Wie viele Menschen haben bisher insgesamt auf der Erde gelebt?

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Um eine exakte Antwort haben sich bereits die Scholastiker des Mittelalters bemüht, angetrieben durch pragmatische Sorgen: Wieviele Menschen passen in den Himmel? Ist die Hölle irgendwann voll? Wie groß ist die Zahl der Auserwählten, die am Ende der Welt ins Himmelreich gerettet werden? Zumindest letzteres beantwortet die Primärquelle exakt, wenn auch mit einer erschütternd niedrigen Zahl:

Hundertvierundvierzigtausend (Offenbarung 14:1, 3)). Aber hundertvierundvierzig-tausend von wie vielen insgesamt denn nun?

Das langweiligste – die Antwort – vorweg: Insgesamt lebten und starben auf der Welt bislang so um die 108 Milliarden Menschen. Ausgerechnet haben Experten der Demographie das Resultat (plus/minus ein paar Milliarden) allerdings mit Hilfe gehöriger Fantasie. Stimmt es überhaupt? Kann die Zahl seriös ermittelt werden?

Eine Formel zur Berechnung der Größe der Menschheit

Mathematisch nähert man sich die Frage nach der aktuellen plus gewesenen globalen Gesamtbevölkerung mit Nathan Keyfitz, einem vor wenigen Jahren verstorbenen kanadischen Demographie-Vordenker. Sein Ansatz ist eine Formel, in die alle not-wendigen Einflussgrößen auf die Populationsentwicklung eingehen – am wichtigsten Parameter wie die Geburtenrate der Menschen, die auch von der Lebenserwartung und der Dauer der „fortpflanzungsaktiven Zeit“ einer Generation abhängt.

Ausgehend von der niedrigsten vorstellbaren Bevölkerungszahl (zwei, getrennge-schlechtlich) zu einem Zeitpunkt x (dazu später) kommt man mit all diesen Parametern und der Formel dann zu einer ansteigenden Bevölkerungskurve seit x. Nun kann man den erhaltenen Graph mathematisch integrieren, und damit die Gesamtzahl der Menschen in allen aufeinander folgenden Zeitabschnitten überschlagen.

Der Teufel steckt dabei natürlich in allerlei Details, die in den Keyfitz’schen Formeln abgefangen werden sollen. Freunde der Mathematik finden die Weltbevölkerungsformel von Keyfitz und ihre Herleitung andernorts erschöpfend exakt erklärt. Tabellarisch kommt dabei jedenfalls so etwas heraus (nach dem Population Reference Bureau der USA, 2011):

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Trotz aller exakten Mathematik bleibt das Ganze ein ziemlich wildes Ratespiel, in das allerlei unbegründbare Annahmen eingehen müssen. So ahnen alle Forscher, dass die Bevölkerung der Erde nicht einfach immer allmählich und stetig gewachsen ist, also einer mathematisch leicht fassbaren Anstiegskurve folgte. Stattdessen stieg die Population zu unterschiedlichen Zeiten sicher mal stärker, mal schwächer. Ziemlich sicher sank sie auch gelegentlich, womöglich drastisch – wegen globaler Naturkatastrophen oder aus anderen Gründen zwängte sie sich womöglich durch einen „demographischen Flaschenhals“.

Bekannt ist etwa der Forscherstreit über den Ausbruch des Supervulkans Toba, dessen globale Folgen vor 74 000 Jahren die junge Menschheit schwer getroffen haben könnte. Weil von einem kontinuierlichen und stetigen Ansteigen der Weltbevölkerung seit den ersten beiden Homo sapiens vor vielleicht 200 000 Jahren also kaum ausgegangen werden kann, greifen clevere Populationsberechner zu einem Trick: Sie verlegen den Zeitpunkt x (siehe oben), ab dem die ersten zwei Menschen mit der Produktion der Nachkommen begannen, möglichst weit in die „Moderne“; etwa in eine Zeit um 50 000 v. Chr.. Damit erklärt man zwar die Hälfte der Menschheitsgeschichte für quasi irrelevant – die ersten modernen Menschen lebten sicher deutlich früher – am End-ergebnis ändert das allerdings nicht schrecklich viel.

Katastrophen und schwankendes Bevölkerungswachstum

Denn die Bevölkerung wuchs zu Beginn sehr lange nur sehr langsam: Die Keyfitz-Berechnung legt nahe, dass auch zwischen den Jahren 50 000 und 8000 v. Chr. (als geschätzt rund 5 Millionen Menschen lebten) wohl nur eine gute Milliarde Menschen gelebt hatten und gestorben waren. Dazu würden wohl nicht allzu viele mehr kommen, wenn der „Startpunkt x“ weiter in die Vergangenheit verlegt wird (zumindest, wenn es einem eben nicht auf die Peanuts von ein paar Millionen Menschen mehr oder weniger ankommt).

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Die allermeisten Paläodemografen vermuten jedenfalls übereinstimmend, dass die gesamte Altsteinzeit hindurch ohnehin nur sehr wenige von unsereins die Erde be-siedelten. Sicher ist aber vor allem, dass die wenigen Menschen nicht lange lebten (die Lebenserwartung lag wohl bei gerade einmal zehn Jahren, wie konnte da überhaupt Nachwuchs gezeugt werden!?).

Im Jahrhunderttausend vor der Zeitenwende, in dem die Menschen dann unter anderem die Landwirtschaft erfanden, beschleunigte sich der Anstieg der Bevölkerung stark – immer mehr Tote und Lebende erhöhen nun die Gesamtzahl der Menschheit. Die Demo-grafen können auch die wahrscheinliche Geburtenraten der jetzt folgenden Epochen immer besser – wenn auch alles andere als zweifelsfrei – einschätzen. Sie lag vor der Zeitenwende (als etwa 300 Millionen Menschen die Erde bevölkerten) bis in die Mitte des 18. Jahrhundert hinein wohl bei erstaunlichen 80 (pro 1000, man gibt die Geburten-rate stets pro 1000 Menschen der Gesamtbevölkerung an.

Zum Vergleich: Deutschlands Geburtenrate liegt bei mageren 8,4, eine in der modernen Welt als extrem hoch angesehene Geburtenrate erreicht die 50. Als Durchschnittswert für die heutige Welt gilt eine Geburtenrate von 30).

Insgesamt sinken also die Geburtenraten in der Neuzeit – trotz einer längeren Lebens-erwartung und Fortpflanzungsperiode sowie großer medizinischer Fortschritte. Weil die Bevölkerung insgesamt aber derart viel größer ist als in der Steinzeit, steigt heute die Gesamtzahl der Menschen viel stärker als je zuvor. Und damit Vorsicht: Gleichzeitig veraltet die ohnehin nur vage kalkulierbare Antwort auf unsere Frage auch immer schneller.

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Quelle: Spektrum vom 10.03.2014

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6 comments on “Wie viele Menschen haben bisher insgesamt auf der Erde gelebt?

  1. Der Koran sagt, dass Gott auf die Frage der Engel, wieviele Menschen sie denn ins Höllenfeuer werfen sollen: „Von 1000, nimm 999 für das Höllenfeuer“…

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