Er ließ eine der drei Pyramiden von Gizeh bauen, doch eine Sphinx von Pharao Mykerinos suchten Archäologen bisher vergeblich. Jetzt haben sie eine gefunden – im Norden Israels, Hunderte Kilometer von der Grabstätte des Herrschers entfernt. Wie geriet die 4500 Jahre alte Statue dorthin?
Pfoten, Unterarme, ein mit Hieroglyphen beschriebener Sockel: Archäologen haben die Überreste der Sphinx eines altägyptischen Pharaos entdeckt – allerdings im Norden Israels, rund 600 Kilometer von Gizeh entfernt. Nun rätseln sie, wie die Statue vor Tausenden von Jahren in die antike Stadt Tel Hasor nördlich des Sees Genezareth gelangt sein könnte.
Noch nie wurden im östlichen Mittelmeerraum vergleichbare Funde gemacht, berichtet die Hebräische Universität von Jerusalem. „Es ist die einzige monumentale ägyptische Statue, die jemals in der Levante gefunden wurde, also dem heutigen Israel, Libanon und Syrien“, sagte Grabungsleiter Amnon Ben-Tor. Zudem sei es die einzige bekannte Sphinx des Pharaos Mykerinos.
Der Herrscher, der auch unter dem ägyptischen Namen Menkaure bekannt ist, regierte vor rund 4500 Jahren im alten Ägypten. Er ließ die letzte der drei Pyramiden von Gizeh errichten.
„Geliebt vom Göttlichen“
Die Hieroglyphen widmen die Sphinx Mykerinos, „geliebt vom Göttlichen in Heliopolis, das ihm ewiges Leben gab“. Deshalb gehen die Archäologen davon aus, dass die Statue ursprünglich in der antiken Tempelstadt Heliopolis im Norden Kairos gestanden hat. Mit Hilfe des Fundstücks ließ sich auch die Gesamtgröße der Sphinx abschätzen: Sie sei anderthalb Meter lang und einen halben Meter breit gewesen.
Der Hasor-Hügel ist laut Ben-Tor die wichtigste archäologische Grabungsstätte in Israel. Die Unesco hat sie bereits als Weltkulturerbe anerkannt. An der Stelle stand die Haupt-stadt des südlichen Kanaan, die in der Bronzezeit vor etwa 4700 Jahren gegründet wurde und in ihrer Blütezeit etwa 20.000 Einwohner hatte.
Im 13. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung wurde die Stadt zerstört – und wohl auch die Sphinx zerschlagen. 150 Jahre später siedelten Israeliten wieder in Tel Hasor, bis die Assyrer die Stadt 732 vor Christus endgültig verwüsteten.
War die Sphinx ein diplomatisches Geschenk?
Da Ägypten zu Lebzeiten von Pharao Mykerinos keinerlei Verbindungen ins Gebiet des heutigen Galiläas unterhielt, ist die Statue wahrscheinlich erst später nach Tel Hasor gelangt. Eine Möglichkeit wäre nach Meinung der Archäologen, dass sie in der Zeit der Hyksos-Könige dorthingebracht wurde. Die aus Kanaan stammenden Hyksos hatten Ägypten ab etwa 1700 v. Chr. für mehr als ein Jahrhundert beherrscht.
Am wahrscheinlichsten ist für Altertumsforscher Ben-Tor aber die Annahme, dass die Sphinx als diplomatisches Geschenk auf Reisen ging: „Dann wäre sie irgendwann nach Beginn des Neuen Reichs 1550 vor Christus hierhergekommen, als die Pharaonen auch Kanaan regierten, aber die lokalen Herrscher auf ihren Thronen beließen. Der ägyptische Regent könnte die Sphinx dem König von Hasor geschenkt haben, der sein wichtigster Statthalter in der Region war.“
Freudensprünge nach dem Fund
Die Archäologin Schlomit Blecher, die das Fragment entdeckte, erinnert sich noch genau an den Moment im vergangenen August: „Es war wirklich die letzte Stunde am letzten Tag dieser Grabungsperiode“, erzählt sie. „Wir machten alle Freudensprünge, waren total begeistert.“ Es dauerte danach viele Monate, das Fundstück von den Verkrustungen zu befreien, bis die Inschriften voll sichtbar und entzifferbar wurden.
„Wir hoffen, dass hier noch andere Teile liegen und wir sie sehr bald finden“, sagte Blecher. Grabungsleiter Ben-Tor sagt, dass die Statue vermutlich von den Eroberern von Tel Hasor zerschlagen wurde, um die alte Herrschaft zu entwürdigen.
Video
http://www.youtube.com/watch?v=AfTXTdhgUhQ
Quellen: APF/SPiegelOnline vom 16.07.2013
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