Wald: Kahlschlag im Naturschutzgebiet (Video)

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Im Nationalpark Eifel wurden im September 2013 per Kahlschlag Fichten gefällt. Auf einer acht Hektar großen Fläche, das entspricht etwa zwölf Fußballfeldern. Der kahl geschlagene Fichtenwald gehörte zum Staatswald Nordrhein-Westfalen. Offiziell geht es um die Renaturierung von Bachtälern: Die Fichten mussten weichen, weil sich Birken, Erlen und Buchen ansiedeln sollen. Nach Recherchen von Plusminus setzen gleichzeitig fragwürdige Holzlieferverträge das Land Nordrhein-Westfalen unter Druck. Wird nicht geliefert, drohen Schadenersatzklagen in zweistelliger Millionenhöhe.

Land erteilte sich Ausnahmegenehmigung

Ein acht Hektar großer Kahlschlag ist im Landesforstgesetz verboten. Doch das Land Nordrhein-Westfalen kann sich für einen großen Kahlschlag im landeseigenen Wald eine Ausnahmegenehmigung ausstellen, kritisiert Andreas Schulte, Professor für Wald-ökologie an der Universität Münster. Das Land sei Aufsichtsbehörde für sich selbst. Seine Einschätzung: Einem privaten Waldbesitzer würde ein acht Hektar großer Kahlschlag wohl verboten.

Schwarz-gelbe Regierung schloss dubiose Verträge

Holzlieferverträge mit sechs Unternehmen kamen 2007 unter dubiosen Umständen zustande. Offiziell wurden sie von der schwarz-gelben Landesregierung geschlossen, damit die Firmen dem Land Nordrhein-Westfalen Sturmholz abnehmen. Der Orkan Kyrill hatte viele Fichten entwurzelt, die schnell aus den Wäldern entfernt werden sollten. Doch in einem Gutachter stellte Waldökologe Schulte schon 2008 fest, dass sich 75 Prozent der versprochenen Holzmenge auf frisch geschlagenes Holz bezog. Den sechs Unternehmen wurden mehr als eine Million Festmeter jährlich vertraglich zugesichert, obwohl im Staatswald Nordrhein-Westfalen nur 200.000 Festmeter Fichtenfrischholz nachhaltig geerntet werden können.

Finanzieller Vorteil für sechs Holzfirmen

Verantwortlich war der damalige CDU-Umweltminister Eckhard Uhlenberg. „Das Ministerium hat damals zehn Eier verkauft, obwohl es nur zwei im Korb hatte“, sagt Professor Schulte. Das sei entweder ein Zeichen von Inkompetenz oder es müsse andere Beweggründe der zuständigen Ministerialbeamten gegeben haben, Verträge abzu-schließen, die dem Land Nordrhein-Westfalen extrem schaden und auf der anderen Seite sechs Holzfirmen einen erheblichen finanziellen Vorteil verschaffen.

Firmen klagen gegen das Land

In einer Rede im nordrhein-westfälischen Landtag bezeichnete Parlamentarier Daniel Schwerd das Verhalten der zuständigen Ministerialbeamten als „kriminell-dämlich“. Es sei nicht hinnehmbar, dass ein Ministerialbeamter Verträge mit einem Volumen von 500 Millionen Euro ohne öffentliche Ausschreibung abschließen könne. Denn die Verträge könnten für den Steuerzahler noch teuer werden. Mindestens 56 Millionen Euro Schaden-ersatz für nicht geliefertes Holz fordert allein das Holzunternehmen Klausner. Ein Säge-werk aus der Eifel, die I.B.H. GmbH ist das zweite Unternehmen, das Klage eingereicht hat. Wenige Monate später erhielt es Holz von der Kahlschlagfläche im Nationalpark Eifel.

Staatsminister bestreitet Zusammenhang

Parlamentarier Schwerd kann sich vorstellen, dass es aufgrund der Klage Gespräche zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und der I.B.H. GmbH gab und dann die Holzlieferung erfolgte. Peter Knitsch, Staatssekretär im NRW-Umweltministerium, bestreitet, dass es derartige Gespräche gegeben habe und die Holzlieferung im Zusammenhang mit dem alten Vertrag von 2007 steht. Bisher gäbe es keine Holz-lieferungen der Landesregierung an Holzunternehmen aufgrund der Verträge von 2007. Die I.B.H. GmbH selbst gab keine Stellungnahme ab.

Oberlandesgericht erklärte Vertrag mit Holzunternehmen für gültig

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Bereits die Klausner Holz Niedersachsen GmbH hatte Klage beim Landgericht Münster gegen das Land NRW eingereicht. In dem Verfahren sollte geklärt werden, ob eine Ver-einbarung des Landes NRW mit einem ergänzenden Rahmenkaufvertrag vom 17.4.2007 fortbestehe. Als das Landgericht Münster entschied, dass der Vertrag erfüllt werden müsse, legte das Land NRW Berufung beim Oberlandesgericht Hamm ein. Die Berufung wurde zurückgewiesen, das Urteil des Landgerichts Münster damit bestätigt. Jetzt hofft man im Umweltministerium in Nordrhein-Westfalen auf ein Beihilfeverfahren, das bei der EU-Kommission anhängig ist. Dort werde geprüft, ob die abgeschlossenen Verträge gegen EU-Recht verstoßen.

Waldumbau per Kahlschlag hat negative Folgen

Seit Jahren ist bekannt: Ein Kahlschlag hat viele negative Folgen. Ernte-Maschinen ver-dichten den Boden, durch direkte Sonneneinstrahlung erwärmt sich die Fläche stark, es kommt zu Bodenerosionen, Humus wird abgebaut, bei Regen können Nährstoffe aus dem Boden ausgewaschen werden und angrenzende Gewässer verunreinigen.

Auf einer Kahlschlagfläche verliere man bis zu 80 Prozent neu gepflanzter Buchen, so Dr. Hans-Peter Ende, Forstwissenschaftler vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschafts-forschung gegenüber Plusminus. Die Verjüngung funktioniere besser über eine Aus-dünnung der Fichtenbestände. In den dann vorhandenen halbschattigen Standorten könnten dann gezielt Buchen gepflanzt werden. Ein solcher Buchenunterbau sei allerdings kostenintensiv. Eine acht Hektar große Fläche per Kahlschlag für eine „Renaturierungs-maßnahme“ vorzubereiten, davon würde man angesichts der ökologischen Risiken in Europa heute Abstand nehmen.

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Kahlschlagholz mit Öko-Siegel

Das Holz, das von der acht Hektar großen Kahlschlagfläche stammt, darf mit dem FSC-Siegel für „nachhaltige Waldwirtschaft“ vermarktet werden. Der FSC toleriere zwar grundsätzlich keinen Kahlschlag auf einer Fläche größer als 0,3 Hektar. Doch weil die „Entfichtung“ im Nationalpark einer Annäherung an ein natürliches Waldökosystem diene, werde die Maßnahme vom FSC befürwortet. Die Art der Umsetzung werde nicht bewertet.

Link zum Videobeitrag

Quelle: NDR vom 02.04.2014

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14 comments on “Wald: Kahlschlag im Naturschutzgebiet (Video)

  1. Wieder ein gutes Beispiel für die einseitige, der wirtschaft wohlgefälligen Rechtsprechung in der Form, dass solche Taten von „Amtsträgern“ erst gar nicht strafrechtlich verfolgt werden. Die Hürden dazu sind hoch und die Wege dahin undurchsichtig.
    Die Spatzen pfeiffen es von den Dächern, es bedarf einer Antikorruptionsbehörde, die in solchen Fällen (ähnlich der Staatsanwaltschaft) schon von sich aus tätig wird.

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