu lassen. Dieses Malheur ist dem kapitalistischen (japanischen) Großunternehmen Sony Pictures widerfahren, das jetzt auf massive Hilfe und Schadensbegrenzung seitens der Regierung des engsten Verbündeten, der USA, hofft. Was liegt da näher, als das inkarnierte Böse, Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, als Drahtzieher der bis dato größten Cyberattacke auszumachen? Zumal es in dem Film darum geht, eben diesen Fiesling und verbliebenen Restposten des Realsozialismus ins Jenseits zu befördern.
Was aber, wenn alles ganz anders, viel »traditioneller« gestrickt ist? Seit Ende des Koreakrieges (1953) ist Nordkorea für die USA geblieben, was es für sie stets unumstößlich war – »das Böse« schlechthin. Washington sieht in der Volksrepublik nicht nur einen »Schurkenstaat«. Anfang 2002 erklärte Präsident George W. Bush das Land auch als Teil einer »Achse des Bösen« – neben Irak und Iran. Cineastisch sorgte der James-Bond-Film »Die Another Day« (»Stirb an einem anderen Tag«) dafür, dass dieses Feindbild intakt blieb.
Als besondere, bis heute nicht verwundene Schmach gilt in Washington die sogenannte »USS Pueblo«-Affäre. Am 23. Januar 1968 hatten nordkoreanische Patrouillenboote das amerikanische Schiff »USS Pueblo« vor der Küste aufgegriffen, die gesamte 83köpfige Besatzung gefangengenommen und sie der Spionage bezichtigt. Für die US-Marine eine herbe Schlappe. Schlimmer noch: Nachdem die »Pueblo« lange Zeit in Wonsan an Nordkoreas Ostküste ankerte, wurde sie später in die im Westen gelegene Hauptstadt Pjöngjang gebracht und dort auf dem Taedong-Fluss als Touristenattraktion und wie eine Trophäe ausgestellt. Entgegen ursprünglichen Planungen für einen Militärschlag vermied es der damalige US-Präsident Lyndon B. Johnson allerdings, neben dem sich in Südvietnam abzeichnenden Fiasko ein weiteres Debakel in Asien zu riskieren. Morgen vor genau 46 Jahren, an Heiligabend 1968, landete die »Pueblo«-Besatzung nach elfmonatiger Gefangenschaft im kalifornischen San Diego.
Donald P. Gregg, von 1951 bis 1982 ein strammer CIA-Mann in Südostasien und Zentralamerika, dann CIA-Landeschef in Südkorea, bevor er dort 1989 zum US-Botschafter seines Landes avancierte, bemängelte mehrfach, dass Nordkorea die »am längsten währende Aufklärungspanne in der Geschichte der US-Spionage« darstelle. In Washington, so Gregg, habe man keine Nordkorea-Politik betrieben, sondern nur »Haltung – nämlich Hass« – gezeigt. Wieso sollte sich das ändern, wenn man im eigenen Stall wegen Foltervorwürfen, massenhafter Überwachung und Manipulationen (z. B. im Falle angeblicher irakischer Massenvernichtungswaffen) zunehmend ins Fadenkreuz der Kritik gerät?
Video: Wie die US-Medien Nordkorea künstlich und teilweise mit erfundenen Nachrichten zum Bösewicht hochjazzen
Quellen: PRAVDA TV/Reuters/nypost.com/neues-deutchland.de/jungewelt.de vom 23.12.2014
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