Einem Gutachter im Fall Barschel zufolge weisen neue Erkenntnisse darauf hin, dass der israelische Geheimdienst den Politiker ermordet hat.
Einer der wichtigsten Gutachter im Fall Barschel verdächtigt in einem neuen Gutachten den israelischen Geheimdienst Mossad, den früheren schleswig-holsteinischen Minister-präsidenten ermordet zu haben. Die chemischen Analysedaten stimmen bis in Details mit dem Ablauf des Barscheltodes überein, wie ihn der ehemalige Mossad-Agent Victor Ostrovsky in einem Buch schildert.
Zu diesem bislang unveröffentlichten Ergebnis kommt der renommierte Schweizer Toxikologe Professor Hans Brandenberger in einem exklusiven Aufsatz für die “Welt am Sonntag”. Im Unterschied zu anderen Bekenner-Erklärungen oder Vermutungen “beschreibt Ostrovsky ein Szenario, das mit den Analysedaten erstaunlich gut übereinstimmt”, heißt es in dem Papier.
Auffällige Details in Ostrovskys Bericht, zum Beispiel die rektale Zufuhr von Beruhigungsmittel und die zeitlich versetzte Verabreichung von Medikamenten, spiegelten sich im chemischen Befund wider, so Brandenberger.
Es ist das erste Mal, dass sich der Wissenschaftler zur Frage nach den Tätern äußert. Nach seiner Einschätzung belegen toxikologische Untersuchungen des Barschel-Leichnams, dass der CDU-Spitzenpolitiker weder durch Selbstmord noch durch Sterbehilfe ums Leben gekommen sein kann. “Die chemischen Befunde indizieren einen Mord, wobei (…) aufgrund der Komplexität des Mordgeschehens davon ausgegangen werden muss, dass ein Profiteam am Werk war, nicht eine Einzelperson.”
Der frühere Chefermittler im Fall Barschel, Heinrich Wille, sieht nun den Verdacht erhärtet, dass der ehemalige Ministerpräsident von einem professionellen Killer-kommando getötet wurde. “Brandenbergers Aufsatz enthält neue Erkenntnisse, die geprüft werden sollten”, sagte der ehemalige Leitende Oberstaatsanwalt von Lübeck der “Welt am Sonntag”. Einen konkreten Verdächtigen gebe es aber bis heute nicht.
Ex-Agent Victor Ostrovsky begrüßte die neuen Erkenntnisse. “Wenn ein Wissenschaftler meine Darstellung belegt, ist das großartig. Aber es überrascht mich nicht. Ich weiß ja, dass es so war”, sagte Ostrovsky der “Welt am Sonntag”. Der Autor, der bis heute nie offiziell von deutschen Ermittlern zum Geschehen von Genf befragt wurde, erklärte sich außerdem zu einer Aussage bereit. “Ich stehe den deutschen Strafverfolgungsbehörden jederzeit als Zeuge zur Verfügung, solange ich dabei in den USA bleiben kann”, so Ostrovsky.
Als Motiv für einen Mord an Barschel führt er an, dass der Politiker alles über einen geheimen Waffenhandel zwischen Israel und dem Iran gewusst habe, der über schleswig-holsteinischen Boden ging. Demnach musste er sterben, weil er sein Schweigen brechen wollte.
Uwe Barschel wurde am 11. Oktober 1987 tot in einer Badewanne des Genfer Luxushotels “Beau Rivage” gefunden. Nur wenige Tage zuvor war er nach einer Affäre um eine Ver-leumdungskampagne gegen seinen politischen Widersacher Björn Engholm und einer verlorenen Landtagswahl als Ministerpräsident zurückgetreten. Bis heute ist nicht geklärt, wie Barschel ums Leben kam.
Quelle: criticomblog.wordpress.com vom 19.09.2012
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