Gewaltfreier Sexualverkehr zwischen Eltern und Kindern muss straffrei bleiben. Diese Forderung wurde im Jahre 1985 ins Wahlprogramm der NRW-Grünen aufgenommen. Doch während entsprechender Beschluss des Parteitags in Lüdenscheid in einem grauen Leitz-Ordner schwarz auf weiß archiviert ist, war die Seelenpein zweier Männer bislang verborgen. Jetzt haben die Jungen von einst ihr Schweigen beendet. Jahrelang seien sie sexuell missbraucht worden – von einem inzwischen verstorbenen Mitglied des Grünen-Landesvorstandes in NRW.
Bei den Opfern handelt es sich laut „Welt am Sonntag“ um ehemalige Mitbewohner einer Wohngemeinschaft in Kamp-Lintfort. Die linksalternative Lebensgemeinschaft gehörte zur Emmaus-Gemeinschaft, dessen Vorsitzender beschuldigter Landespolitiker war. Die beiden Opfer berichten für die Zeit von 1979 bis 1984 von täglichen Übergriffen. „Die Kinder von damals haben alle mit den Folgen zu kämpfen“, sagten die beiden aus. Einige der insgesamt zehn Opfer überlebten nur durch Psychopharmaka.
Die Männer, die zum Zeitpunkt ihres Missbrauchs zwölf Jahre alt waren, erlebten mit, wie die Grünen bei einem Kinder- und Jugendkongress in ihrem Haus (einem ehemaligen Landschulheim) offen über Sex mit Kindern sprachen. Bei Kaffee und Kuchen sei es lediglich um die Altersgrenze gegangen. Für ihre Aussagen hinterlegten die beiden eidesstattliche Versicherungen.
Parteispitze zeigt sich bestürzt
Die Parteispitze um Cem Özdemir zeigt sich bestürzt. Und verweist auf die Aufklärungs-studie vom Institut für Demokratieforschung der Uni Göttingen. Doch während das Ergebnis erst Ende 2014 vorliegt, wird die Erklärungsnot bei den Grünen immer größer. Hatte die Partei zunächst behauptet, dass es niemals einen Beschluss zum Thema „Sex mit Kindern“ gegeben habe, ist das Gegenteil längst erwiesen.
Jeder, der das wissen wollte, hätte es erfahren können. Zum Beispiel durch Gespräche mit Zeitzeugen wie Michael Vesper. Im Jahre 1985 war er Geschäftsführer bei der Bundestagsfraktion der Grünen und nahm an Landesparteitagen teil. „Die Grünen waren nie eine Partei von Päderasten“, stellt er zu Beginn des Gesprächs fest. „Aber“, räumt er ein, „was damals passiert ist, war Ausfluss einer weit verbreiteten Toleranz. Auf den Parteitagen kamen die Stadtindianer an und brachten Kinder mit. Die waren zwischen sechs und sieben Jahre alt und sehr aggressiv.“
Man sei genervt gewesen und habe falsch auf diese Nürnberger Gruppierung reagiert. Zum Beispiel bei antrainierten Sprüchen wie „Sex mit Papa ist herrlich“. Die Panne mit dem Parteitagsbeschluss habe die Grünen schließlich den Einzug ins Landesparlament gekostet.
Auslöser für die Päderasten-Debatte, die die Grünen mitten im Bundestagswahlkampf am liebsten verschweigen würden, war jedoch Daniel Cohn-Bendit. Der grüne Spitzen-politiker im Europäischen Parlament hat durch seine schriftlichen Einlassungen über seine Arbeit in einem Frankfurter Kinderladen in den 1970er-Jahren Befremden ausgelöst.
Konsequenzen gefordert
Cohn-Bendits Gedanken, nachzulesen in „Der große Basar“ oder im „Pflasterstrand“ tragen nicht dazu bei, an seine Unschuld zu glauben: „Letztes Jahr hat mich ein 6-Jähriges Genossenmädchen verführt. Es war eines der schönsten und sprachlosesten Erlebnisse, das ich je hatte. Vielleicht war es so schön, weil es so sprachlos war. Es war das einzige Mal, wo es mir nicht zu früh kam. Aber das war nicht wichtig in dem Moment, und es ist auch jetzt nicht wichtig, ein Traktat über das Für und Wider von Päderastie zu schrieben.“, schrieb er im ,,Pflasterstrand“ von 1978.
Auch angesichts der pädokriminellen Kapitel in der Grünen-Parteigeschichte, in der es eine AG für Schwule und Päderasten oder die pädosexuelle Indianerkommune gab, fällt es schwer, Cohn-Bendits aktuelle Äußerungen „meine Worte von damals sind schlechte Literatur, Provokation und leider eine Anleitung für Pädophile“ zu glauben. Norbert Denef, vom 10. bis zum 16. Lebensjahr von einem Priester missbraucht und vom Bistum Magdeburg mit 25 000 Euro entschädigt, fordert personelle Konsequenzen. Denef, Vorsitzender des Netzwerks Betroffener von sexualisierter Gewalt, findet: „Cohn-Bendit muss zurücktreten.“ Eine Stellungnahme zu Cohn-Bendit gibt es von den Grünen nicht.
Quelle: derwesten.de vom 26.07.2013
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