Seit mehr als 50 Jahren gehören sie zu den unerklärten Geräuschen des Meeres: die regelmäßigen, einem Entengequake ähnlichen „Bio-Duck“-Klänge im Südozean. Was dieses vor allem im Winter häufige Untersee-Quaken erzeugt, war bisher unklar. Jetzt haben Biologen das Rätsel gelöst: Mit Hilfe von Unterwasser-Mikrophonen belegen sie eindeutig, dass Südliche Zwergwale (Foto) das Geräusch verursachen. Diese Zuordnung liefert auch ganz neue Einblicke in das Verhalten dieser häufigen, aber nur schwer zu beobachtenden Walart, wie die Forscher betonen.
Schon in den 1960er Jahren registrierten britische U-Boote, die im Südozean unterwegs waren, seltsame Geräusche: Ein schnelle Abfolge von kurzen, abfallenden Lauten im Frequenzbereich zwischen 50 und 300 Hertz. Diese Abfolge wird in kurzen Abständen wiederholt. Die U-Boot-Besatzungen tauften das allgegenwärtige Rätselgeräusch „Bio-Duck“ – weil es sie an das Gequake einer Ente erinnerte. Die Ursache dieser Laute aber blieb bis heute unbekannt. „Das Rätsel um diesen Sound hat sich sogar noch vertieft, weil er seltsame saisonale Muster aufweist“, erklären Denise Risch von der US National Oceanic and Atmopheric Administration (NOAA) und ihre Kollegen. Denn im südlichen Winter und Frühling erschallt das ständige Quaken in einem weiten Gebiet vom Wedellmeer vor der Antarktis bis nach Westaustralien. Dann ebbt es ab und ist den Rest des Jahres nur noch in einigen Gebieten vor der Antarktis zu hören.
Mikrophone mit Saugnapf
Dieses Muster legte schon früh nahe, dass ein Tier, vermutlich eine Walart, Urheber des Bio-Duck sein musste. Dingfest machen konnte man den Verursacher aber bisher nie. Risch und ihre Kollegen haben in ihrer Studie nun einen der Verdächtigen näher unter die Lupe – oder besser gesagt vor das Mikrophon – genommen: den Südlichen Zwergwal (Balaenoptera bonaerensis). Diese bis zu zehn Meter langen Bartenwale ernähren sich von Krill und kleinen Fischen und halten sich vorwiegend im offenen Meer und zwischen Meereisschollen auf. Sie sind daher nur mit großem Aufwand zu beobachten und zu erforschen, wie die Forscher berichten.
Daher ist über ihr Verhalten bisher nur wenig bekannt. Risch und ihren Kollegen gelang es nun, zwei der Zwergwale in Antarktischen Gewässern mit Unterwassermikrophonen und einem Sensorenpaket auszustatten. Mit einer Art Angel befestigten sie dazu das kleine Gerät samt Sender und Saugnapf am Rücken der beiden Tiere.
Dieser erste Versuch, Zwergwale direkt zu belauschen, erwies sich als Erfolg: Eines der Sensorenpakete arbeitete immerhin acht Stunden, das andere sogar 18 Stunden lang, bis es abfiel, wie die Forscher berichten. In dieser Zeitspanne fing das Hydrophon eines Wals tatsächlich das rätselhafte Bio-Duck-Geräusch ein: Der Zwergwal erzeugte jeweils 5-12 kurze Quaklaute und wiederholte diese alle 3,1 Sekunden – dies entsprach genau dem Profil des Bio-Duck. Der Wal gab diese Geräusche kurz vor einem Beutefang-Tauchgang ab, wie die Wissenschaftler berichten. „Unsere Ergebnisse lösen das Rätsel um die Quelle des Bio-Duck – einem der häufigsten Unterwasser-Klänge im Südozean“, konstatieren Risch und ihre Kollegen. Das Quaken stamme eindeutig von antarktischen Zwergwalen. Das Bio-Duck kann damit von der Liste der rätselhaften Unterwasserlaute gelöscht werden.
Damit ist nicht nur die Ursache des Geräuschs geklärt, die unzähligen Aufzeichnungen des Bio-Duck aus den letzten 50 Jahren erweisen sich nun auch als wertvolle Datenquelle für Walforscher. Denn aus ihnen können sie nun Informationen zur Verbreitung und zu den Wanderungsbewegungen dieser Wale ermitteln. So deutet das Verteilungsmuster des Bio-Duck darauf hin, dass ein großer Teil der Zwergwale im Südsommer im Meereis-gürtel um die Antarktis bleibt.
Ein kleiner Teil wandert dann im Winter bis nach Australien. Ein Rätsel aber gibt es noch: Denn die Bio-Duck-Klänge aus der Ostantarktis und dem Ross-Meer unterscheiden sich von denen aus der Westantarktis, wie die Forscher berichten: Die einen haben drei Pulse, die anderen fünf bis sechs. Ob dies daran liegt, dass sich die Zwergwale dieser Gegenden einen jeweils unterschiedlichen „Dialekt“ zugelegt haben, müssen nun weitere Untersuchungen klären.
Quellen: NOAA/wissenschaft.de vom 23.04.2014
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