Hunderte Erdbeben pro Tag, ein Glutsee so groß wie die Insel Hiddensee: Seit Wochen rumort es unter dem isländischen Vulkan Bárðarbunga. Einige Szenarien, wie das Naturdrama weitergehen könnte.
Aus der Luft sieht alles ganz friedlich aus. Eine flache Delle im endlosen Weiß verrät den Krater des Bárðarbunga, zehn Kilometer breit, zwei Kilometer hoch und bedeckt vom Eis des Vatnajökull-Gletschers. Zu sehen ist die Idylle auf einem Foto des isländischen Geo-physikers Magnús Tumi, der vor einigen Tagen über den Vulkan geflogen ist. Doch am Boden herrscht keine Idylle. Da rumort es gewaltig. Wochenlang haben Hunderte Erd-beben pro Tag die Region im Südosten Islands erschüttert. Ausgebrochen ist der Krater des Bárðarbunga, einer der größten Vulkane Islands, bisher nicht.
(Foto: Seit einer Woche schießt die Lava des Vulkan Bárðarbung aus dem Boden. Sechzig bis siebzig Meter hoch sind die Lavafontänen)
Stattdessen hat sich Magma nach Nordosten durchs Erdreich gekämpft. Im Holuhraun-Lavafeld hat es schließlich den Weg an die Oberfläche gefunden, 40 Kilometer nord-westlich des Bárðarbunga-Kraters und jenseits des Gletschereises. Das Lavafeld ist Teil eines 200 Kilometer langen Vulkansystems, dessen höchste Erhebung der Bárðarbunga ist. In den vergangenen 10 000 Jahren hat die Erde hier mehr Lava ausgespuckt als jeder andere Vulkan auf dem Planeten. Sowohl im Jahr 870 als auch 1477 kam es zu gewaltigen Eruptionen an den südlichen Ausläufern des Vulkansystems, sie beförderten jeweils bis zu zehn Milliarden Kubikmeter Magma an die Oberfläche, schätzen Geologen.
Seit mehr als einer Woche schießt die Lava nun im Norden des Vulkansystems aus dem Boden, bisher soll eine Viertelmilliarde Kubikmeter Gestein aus der Tiefe gequollen sein. Die Glut bedeckt mittlerweile eine Fläche, die der Ostseeinsel Hiddensee entspricht. Nun hat die Lava den Fluss Jökulsá á Fjöllum erreicht, dichte Wasserdampfschwaden und Schwefelwolken steigen gen Himmel. Ein Ende des Infernos ist nicht in Sicht: Der Lavafluss sei in den vergangenen Tage nicht schwächer geworden, berichten isländische Medien.
(Inzwischen bedeckt die Glut eine Fläche von etwa 19 Quadratkilometern)
Erreicht die Lava das Eis, könnten große Flutwellen ins Tal stürzen
Die Geologin Eleonora Rivalta vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam sieht dennoch Anzeichen dafür, dass sich die Lage stabilisieren könnte. Der unterirdische Kanal, durch den sich die Lava nach Nordosten gekämpft habe, dehne sich nicht mehr aus, sagt sie. Das spreche dafür, dass der Druck aus der Tiefe nicht mehr wachse. Auch hätten in den vergangenen Tagen deutlich weniger Erdbeben die Region erschüttert als noch vor einigen Wochen. „Wir haben eine stabile Situation erreicht“, sagt Rivalta. Sie hält es aller-dings für möglich, dass sich das Magma an anderen Stellen weiter durchs Erdreich wälzt. Man müsse noch Monate lang damit rechnen, dass es zu Eruptionen kommt. „Was wir da erleben, ist ein sehr großes Ereignis.“
Offen ist, ob der Krater des Bárðarbunga noch explodiert. Dort kam es seit 1100 Jahren zu keiner größeren Eruption mehr. Sorge bereitet den Geologen, dass die 800 Meter dicke Eisschicht über dem Krater in den vergangenen Tagen um mehr als 15 Meter in die Tiefe gesackt ist. Offenbar, weil Magma aus einer großen Kammer unterhalb des Vulkans abge-flossen ist und das Erdreich nachgegeben hat. Aus dieser etwa sechs Kilometer unter der Erde gelegenen Kammer soll das Magma kommen, das im Holuhraun-Lavafeld an die Oberfläche gelangt ist. Im schlimmsten Fall könnte das Absacken des Kraters ein Vorbote für eine Eruption sein, spekuliert der Geologe Dave McGarvie.
Sollte die Lava tatsächlich die Unterseite des Gletschereises erreichen, würde es sich von dort schnell nach oben arbeiten, schreibt McGarvie. Bei solch einem Ausbruch würden vermutlich große Mengen Gletschereis schmelzen, gewaltige Fluten könnten ins Tal stürzen. Wenn Lava mit Eis in Kontakt kommt, entsteht außerdem Asche, die für Flug-zeugtriebwerke gefährlich ist. Dass wegen Vulkanasche aus Island erneut Zehntausende Flüge gestrichen werden, wie während des Ausbruchs des Eyjafjallajökull im Jahr 2010, gilt aber in jedem Fall als unwahrscheinlich. Damals stand der Wind sehr ungünstig, und Flugzeuge mussten schon bei einer sehr geringen Konzentration von Asche in der Luft am Boden bleiben. Seitdem überarbeiteten die Flugsicherheitsbehörden und Fluglinien die Richtlinien, weil Tests ergeben hatten, dass Triebwerke höhere Aschekonzentrationen tolerieren als gedacht. Flugzeuge dürfen jetzt auch bei etwas höheren Konzentrationen von Vulkanasche in der Luft noch fliegen.
Video: Aufnahmen der Cambridge University Anfang September 2014
Quellen: AP/sueddeutsche.de vom 10.09.2014
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Hat dies auf Oberhessische Nachrichten rebloggt.